Schwarz-Grün Koalitionsvertrag unterm Weihnachtsbaum
Drei Monate nach der Landtagswahl ist die Zeit der Gespräche und Verhandlungen beendet. CDU und Grüne wollen am Montag ihren Koalitionsvertrag unterschreiben – und damit Neuland betreten.
Den Tag seiner Silberhochzeit verbrachte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in Koalitionsverhandlungen. An seinem 62. Geburtstag stellte der CDU-Chef auf einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit das ausgehandelte Vertragswerk vor, wie sein neuer grüner Partner Tarek Al-Wazir am vergangenen Mittwoch fast fürsorglich betonte. "Aber an Weihnachten bin ich zu Hause", entgegnete Bouffier mit einem Lachen.
Weihnachten zu Hause – die Chancen stehen für Bouffier diesmal gut. Die Unterzeichnung des schwarz-grünen Koalitionsvertrags am Tag vor Heiligabend ist der vorerst letzte Akt der Koalitionsbildung. Feierlich soll es am Mittag zugehen, wenn Bouffier und Al-Wazir zur Tat schreiten und mit ihrer Unterschrift das erste Koalitionsbündnis zwischen beiden Parteien in einem Flächenland besiegeln.
Langjährige Beobachter ungläubig
Langjährige Beobachter der hessischen Landespolitik, der harten, zum Teil diffamierenden Auseinandersetzungen zwischen beiden bis zum Wahltag, können es immer noch nicht glauben. Aber seit dem Samstag ist es klar: ein kleiner CDU-Parteitag hat einstimmig zu diesem Vertrag Ja gesagt, in der grünen Landesmitglieder-Versammlung gab es eine Dreiviertel-Mehrheit dafür.
"Das Ergebnis zeigt, dass diese Koalition von der großen Mehrheit der Partei auch getragen wird", erklärte anschließend Al-Wazir, der seit Samstag nicht mehr grüner Landesvorsitzender ist. Der 42-Jährige will sich ganz auf sein Amt als Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung konzentrieren. Laut Koalitionsvertrag bekommen die Grünen dieses Ressort, dazu das Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Union wird die restlichen acht Ministerien besetzen.
Partei-Identitäten sollen gewahrt bleiben
Der Koalitionsvertrag ist 106 Seiten stark. "Wohlstand erhalten – Ressourcen schonen" steht als ein schwarz-grüner Grundgedanke in der Präambel. Sicher ist, dass die künftige Regierung in den nächsten fünf Jahren die Schuldenbremse umsetzen und daher teilweise schmerzhafte Sparmaßnahmen auf den Weg bringen muss. Weniger sicher ist, wie weit die Grünen bei ihren Herzensthemen Energiewende und Lärmbekämpfung am Frankfurter Flughafen kommen. Beide Seiten haben sich Verlässlichkeit und Stabilität geschworen, andererseits betonen Union und Grüne gleichermaßen, dass die jeweils eigene Partei-Identität gewahrt werden müsse.
Zweckbündnis, keine Liebesheirat – das ist auch Bouffier klar: "Fünf Jahre ist eine lange Zeit, und vieles von dem, was sicher auf uns zukommen wird, kann man nicht in einem Koalitionsvertrag aufnehmen, weil man es gar nicht weiß." Der bisherige und künftige Regierungschef hat seine Ministerinnen und Minister aus dem CDU-Lager noch nicht benannt, das will er erst Mitte Januar tun. Am 18. Januar wird der neue Landtag erstmals zusammenkommen. Dort hat das neue schwarz-grüne Bündnis mit 61 von 110 Mandaten eine ausreichende Mehrheit.
Ob Schwarz-Grün sattelfest ist, wird sich schon bei der Wahl des Ministerpräsidenten zeigen. Dass sie einmal dem CDU-Mann Bouffier ihre Stimme geben könnten, war für Hessens Grüne lange Zeit allenfalls ein böser Traum.