Das Bild zeigt einen Alnatura-Markt. Zwei Kundinnen betreten den verglasten Haupteingang durch eine automatische Tür.

Die Supermarktkette Alnatura aus Darmstadt zählt zu den Großen in der Bio-Branche. Unternehmensgründer Götz Rehn legt im Interview dar, warum gerade Bio-Läden besser durch die Inflation kommen.

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Bio-Supermarkt Alnatura feiert 40-Jähriges

Lebensmittelfachverkäufer im Supermarkt
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Götz Rehn gründete Alnatura 1984 - anfangs gab es außer ihm nicht viele, die glaubten, dass die Marke gekommen war, um zu bleiben. Seit einigen Jahren liegt der Umsatz der lange in Bickenbach (Darmstadt-Dieburg) und mittlerweile in Darmstadt ansässigen Bio-Supermarktkette stabil über der Milliardenmarke.

Hier berichtet der 1950 in Freiburg geborene Rehn, der nach dem Besuch einer Waldorfschule Volkswirtschaftslehre studierte und fünf Jahre lang für den Lebensmittelkonzern Nestlé arbeitete, von den Anfängen von Alnatura und auch, warum er zuletzt Stellen strich.

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hessenschau.de: Vor 40 Jahren haben Sie die Marke und Bio-Supermarktkette Alnatura gegründet. Warum?

Götz Rehn: Ich wollte ein Modellunternehmen aufbauen, das gut für den Menschen und die Erde ist. Ich war auf der Suche nach einer sinnvollen Tätigkeit, und da ich vorher schon bei meinem früheren Arbeitgeber Nestlé Erfahrungen mit Lebensmitteln gesammelt hatte, habe ich mich für Bio-Lebensmittel entschieden.

hessenschau.de: Was für Reaktionen gab es damals darauf?

Rehn: 99 Prozent der Menschen haben mir gesagt, dass es sicher nicht funktionieren wird. Darunter waren Verwandte, Bekannte und Freunde. Gerade am Anfang waren die Widerstände riesig. Das war eine herausfordernde Situation.

Götz Rehn, Gründer der Biosupermarktkette Alnatura, in der Darmstädter Verwaltungszentrale des Unternehmens

hessenschau.de: Zwar hat das Unternehmen Alnatura mittlerweile seine Firmenzentrale in Darmstadt, aber gegründet wurde es in Fulda. Auch Märkte gab es zunächst nicht, nur die Marke Alnatura.

Rehn: Weil es damals noch kaum Bio-Produkte gab, habe ich selbst welche entwickelt und über andere Geschäfte angeboten. Dann war mir aber relativ schnell klar, dass der Kontakt mit den Kundinnen und Kunden für mich wesentlich ist. Deshalb ging es dann 1987 los mit dem ersten Alnatura-Markt in Mannheim.

hessenschau.de: Das war für Sie auch finanziell ein ganz schönes Wagnis, oder?

Rehn: Auf jeden Fall. Ich hatte nur 50.000 D-Mark Startkapital, brauchte aber zehnmal so viel. Gut, dass Freunde mir eine Bürgschaft geben konnten. Auch die Sparkasse Fulda hat mir großzügigerweise einen Kredit gegeben. Das ist alles gerade so gelungen, und ich musste vom ersten Tag an mit meinem Mannheimer Geschäft Geld verdienen. Mittlerweile gibt es bundesweit über 150 Alnatura Super-Natur-Märkte.

hessenschau.de: Damit zählt das Unternehmen in der Bio-Branche zu den Marktführern. Allerdings steigen auch konventionelle Supermärkte und Discounter wie Aldi und Lidl in dieses Geschäft ein. Wie gehen Sie damit um?

Rehn: Zunächst freue ich mich, dass so viel Bio verkauft wird. Dass sich andere hier engagieren, erlebe ich nicht als Nachteil. Und seit vergangenem Jahr haben wir mit "Prima! Alnatura" eine günstige Eigenmarke, durch die wir mit den Preisen von Aldi und Lidl mithalten können.

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Alnatura

Das Unternehmen betreibt mittlerweile bundesweit 154 Alnatura-Märkte, davon 22 in Hessen. Der erste Markt eröffnete im Oktober 1987 in Mannheim.
Im Geschäftsjahr 2022/23 hat Alnatura einen Umsatz von 1,15 Milliarden Euro Umsatz gemacht - mehr als zwei Prozent mehr als im Geschäftsjahr zuvor, als es allerdings das einzige Umsatzminus in den vergangenen zehn Jahren gegeben hatte. Gewinnzahlen veröffentlicht Alnatura nicht.
Insgesamt arbeiten bei Alnatura rund 3.500 Menschen, davon fast 600 in der Zentrale in Darmstadt, die 2019 bezogen wurde. Davor wurden die Geschäfte rund 30 Jahre lang von Bickenbach (Darmstadt-Dieburg) aus gelenkt. Gegründet wurde das Unternehmen im November 1984 in Fulda.

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hessenschau.de: Das Unternehmen konnte seinen Umsatz zuletzt steigern, auf über eine Milliarde Euro, obwohl wir in den vergangenen Jahren eine hohe Inflation erlebt haben und Verbraucher zurückhaltend waren. Wie erklären Sie sich das?

Rehn: Teurere Düngemittel, teurer Transport: Das hat vor allem konventionelle Lebensmittel verteuert, Bio-Produkte nicht so sehr. Die sind ohnehin nicht immer teurer als konventionelle Ware. Nehmen Sie etwa Marken-Spaghetti. Da kostet die 500-Gramm-Packung bis zu 2 Euro oder etwas mehr. Unsere Nudeln aus kontrolliertem biologischem Anbau sind mit 1,29 Euro günstiger. Deshalb können wir nicht feststellen, dass weniger Kunden kommen oder dass sie weniger einkaufen.

hessenschau.de: Aber obwohl Sie erfolgreich sind, haben Sie zuletzt rund 200 Mitarbeiter eingespart und beschäftigen jetzt noch etwa 3.500. Warum?

Rehn: Wir haben das Einkommen unserer Mitarbeiter in den zurückliegenden Monaten erhöht, und sie werden weiter steigen. Weil wir solche Kosten aber nicht auf unsere Bio-Lebensmittel umlegen wollen, müssen wir eben im Unternehmen effizienter werden und Prozesse schlanker gestalten. Deshalb haben wir in der Zentrale und in den Läden Mitarbeitende eingespart.

hessenschau.de: Viele Jahre lang gab es außerdem Probleme mit der Mitbestimmung im Betrieb. Mitarbeiter hatten Probleme, einen Betriebsrat zu gründen. Wie sieht es da mittlerweile aus?

Rehn: Den ersten Betriebsrat gibt es schon sehr lange, er ist vor 14 Jahren in Freiburg gegründet worden. Es sind in diesem Jahr zwei weitere dazu gekommen, in Kaiserslautern und Wiesbaden. Damit ist ein Gesamtbetriebsrat im Unternehmen errichtet. Insofern sehe ich da kein Problem.

hessenschau.de: Herr Rehn, Sie sind mittlerweile 74 Jahre alt. Wie wird es für Sie und das Unternehmen weitergehen?

Rehn: Ich habe das Unternehmen in eine Doppelstiftung überführt und es sich sozusagen selbst geschenkt. Diese Stiftung wird dann die künftige Geschäftsleitung auswählen. Sobald all das abgeschlossen ist, werde ich mich verabschieden.

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