Höhere Auflagen für Bootsbetreiber Protest gegen Aus für Diemelsee-Schifffahrt
Das Aus für die beliebten Diemelsee-Rundfahrten mit der MS Muffert schien besiegelt. Doch es regt sich Widerstand: Erst wurde eine Petition gestartet, jetzt schaltet sich auch der Landrat ein.
19 Jahre hat Stefan Koch die MS Muffert über den Diemelsee (Waldeck-Frankenberg) gesteuert. Jetzt macht er "schweren Herzens" Schluss mit der Personenschifffahrt auf dem zweitgrößten See Hessens. Sein Schiff liegt aufgebockt im Winterquartier und wird nicht – wie all die Jahre zuvor – Ostern das erste Mal wieder über den See schippern.
Damit verliert der Diemelsee eine seiner Hauptattraktionen. Auf seiner Webseite erklärt Koch die Gründe für das Ende: eine gesetzliche Änderung in der Besatzungsverordnung für Binnenschiffe auf Bundeswasserstraßen mache die Rundfahrten für ihn unwirtschaftlich.
Zwei Personen mit nautischer Ausbildung pro Schiff
Die Änderungen sind im Januar in Kraft getreten. Sie besagen, dass künftig das nautische Personal aufgestockt werden muss – es müssen also mehr Menschen an Bord sein, die sich mit Schifffahrtskunde auskennen und eine entsprechende Ausbildung haben.
So ist seit Beginn des Jahres neben dem Kapitän eine weitere Person mit nautischer Ausbildung vorgeschrieben: ein "Sachkundiger für Fahrgastschiffe". Ein zusätzliches Besatzungsmitglied ist nicht erforderlich. Vielmehr kann diese Funktion von einer ohnehin an Bord tätigen Person ausgeübt werden. Voraussetzung ist ein entsprechender Lehrgang.
Alle Bundeswasserstraßen sind von der neuen Regelung betroffen. So auch der Edersee. Doch hier sei die Schifffahrt generell größer aufgestellt und daher von der Änderung nicht so stark betroffen wie kleinere Unternehmen, erläutert Ralf Jobs von der Edersee Schifffahrt. Man habe schon vor der Änderung die erforderliche Anzahl qualifizierter Mitarbeiter an Bord gehabt.
MS Muffert: Schlechtwetterprogramm und Taxi für Wanderer
Zurück zum Diemelsee: Bootsbetreiber Koch ist Kapitän und hat das sogenannnte C2-Patent für die Binnenschifffahrt. Somit ist er als Schiffsführer das nautische Personal, einen "Sachkundigen für Fahrgastschiffffahrt" hat er nicht. Es rechne sich nicht, betont Koch. Mit an Bord sind seine Frau oder seine Mutter als Servicekraft.
Für Ausflugsgäste bedeutet das Aus der MS Muffert einen herben Verlust. Das Schiff werde von vielen Gästen als Schlechtwetterprogramm genutzt, so Koch – oder, um Wanderungen abzukürzen.
Ein Mitarbeiter der Tourist-Info Diemelsee bekräftigt die Bedeutung der MS Muffert für die Region. Das Schiff sei ein "Highlight" und ziehe Gäste aller Altersklassen aus Korbach, Brilon, Marsberg, Willingen und Winterberg an.
Petition sammelt Unterschriften
Gegen das Aus regt sich seit mehreren Wochen Widerstand. So hat Robert Märtin eine Petition gestartet. Dort heißt es, das Schiff bereichere das Panorama, "eine Rundfahrt mit der Muffert gehört zur Diemelseesaison wie Pommes Schranke und Motorradpulks". Die HNA hatte zuerst über die Petition berichtet.
Mehr als 7.100 Menschen haben die Petition unterzeichnet – und das bei einer Gemeinde-Größe von lediglich 4.706 Einwohnerinnen und Einwohnern.
Unterstützung aus der Politik
Bürgermeister Volker Becker (unabhängig) hat sich mit seinem nordrhein-westfälischen Amtskollegen Thomas Schröder (CDU) aus Marsberg verbündet und das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt kontaktiert. Auch auf Bundesebene haben sie ihr Anliegen platziert.
Jetzt haben sich auch Landrat Jürgen van der Horst (unabhängig) und der Erste Kreisbeigeordnete Karl-Friedrich Frese (CDU) eingeschaltet. Beide unterstützen die Bemühungen Beckers für den Erhalt des touristischen Angebots am Diemelsee.
Hoffnung auf "pragmatische" Lösung zur Rettung
Die MS Muffert sei "ein beliebter Besuchermagnet". Falle das Angebot weg, habe das auch Auswirkungen auf gastronomische Betriebe am See. Van der Horst und Frese werben für eine "schnelle und pragmatische Möglichkeit", um die Rundfahrten zu retten.
Wenn der Einsatz für den Erhalt der Diemelsee-Schifffahrt Erfolg haben wird, will Koch die MS Muffert aus dem Winterschlaf wecken und wieder zu Wasser lassen. Ob das allerdings traditionell noch in den Osterferien klappt, ist aufgrund der verschärften Auflagen für Bootsbetreiber nahezu ausgeschlossen.
Anm. d. Red.: In einer vorherigen Version hieß es, drei Personen mit nautischer Ausbildung müssten an Bord sein. Wir haben den Fehler korrigiert.
Redaktion: Stefanie Küster
Sendung: hr4, 12.03.2024, 15:30 Uhr