Vogelschutz verschärft Neues Naturschutzgesetz gefährdet beliebte Kletterziele in Hessen

Wanderfalken und Uhus sollen beim Brüten besser geschützt werden. Doch die geplante Änderung des Naturschutzgesetzes bereitet Klettersportlern Sorgen. Der Deutsche Alpenverein befürchtet das Aus beliebter Ziele in Südhessen.

Eine Sandsteinwand, daran ist ein Kletterer befestigt, der in großen Höhen klettern.
Der Sandsteinbruch von Heubach bei Groß-Umstadt - hier könnte bald ein 10-monatiges Betretungsverbot wirksam werden. Bild © Christoph Deinet
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Update 18. Januar: Uhu und Wanderfalke aus Gesetzentwurf gestrichen

Die Landesregierung hat Uhu und Wanderfalke inzwischen aus dem Entwurf des Hessischen Naturschutzgesetzes gestrichen. In §36 heißt es nun: "Unbeschadet weiterer Rechtsvorschriften ist es in der Zeit vom 1. Dezember bis 30. September verboten, Horstbäume von Schwarzstörchen und Rotmilanen zu besteigen oder diese in einem Umkreis von 300 Metern [...] durch Aufsuchen, Filmen, Fotografieren, den Einsatz von Drohnen oder vergleichbare störende Handlungen zu gefährden.

Die Landesregierung habe gleich die erste und wichtigste Forderung der IG Klettern erfüllt, die in Hessen weit verbreiteten und nicht als gefährdet eingestuften Arten Uhu und Wanderfalke aus dem Paragrafen herauszunehmen, teilte Sprecher Christoph Deinet mit. Das befürchtete zehnmonatige Kletterverbot sei damit abgewendet.

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Christoph Deinet von der Interessengemeinschaft "Klettern und Naturschutz Rhein-Main" ist seit 41 Jahren Kletterer und hat mehrere Kletterführer geschrieben. Früher, sagt er, habe man ihn verdutzt gefragt: "Du kletterst in Hessen? Das geht?"

Heute habe er Angst, dass es bald um die schönsten Spots geschehen ist.

Deutliche kürzere Klettersaison?

Denn der Klettersport in Hessen hängt möglicherweise an einem sehr dünnen Seil. Bereits im Dezember schlug der Wiesbadener Ableger des Deutschen Alpenvereins (DAV) Alarm: Die Klettersportlerinnen und -sportler fürchten, dass eine Änderung im Hessischen Naturschutzgesetz (HeNatG) faktisch zu einem Verschwinden der Klettermöglichkeiten führen könnte.

Für fast alle Sportarten, die draußen betrieben werden, gelten Naturschutzregeln. Beim Wassersport betreffen sie zum Beispiel Brut- oder Laichzeiten. Auch Kletterer müssen sich an geltende Betretungsverbote halten - vor allem dann, wenn an einem Felsen geschützte Tierarten brüten.

Bislang war das vor allem im Winter und Frühjahr der Fall - etwa beim Kletterfelsen im Silberwald (Odenwald), einem beliebten Kletterziel aus Sandstein in Südhessen. Um brütende Wanderfalken zu schützen, war der Felsen bisher von Dezember bis Mitte Juli gesperrt. Die geplante Gesetzesänderung hätte nun eine deutlich kürzere Klettersaison zur Folge.

Nur noch Oktober und November fürs Klettern

Denn in dem Entwurf des geänderten Naturschutzgesetzes findet sich laut DAV in Paragraph 36 eine neue Passage: Felsen, auf denen wie im Silberwald Wanderfalken, aber auch Uhus, Schwarzstörche und Rotmilane brüten, dürfen zukünftig von Dezember bis einschließlich September nicht mehr bestiegen werden.

Auch Spaziergänger und Wanderer dürfen sich den Brutstätten in diesen zehn Monaten nur noch bis zu einem Radius von 300 Metern nähern.

Eine Sandsteinwand, daran ist ein Kletterer befestigt, der in großen Höhen klettern.
Der Sandsteinbruch von Heubach bei Groß-Umstadt - hier könnte bald ein zehnmonatiges Betretungsverbot wirksam werden. Bild © Christoph Deinet

Sprich: Den Kletterern im Silberwald blieben künftig nur noch Oktober und November für ihren Sport - auch dann keine optimalen Monate, wenn die Feuchtigkeit in der Jahreszeit das Klettern nicht ganz unmöglich macht.

"Ein Kletterverbot von zehn Monaten an Brutfelsen - das gibt es weltweit nirgendwo", sagt Deinet von der Interessengemeinschaft, die sich gemeinsam mit dem DAV für den Erhalt der Kletterstellen einsetzt.

Aus für drei beliebte Kletterfelsen befürchtet

Nach Ansicht von Deinet und seinen Mitstreitern würde die neue Regelung das faktische Aus für drei der wichtigsten südhessischen Kletterziele bedeuten: außer dem Silberwald im Odenwald seien die Steinbrüche in Heubach, einem Stadtteil von Groß-Umstadt (Darmstadt-Dieburg), und Hainburg-Hainstadt (Offenbach) betroffen.

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Uhu und Wanderfalke - bedroht oder geschützt?

Alle Vögel sind geschützte Arten, doch nicht alle von ihnen gelten als bedroht. Der Wanderfalke wird beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) nicht als bedroht gelistet. Der Uhu war es, befindet sich aber nicht mehr in der "Roten Liste der bestandsgefährdeten Brutvogelarten Hessen". Über ihn existiert ein 2013 vom HLNUG verfasstes Gutachten, in dem von 1.500 Brutpaaren in Deutschland ausgegangen wird. Diese Zahl sei im Vergleich zu anderen Ländern dennoch recht hoch.

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In Heubach brüten wie im Silberwald seit Jahren Wanderfalken. In Hainstadt wurden diese zwar vertrieben - allerdings von Uhus, die auch im Gesetz genannt werden. Unklar ist dem DAV zufolge noch, ob auch nordhessische Kletterfelsen betroffen sein könnten - etwa der beliebte Scharfenstein (Schwalm-Eder), für den bislang noch kein Betretungsverbot gilt.

Der Scharfenstein ragt wie ein karger Fels aus Feldern im Schwalm-Eder-Kreis. Im Vordergrund sind abgeerntete Felder zu sehen, der Fels ist im unteren Drittel bewaldet. Im Hintergrund tauchen kleine Ortschaften auf.
Kletter-Eldorado in Nordhessen: Der Scharfenstein bei Gudensberg Bild © picture alliance / imageBROKER | Delpho, M.

500 Kilometer fahren - fürs Klettern

Jörg Lantzsch vom Wiesbadener Ableger des Alpenvereins kritisiert, dass die Kletterbegeisterten für ihr Hobby nun weite Strecken zurücklegen müssen. "Wenn man für jedes Kletterwochenende aus dem Rhein-Main-Gebiet teilweise bis zu 500 Kilometer fahren muss, etwa in den Frankenjura, dann ist dem Umweltschutz auch nicht geholfen", sagt er. Für ihn komme die Änderung plötzlich und überraschend.

Bisher habe man sich an einen Tisch gesetzt und Betretungsverbote gemeinsam ausgehandelt. Das jetzige Vorgehen mache ihn nachdenklich. "Der Deutsche Alpenverein ist mit mehr als 1,4 Millionen Mitgliedern einer der größten Naturschutzvereine. Da wirkt es schon befremdlich auf mich, dass wir im Vorfeld nicht gefragt wurden."

Umweltministerium hält Sorge für unbegründet

Das Umweltministerium teilte dem hr auf Anfrage mit, dass der Entwurf des Naturschutzgesetzes noch in der Abstimmung sei. "Daher können wir noch keine Auskünfte zu Details des Gesetzes geben." Die Pressestelle deutete allerdings an, dass man eine Lösung suchen werde. Die Befürchtungen der Kletterer seien unbegründet.

Kletterer Deinet hofft auf einen guten Ausgang. "Ich setze auf die Kraft unserer Argumente", sagt er. "Wir wollen auch Naturschutz und Artenschutz für Uhu und Wanderfalke, weil wir uns genauso an diesen Vögeln erfreuen möchten. Kein Kletterer kommt auf die Idee, direkt an einem Brutfelsen während der Brutzeit zu klettern."

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Quelle: hessenschau.de