AfD-Wahlplakat in Frankfurt

Bei den Kommunalwahlen (06.03.2016) in Hessen hat die AfD landesweit zweistellig abgeschnitten. Politiker der etablierten Parteien äußerten sich besorgt. In Frankfurt ist Schwarz-Grün am Ende, in Marburg und Kassel Rot-Grün.

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Kommunalwahl - Reaktionen zum AfD-Erfolg

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Bis das Ergebnis der Kommunalwahlen endgültig feststeht, werden noch Tage vergehen. Doch am starken Abschneiden der AfD besteht kein Zweifel mehr: Hessenweit erreichte die AfD nach dem Trendergebnis 13,2 Prozent.

Im Kreis Bergstraße erreichte die AfD im Trendergebnis 18,4 Prozent. In der Landeshauptstadt Wiesbaden ist die AfD mit 15,9 Prozent drittstärkste Kraft; in Frankfurt liegt sie bei 10,3 Prozent. In Bad Karlshafen (Kassel) holten die Rechtspopulisten 22,3 Prozent der Stimmen. Die AfD war in 18 von 426 Gemeinden angetreten und in allen Kreisen außer dem Werra-Meißner-Kreis.

CDU, SPD und Grüne verlieren

Verloren haben bei der Wahl am Sonntag dagegen CDU, SPD und Grüne: Die CDU liegt landesweit mit 28,2 Prozent (minus 5,5 Prozentpunkte) nur noch hauchdünn vor der SPD mit 28 Prozent (minus 3,5). Die 2011 nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima besonders starken Grünen sackten auf 11,6 Prozent ab (minus 6,7). Die Linke kam im Trendergebnis auf 3,7 Prozent (plus 1) , die FDP auf 6,3 (plus 2,4), Freie Wähler auf 5,3 (minus 0,4). Die Folge: Zahlreiche bisherige Rathaus-Koalitionen im Land wackeln.

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Vorläufiges Endergebnis: CDU knapp stärkste Partei, AfD schwächer (09.03.2016)

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Endergebnisse werden allerdings erst im Laufe der Woche erwartet. Am Sonntag wurden nur jene Stimmzettel ausgezählt, bei denen nicht kumuliert oder panaschiert wurde. In das landesweite Trendergebnis fließen zudem nur die Zahlen der Landkreise und kreisfreien Städte ein.

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Aus für Schwarz-Grün in Frankfurt

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Schwarz-Grün in Frankfurt abgewählt

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In Frankfurt steht die schwarz-grüne Koalition im Römer nach zehn Jahren vor dem Aus, weil CDU und Grüne stark verloren. Der seit 2012 amtierende Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) sagte: "Ich werde die Fraktionen und Parteien alle einladen, um auszuloten was geht." Die SPD hatte auf einen "Feldmann-Effekt" gehofft.

Auch in Kassel stehen die Zeichen im Stadtparlament auf Machtwechsel. Hier verlor die rot-grüne Koalition ihre Mehrheit. In Marburg ist die älteste hessische rot-grüne Koalition im Stadtparlament nach 19 Jahren Geschichte. In Offenbach steht das Dreierbündnis aus SPD, Grünen und Freien Wähler vor dem Aus. In Wiesbaden muss die Große Koalition zittern, in Darmstadt Grün-Schwarz.

In den vergangenen Jahren gab es zwischen Trend- und Endergebnissen meist nur kleinere Abweichungen; bei der Stadt Frankfurt betrug etwa die größte Korrektur 1,8 Prozentpunkte bei den Grünen. Eine Fünf-Prozent-Hürde gibt es bei der Kommunalwahl nicht, weshalb auch kleine Gruppen Sitze bekommen.

Politiker über AfD-Ergebnisse besorgt

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Helge Braun (CDU) und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) zum Ergebnis in Gießen

Helge Braun (CDU) und Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) zum Ergebnis in Gießen
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Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) sagte, er gehe davon aus, die AfD verliere bei der weiteren Auszählung der Stimmen noch deutlich. Die meisten AfD-Wähler hätten wohl eine Liste angekreuzt und nicht kumuliert oder panaschiert. Einer Zusammenarbeit der CDU mit der AfD erteilte Schäfer ein Absage. Nun gelte es, sich abzugrenzen und klare Kante zu zeigen, sagte er.

CDU-Generalsekretär Manfred Pentz sagte, er sehe nirgendwo, dass die Ergebnisse etwas mit der Landespolitik von Schwarz-Grün zu tun hätten. FDP-Chef Stefan Ruppert erklärte dagegen, die Trendergebnisse zeigten, dass viele Bürger im Land über alle Milieus mit der Flüchtlingspolitik der Regierungen in Wiesbaden und Berlin unzufrieden seien.

Ex-CDU-Abgeordneter Hohmann für AfD im Kreistag

SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel nannte das Ergebnis der AfD bedauerlich, allerdings sei sie in den meisten Gemeinden gar nicht angetreten. Streit entbrannte zwischen CDU und SPD über eine von Schäfer-Gümbel am Wahlabend ins Gespräch gebrachte Reform des Wahlrechts.

Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Janine Wissler, sprach von einem besorgniserregenden Ergebnis der AfD. Grünen-Landeschef Kai Klose nannte die AfD-Zahlen erschreckend. Es gelte, die "rechten Hetzer" in der kommunalen Arbeit zu stellen.

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Martin Hohmann (AfD) zum Ergebnis in Fulda

Martin Hohmann (AfD) zum Ergebnis in Fulda
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Im Kreis Fulda verfehlte die CDU erstmals die Mehrheit. Dort zieht unter anderem der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann für die AfD ins Kreisparlament ein. Er war 2004 nach einer als antisemitisch kritisierten Rede aus der CDU ausgeschlossen worden. Der Sprecher des hessischen AfD-Landesverbands, Peter Münch, kündigte an, die AfD wolle aus der Opposition agieren und strebe keine Koalitionen an.

NPD in mehreren Gemeinden zweistellig

Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte bei seiner Stimmabgabe erklärt, er hoffe, "dass die extremen Ränder nicht so stark werden, dass es so schwer wird, anschließend eine vernünftige Kommunalpolitik zu betreiben" . Die Wahl sei aber "sicherlich nicht" eine Testwahl für die Stimmung in Bund und Land. Am Wahlabend selbst wollte sich Bouffier nicht äußern.

Auch die von einem Parteiverbot bedrohte NPD erzielte zweistellige Ergebnisse: In Leun kam sie auf 17,3 Prozent, in Büdingen auf 14,2, in Altenstadt auf 12,3 und in Wetzlar auf 9,6 Prozent - die AfD war hier nicht angetreten.

Verschiedende Trends zur Wahlbeteiligung

Aufgerufen zur Kommunalwahl waren am Sonntag rund 4,7 Millionen Hessen und 360.000 nichtdeutsche EU-Staatsbürger. 17 Parteien und 566 Gruppen bewerben sich um die Sitze in 426 Städten und Gemeinden sowie 21 Landkreisen. Die Wahlbeteiligung lag bei 48 Prozent, 0,3 Prozent mehr als bei der Kommunalwahl 2011. In Frankfurt sank die Wahlbeteiligung von 42,4 auf 38,9 Prozent.

Bürgermeisterwahlen und Bürgerentscheide

Neben den Gemeinde- und Kreiswahlen gab es am Sonntag in vielen Kommunen auch Bürgermeisterwahlen. Im Odenwald stimmten die Bürger von Beerfelden, Rothenberg, Sensbachtal und Hesseneck in Bürgerentscheiden mit jeweils klaren Mehrheiten für einen Zusammenschluss ihrer Gemeinden. Damit steht der ersten erfolgreichen Gemeindefusion in Hessen seit den 1970er Jahren kaum noch etwas im Wege.