Bundeswehr-Affäre Jung tritt zurück
Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) tritt von seinem Amt zurück. Der Rheingauer war als Verteidigungsminister wegen unzureichender Informationen nach einem Luftangriff in Afghanistan in die Kritik geraten.
"Nach reiflicher Überlegung und handelnd nach dem Grundsatz, dass man wichtige Entscheidungen erst eine Nacht überschläft, habe ich heute morgen die Bundeskanzlerin davon unterrichtet, dass ich mein Amt des Bundesministers für Arbeit und Soziales zur Verfügung stelle", erklärte Jung in Berlin. Damit übernehme er die politische Verantwortung für die interne Informationspolitik des Verteidigungsministeriums während seiner Amtszeit bezüglich des Luftschlags.
Bei dem von einem Bundeswehr-Oberst angeordneten Angriff auf zwei Tanklastwagen nahe Kundus waren Anfang September zahlreiche Zivilisten getötet worden. Bundeswehr und Teile des Verteidigungsministeriums sollen dies dem Bundestag und der Öffentlichkeit bewusst verschwiegen haben. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Verteidigungs-Staatssekretär Peter Wichert wurden deshalb vom neuen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) entlassen.
Jung: "Wusste selber nichts"
Den Vorwurf der Täuschung wies Jung zurück. Er selbst habe Parlament und Öffentlichkeit seinem Kenntnisstand entsprechend korrekt unterrichtet. "Durch meinen Schritt möchte ich meinen Beitrag dazu leisten, dass die Bundesregierung ihre erfolgreiche Arbeit uneingeschränkt fortsetzen kann und Schaden von der Bundeswehr abgewendet wird", begründete er seinen Rücktritt.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, die Bundesregierung werde alles für eine umfassende Aufklärung des Falles tun. Auch dem Kanzleramt seien wichtige Berichte der Bundeswehr erst vor einigen Tagen zugegangen, sagte er. "Im Lichte der neuen Informationen" werde es eine neue Bewertung des Angriffs geben. Guttenberg hat seinem Sprecher zufolge eine neue Untersuchung angeordnet.
Untersuchungsausschuss wahrscheinlich
Jung bekräftigte, er stehe für die weitere Aufklärung der Vorfälle zur Verfügung. Immer wahrscheinlicher wird unterdessen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. SPD-Verteigungsexperte Rainer Arnold sagte, da nicht alle Akten im Verteidigungsausschuss eingesehen werden könnten, laufe es auf einen Untersuchungsausschuss hinaus.
Auch die Fraktionen von Grünen und Linkspartei im Bundestag drängen auf einen Untersuchungsausschuss. CDU-Verteidigungsexperte Ernst-Reinhardt Beck hält ihn nicht für notwendig. "Aber selbstverständlich werden wir uns diesem Ansinnen nicht verschließen." Für die FDP-Abgeordnete Elke Hoff würde die Bildung eines Untersuchungsausschusses zu viel Zeit kosten. Oberstes Ziel sei schnelle Aufklärung.
Ministerposten für junge Hessin
Nachfolgerin Jungs soll nach Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die bisherige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) werden. Deren Stelle erhält die 32 Jahre alte hessische Landtagsabgeordnete Kristina Köhler (CDU).