Rückblick in Fulda Wie ein Ticket-Skandal die erste Landesgartenschau 1994 belastete

Bei der ersten Landesgartenschau 1994 mussten die Macher viel Lehrgeld zahlen. Denn Mitarbeitende einer Bewachungsfirma zockten Eintrittsgelder ab. Es kam zu hohen finanziellen Verlusten, langwierigen Ermittlungen und zu Geldstrafen für die Drahtzieher.

links im Bild Eingang zum Landesschau Gelände, rechts im Bild Tickets, beide Aufnahmen stammen aus 1994a
Bei der Landesgartenschau 1994 gab es einen Ticket-Skandal. Mitglieder des Kassenpersonals verteilten zuweilen nur Einlass-Stempel, verkauften Karten mehrfach und wirtschafteten in die eigene Tasche. Bild © hr, hr, hessenschau.de
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Fulda ist nicht das erste Mal Gastgeber einer Landesgartenschau (LGS). Bereits die LGS-Premiere 1994 wurde in der Domstadt veranstaltet. Fulda profitierte langfristig von den Baumaßnahmen und nachhaltiger Entwicklung. Aber es gab auch ein dunkles Kapitel während der Blumenschau vor fast 30 Jahren, das die Bilanz deutlich trübte.

Ein systematischer Betrug des Kassen- und Wachpersonals trug 1994 zum Minus von einer Million D-Mark bei. Der Einnahmen-Ausfall soll bei mehreren hunderttausend Mark gelegen haben. Ganz genau war das schon damals nicht zu ermitteln.

Tickets wurden mehrfach verkauft

Verantwortlich für den Ticket-Skandal waren Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma aus Böblingen (Baden-Württemberg). Dieser eilte eigentlich ein ganz seriöser Ruf voraus, wie der damalige Fuldaer Oberbürgermeister Wolfgang Hamberger (CDU) versicherte.

Doch wie die Polizei ermittelte, hatten Mitglieder der Sicherheitsfirma gekaufte Karten nicht an die Besucher ausgehändigt. Sie drückten ihnen lediglich einen Tagesstempel auf den Handrücken. Die einbehaltenen Tickets wurden dann erneut verkauft. Den Überschuss in den Kassen teilten sich die Täter und Komplizen.

Auch bei Reisegruppen wirtschaftete die Wachmannschaft in die eigenen Taschen. Für Gruppen seien Quittungen über Gesamtbeträge bei Eintrittsgeldern ausgestellt, aber keine Karten abgegeben worden, so die Ermittler.

Festnahmen nach Undercover-Aktion

Die Gartenschau-Macher wurden irgendwann misstrauisch und schalteten die Polizei ein. Und die initiierte am vorletzten Tag der Schau eine Aufsehen erregende Undercover-Überprüfung, um den Betrügern auf die Schliche zu kommen.

Als eine 20-köpfige Besuchergruppe, unter die sich auch Polizei-Beamte gemischt hatten, ohne Eintrittskarten auf das Gelände gelassen wurde, flog der Schwindel auf und der Eklat war perfekt.

Die Kassen der Gartenschau wurden sofort geschlossen. 16 Mitarbeitende - 15 Männer und eine Frau - wurden vor Ort vorläufig festgenommen. Die 14 übrigen Beschäftigten, die keinen Dienst hatten, wurden ebenfalls verhört. Als die Gartenschau-Verantwortlichen einen Kassensturz machten, stellten sie in mehreren Kassen zu viel Geld fest.

Langwierige Ermittlungen

Der Schwindel hatte ein langes juristisches Nachspiel. Nach umfangreichen Ermittlungen wurde das Verfahren erst drei Jahre später für beendet erklärt. So wurden 1.200 Reisegruppen einzeln angeschrieben und nach ihren Zahlungsmodalitäten befragt.

Insgesamt war laut Staatsanwaltschaft Fulda gegen 26 Mitarbeiter der Bewachungsfirma wegen der Veruntreuung von Eintrittsgeldern ermittelt worden. Ein Einsatzleiter, ein Kassierer sowie sieben Mitarbeiter wurden zu Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe verurteilt. Ein Angeklagter wurde freigesprochen, gegen 17 weitere Beschuldigte wurden die Verfahren wegen Mangels an Beweisen eingestellt.

Finanzielle Verluste in unbekannter Höhe

Über die Höhe der veruntreuten Gelder machte auch die Staatsanwaltschaft Fulda keine Angaben. Die Schadenssumme sei wegen der möglicherweise monatelang unbemerkten Betrügereien kaum einzuschätzen, hieß es damals. Auch die Besucherzahl der Landesgartenschau war deswegen unklar. Genannt wurden 1,2 Millionen Besucher.

Offiziell ging es am Ende nur um 30.000 D-Mark, die nachzuweisen gewesen seien, wie LGS-Sprecherin Patricia Bickert heute berichtet. Sie arbeitete damals schon für die Landesgartenschau. "Doch die Dunkelziffer des Betrugs war viel höher, bestimmt zehn Mal so hoch", sagt Bickert. "Das war leider ein ganz unrühmliches Kapitel der Landesgartenschau 1994."

Jürgen Patscha, einer der damaligen LGS-Geschäftsführer in Fulda, sagte dem hr dazu im Rückblick: "Das hat uns damals sehr frustriert." Man habe geglaubt mit der erfahrenen und über gute Referenzen verfügenden Firma auf der sicheren Seite zu sein. Aber die Errungenschaften für die Stadtentwicklung, die die LGS für die Menschen in Fulda gebracht hätten, würden durch diesen Kriminalfall nicht geschmälert.

Wiesbadener Firma übernimmt Bewachung und Kassenservice

Heute sind solche Betrügereien nicht mehr möglich, wie LGS-Sprecherin Bickert betont. Denn jedes digitalisierte Ticket - egal ob Dauer- oder Tageskarte - wird am Einlass eingescannt und überprüft. "Es kommt niemand rein, der kein gültiges Ticket hat - das gilt für Besucher und auch Aussteller."

Sicherheitsdienst Landesgartenschau Fulda
Landesgartenschau-Geschäftsführer Marcus Schlag (li.) im Gespräch mit einem Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes aus Wiesbaden, der die Bewachung und den Kassenservice bei der diesjährigen LGS übernimmt. Bild © osthessen-news.de

Für den Sicherheitsdienst samt Kassenpersonal bei dieser LGS gab es eine europaweite Ausschreibung. Dabei habe sich eine Firma aus Wiesbaden durchgesetzt. Sie übernimmt neben der Bewachung des eingezäunten Geländes auch den Kassen-Service, erklärt Bickert. Die LGS investiert für ihr Sicherheitskonzept mit Bewachung und Kassenservice eine sechsstellige Summe.

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe