Luftaufnahme mit Blick von oben auf das Firmengelände der Firma Wiegand im osthessischen Rasdorf

Osthessen verzeichnet seit Jahren die niedrigsten Arbeitslosenzahlen in Hessen, viele erfolgreiche Firmen sitzen hier. Doch die gute Konjunktur bringt auch Probleme mit sich.

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mex: Osthessen als Boom-Region

Ein Mann mit Brille steht auf einem Balkon mit Blick auf den Dom in Fulda und über die Stadt - er ist Hauptgeschäftsführer der IHK Fulda
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Denkt man an wirtschaftlich starke Standorte in Hessen, kommt vielen zuerst das Rhein-Main-Gebiet in den Sinn. Andere Regionen fallen oft unter den Tisch. Im Fall von Osthessen zu Unrecht. Die Landkreise Fulda, Hersfeld-Rotenburg und Vogelsberg sowie der östliche Main-Kinzig-Kreis haben beeindruckende Zahlen vorzuweisen.

Arbeitslosigkeit ist hier überwiegend ein Fremdwort. Auf einen jungen Menschen kommen aktuell zwei offene Ausbildungsplätze. Die Arbeitslosenquote im März 2024 lag im Kreis Bad Hersfeld-Rotenburg bei 4,4 Prozent, im Kreis Fulda bei 3,7 Prozent. Zum Vergleich: Der Landkreis Groß-Gerau und die Landeshauptstadt Wiesbaden kommen mit 6,2 beziehungsweise 8,5 Prozent auf deutlich schlechtere Werte. Hessenweit liegt die Arbeitslosenquote bei 5,6 Prozent. Was ist das Geheimnis des Erfolgs in Hessens Osten?

Weltmarktführer aus der Provinz

Ein Grund: Am Standort gibt es nicht den einen großen Wirtschaftsgiganten, sondern viele mittelständische Unternehmen, die teilweise Weltmarktführer sind. Ein Beispiel ist die Firma Wiegand in Rasdorf (Fulda). Sie ist Weltmarktführer bei Wasserrutschen und Sommerrodelbahnen. Mit 350 Mitarbeitenden steht Wiegand für den Erfolg von Osthessens mittelständischen Unternehmen.

Geschäftsführer Hendrik Wiegand sagt, dass viele gar nicht wüssten, dass in Rasdorf "so ein Betrieb steht". Das Geheimnis des Weltmarktführers bricht er lakonisch herunter: "Ein bisschen Know-how haben wir schon. Und man muss versuchen, immer ein bisschen besser zu sein als die Wettbewerber."

Alte Branchen - neue Wege 

Dass man der günstigeren Konkurrenz aus dem Ausland mit innovativen Ideen Paroli bieten kann, zeigt ein anderes osthessisches Unternehmen: KZWO in Eichenzell (Fulda) ist ursprünglich ein moderner Polsterbetrieb. Statt für den Endkunden zu produzieren, was aufgrund der günstigeren Preise im Ausland keine Zukunft gehabt hätte, hat KZWO vor einigen Jahren eine wichtige strategische Entscheidung getroffen.

KZWO-Geschäftsführer Dominik Scherf konzentriert sich mit seinem Unternehmen komplett auf das B2B-Geschäft (Business to Business, also Geschäftsbeziehungen zwischen zwei Unternehmen, Anm. d. Red.). Scherf berichtet: "Unsere Hauptkunden kommen aus den Bereichen Yacht- und Kreuzfahrtschiffe sowie Caravans. Beide Sektoren haben in den letzten Jahren ein kontinuierliches Wachstum erlebt. Und seit der Corona-Pandemie haben diese Branchen einen zusätzlichen Aufschwung erfahren, der uns sehr entgegenkommt."  

Infrastruktur als Standortvorteil

Die gute Infrastruktur ist ein weiterer Pluspunkt für Osthessen: Über die A66 geht es nach Frankfurt, die A7 als wichtigste Nord-Süd-Verbindung in Deutschland führt hier vorbei, und nach Ostdeutschland führt die A4. Fulda und Bad Hersfeld sind zudem ans ICE-Netz angeschlossen.

Es gibt aber ein Problem: Für viele Menschen wirkt Osthessen unangeschlossen und fernab aller Hotspots.

Um die Attraktivität zu steigern, sieht Michael Konow Verbesserungspotenzial. Konow ist der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Fulda und sagt: "Man ist überrascht, wie toll es hier ist und was für eine attraktive Region es hier ist. Aber dass so wenige das wissen, zeigt, dass wir im Standortmarketing natürlich noch deutlich mehr machen müssen."

Fachkräftemangel als Herausforderung

Die geringe Bekanntheit verschärft auch Probleme, mit denen sich fast alle Wirtschaftsstandorte in Deutschland befassen: Die Region braucht dringend Fachkräfte. Um diesem Problem entgegenzuwirken, gründeten verschiedene Fuldaer Unternehmen die Organisation Perspektiva. Diese setzt sich zum Ziel, Menschen mit Handicap in die Berufswelt zu integrieren.

Dass dies allein den Fachkräftemangel nicht beheben kann, ist den Unternehmen bewusst. Dennoch hofft man, dass mit insgesamt wachsender Bekanntheit mehr Menschen die Vorzüge Osthessens erkennen.

Für IHK-Geschäftsführer Konow ist vor allem ein Faktor ein entscheidendes Argument, sich hier niederzulassen: "Die Menschen hier sind sehr bodenständig, innovativ und zugänglich. Ich glaube, das ist auch etwas, das man viel stärker herausstellen muss, damit noch mehr Menschen von außerhalb hierherkommen."

Hinweis: In einer früheren Version war die Arbeitslosenquote für den Kreis Hersfeld-Rotenburg falsch angegeben. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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