Eröffnung Sturm auf Shoppingtempel
Der Wirtschaftskrise zum Trotz eröffnet auf der Frankfurter Geschäftsmeile Zeil der hochmoderne Einkaufstempel "My Zeil". Zehntausende kommen, staunen - und viele kaufen wohl auch.
Punkt zehn Uhr durchschnitt Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) das rote Band - offiziell war damit "My Zeil" eröffnet. Als "neues Kapitel urbanen Lebens" würdigte sie die Shopping Mall und zeigte sich überzeugt, dass Frankfurts gesamter Einzelhandel von dem Neubau profitieren werde. Bouwfonds-Geschäftsführer Michael Flesch sprach gar von einem neuen Wahrzeichen Frankfurts.
Zehntausende Menschen kamen am Vormittag, um den neuen Blickfang auf der Zeil zu bestaunen und die ersten Einkäufe - zumeist Eröffnungsangebote - zu tätigen. Für ganz frühe Vögel lockte schon seit sechs Uhr morgens ein Elektronik-Fachmarkt mit Schnäppchen-Angeboten. "Das lohnt sich wirklich, ich habe vorher die Preise verglichen", so ein zufriedener Kunde nach seinem Einkauf.
Die längste Rolltreppe Europas
In dem Komplex, dessen Fassade mit einem Glastrichter die Kunden einzusaugen scheint, sind fast 100 Läden untergebracht. Hinzu kommt auf insgesamt knapp 80.000 Quadratmetern - das ist die Fläche von gut elf Fußballfeldern - ein "Gastro-Boulevard" und ein Fitness-Club mit Swimmingpool. Auch die angeblich längste freitragende Rolltreppe Europas gibt es hier.
Das Einkaufszentrum ist Teil des Großprojekts "Palais Quartier" des niederländischen Projektentwicklers Bouwfonds MAB. Der Rest des Ensembles zwischen Zeil und Eschenheimer Tor soll im Laufe des Jahres fertiggestellt werden.
Dazu gehören zwei bis zu 135 Meter hohe Büro- und Hoteltürme, die an das Einkaufszentrum grenzen. Außerdem wird das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Palais Thurn und Taxis, ein berühmtes ehemaliges Stadtschloss, wiederaufgebaut. Mit Kosten von fast einer Milliarde Euro zählt das "Palais Quartier" zu den größten innerstädtischen
Bauprojekten in Deutschland.
Zu 90 Prozent vermietet
Die Firmen im Shoppingzentrum müssen bis zu 485 Euro pro Quadratmeter als Monatsmiete zahlen. Trotz Rezession seien 90 Prozent der Ladenfläche vermietet, sagten die Betreiber. Zwischen 50.000 und 70.000 Besucher aus dem Rhein-Main-Gebiet soll das Zentrum täglich anlocken. Um diesen Ansturm zu bewältigen, steht auch eine neue Tiefgarage mit 1.400 Stellplätzen zur Verfügung.
Für die angestammten Läden könnte das neue Einkaufszentrum viel Konkurrenz bedeuten - von ihnen kommt allerdings wenig Kritik. Sie hoffen, dass die Zeil insgesamt attraktiver wird. Schließlich bekommt Hessens Einkaufsmeile Nummer eins gerade ein neues Pflaster und eine neue Beleuchtung. "Das ist eine Riesenchance und wird der Stadt einen enormen Schub geben", glaubt der Präsident des hessischen Einzelhandelsverbandes, Frank Albrecht.
Insgesamt investiert die Stadt knapp zwölf Millionen Euro, um die in die Jahre gekommene Zeil aufzumöbeln. Die schäbig wirkenden Gastronomie-Pavillons wurden bereits abgerissen, zwei neue im Bauhaus-Stil werden errichtet. Vergangene Woche sperrte die Stadt zudem die Hauptwache für den Durchgangsverkehr.
Roth verteidigt Wortschöpfung
Auch wenn die Veränderungen auf der Zeil überwiegend positiv aufgenommen werden, der Name des neuen Einkaufszentrums ist unter den Frankfurtern umstritten. Als Oberbürgermeisterin Roth die deutsch-englische Wortschöpfung "My Zeil" vorstellte, löste sie einen Sturm der Empörung aus. Sie könne sich gut vorstellen, dass die Bürger aus "My Zeil" umgangssprachlich auf hessisch "Mei Zeil" machten, verteidigte sich Roth später im Stadtparlament.