Steinpilz, Pfifferling und Co. - was ist beim Pilzesammeln zu beachten?
Nach Hitzewelle und Dauerregen im Juli geht die Pilzsaison so spektakulär und früh los wie lange nicht mehr. Worauf Sammler achten sollten und wie sie giftige Arten erkennen, wird hier beantwortet.
Pilzesammeln ist längst kein Hobby mehr für die Großeltern. Auch junge Leute lockt es immer häufiger in den Wald. Wegen des hitze- und regenreichen Julis geht die Pilzsaison dieses Jahr wesentlich früher los. "Das wird ein Pilz-Jahr, wie es das schon lange nicht mehr gab", sagt der Offenbacher Pilzexperte Dietmar Krüger von der Pilzschule Hessen.
Nach dem starken Regen der vergangenen Wochen seien schlagartig zahlreiche Steinpilze und Pfifferlinge in Hessen gesprossen. Es könne jetzt schon losgehen mit dem Sammeln im Wald. "Allerdings nur, wenn man sich auskennt," betont Krüger. "Sonst kann das schiefgehen. Das ist wie Auto fahren. Man muss sich das Wissen aneignen."
Beim Pilzesammeln gibt es viel zu beachten. Laut der deutschen Gesellschaft für Mykologie sind von den über 10.000 Großpilzen in Mitteleuropa knapp 200 Arten essbar und 150 giftig. Gut ein Dutzend Arten können sogar tödlich sein.
- Giftige Doppelgänger: Wie erkenne ich essbare Pilze?
- Was tue ich, wenn ich eine Pilzvergiftung vermute?
- Wo darf ich Pilze sammeln?
- Wie viele Pilze darf man sammeln?
- Putzen, braten, trocknen: Wie bereite ich Pilze zu?
- Sind Waldpilze gesund?
Giftig oder essbar: Welche Pilze kann ich sammeln?
Das Pilzesammeln ist als Laie eine risikoreiche Angelegenheit: Hinter vielen Pilzen können sich ungenießbare oder hochgiftige Arten verstecken. Bei einer beliebten Pilzart ist das besonders gefährlich: Essbare und giftige Champignons sind sehr leicht zu verwechseln. "Die sehen auf den ersten Blick genau gleich aus", sagt Pilzexperte Krüger. Statistisch seien das auch die häufigsten Pilzvergiftungen.
Krüger empfiehlt deshalb, drei Regeln zu befolgen: Man dürfe nur das einsammeln, was man einwandfrei beurteilen kann. Deshalb solle man sich unbedingt vorher durch Bücher, Kurse oder Youtube-Videos schlaumachen. Dann könne man zum Beispiel am Stiel, Hut oder an den Röhren Eigenschaften erkennen, um welchen Pilz es sich handelt. "Man ist ein bisschen wie Sherlock Holmes." Von Apps, die vermeintlich jeden Pilz erkennen können, rät er ab.
Als nächstes muss geprüft werden, ob der Pilz noch gut ist. Es kann sein, dass er durch den vielen Regen verfault, verschimmelt oder matschig ist. Und zuletzt sei es wichtig, dass die Pilze vor dem Essen ordentlich erhitzt werden, weil die meisten roh giftig sind.
Da manche Pilze sich zum Verwechseln ähnlich sehen, haben wir hier einige essbare Pilze und ihre giftigen Doppelgänger zusammengestellt:
Was tue ich, wenn ich eine Pilzvergiftung vermute?
Krüger rät, sobald man Symptome einer Pilzvergiftung wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall hat, die 112 anzurufen und sich mit Verdacht auf Vergiftung ins Krankenhaus einliefern zu lassen. Wenn man sich nicht sicher ist, kann man auch bei der Giftinformationszentrale an der Uni Mainz anrufen. Wichtig ist dabei auch Pilzreste aufzuheben, zur Not auch Erbrochenes, damit schneller ermittelt werden kann, um welche Art der Vergiftung es sich handelt. Die Giftinformationszentrale erreicht man unter der 06131/19240.
Wo darf ich Pilze sammeln?
Grundsätzlich dürfen Pilzsammler jeden Wald betreten – auch Privatwald, solange der Bereich nicht eingezäunt oder offensichtlich als privat gekennzeichnet ist. Der Leitfaden des hessischen Umweltministeriums zum Pilzesammeln rät außerdem, beim Sammeln im Wald dichten Jungwuchs zu meiden, um dort junge Tiere und Bäume nicht zu stören. In Naturschutzgebieten und in Nationalparks ist das Sammeln komplett verboten. In bestimmten Bereichen können Naturschutzbehörden auch darüber hinaus Einschränkungen machen.
Wie viele Pilze darf man sammeln?
Im Bundesnaturschutzgesetz ist festgehalten, dass Pilze nur in geringer Menge für den persönlichen Bedarf gesammelt werden dürfen, jedoch wird diese Menge von Menschen unterschiedlich ausgelegt, wie Experte Dietmar Krüger von der Pilzschule Hessen erklärt. Im Hessischen Leitfaden steht: "Wer mehr als ein Kilogramm Pilze pro Person und Sammelaktion aus dem Wald schleppt, wird diese Menge kaum noch mit dem eigenen Hunger belegen oder als gering bezeichnen können."
Immer wieder gibt es auch Berichte darüber, dass Menschen in organisierten Sammelaktionen unerlaubt große Mengen sammeln, um sie dann gewerblich an Restaurants und auf Märkten zu verkaufen. Für das gewerbliche Sammeln von Pilzen sind ein Gewerbeschein und eine Genehmigung der Naturschutzbehörde Pflicht.
Für manche Pilzarten gibt es zudem komplette Sammelverbote, weil sie besonders geschützt sind, zum Beispiel sehr seltene Röhrlingsarten und verschiedene Trüffeln.
Putzen, braten, trocknen: Wie bereite ich Pilze zu?
Nach einem erfolgreichen Spaziergang im Wald kann die Pilzausbeute zubereitet werden, zum Beispiel als Steinpilz-Pizza, Bandnudeln mit Pifferlingen oder gemischte Pilzpfanne mit Knoblauch. Schirme von Parasolpilzen lassen sich panieren und wie ein Schnitzel braten.
Vorher müssen die Pilze jedoch auf Insektenbefall untersucht und gründlich gesäubert werden, etwa mit einer Bürste oder einem Küchentuch. Bei starken Verschmutzungen – insbesondere bei Lamellenpilzen – kann man die Pilze auch kurz mit Wasser abbrausen.
Wer die Pilze nicht direkt essen will, kann sie in Scheiben schneiden und auf einem Holzbrett trocknen. Bei manchen Pilzen empfiehlt es sich, die Haut oder den Schwamm vorher zu entfernen. Die getrockneten Pilze können dann in einem Schraubglas aufbewahrt und später in warmem Wasser wieder aufgeweicht werden.
Vorsicht: Pilze aus dem Wald sollten vor dem Verzehr immer erst vollständig gegart werden, damit sie nicht mehr giftig sind. Experten empfehlen eine Garzeit von 15 bis 20 Minuten.
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Sind Waldpilze gesund?
Wenn man sich sicher ist, einen ungiftigen Pilz vor sich zu haben: Ja, Pilze sind gesund. Der Offenbacher Pilzexperte Krüger erklärt: "Pilze enthalten zum Beispiel Eiweiß und Vitamine, etwa auch Vitamin D." Außerdem enthalten Pilze unter anderem Kalzium, Magnesium und andere Mineralstoffe. Dabei sind sie sehr kalorien- und fettarm.
Trotzdem liest man immer wieder, dass Wildpilze nur in geringem Maße gegessen werden sollten, etwa nur 200 bis 250 Gramm pro Woche. Das liegt daran, dass viele Speisepilze in deutschen Wäldern immer noch durch Radioaktivität aus der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl belastet sind. Das Bundesamt für Strahlenschutz warnt deshalb bis heute davor, nicht zu viele Pilze aus dem Wald zu essen. Eine deutlich erhöhte Belastung von Pilzen mit Cäsium-137 wird jedoch hauptsächlich in Bayern nachgewiesen.
Sendung: hr-fernsehen, alle wetter!, 07.08.2023, 19.15 Uhr
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