175 Jahre Paulskirche Frankfurter Bürgermeisterin spricht doch nicht vor Burschenschaften
Burschenschaften und Akademikerverbände wollen in der Frankfurter Paulskirche das 175-jährige Jubiläum der Nationalversammlung feiern. Dagegen sind Proteste angekündigt. Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg hatte vor den Teilnehmenden sprechen wollen. Nun will sie ihre Rede woanders halten.
Frankfurts Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) wird doch nicht auf dem umstrittenen Festakt des burschenschaftlichen Verbands "Allgemeine deutsche Burschenschaft" (ADB) am 18. Juni in der Frankfurter Paulskirche sprechen.
Eskandari-Grünberg bestätigte dem hr am Mittwoch auf Anfrage, dass sie ihr geplantes Grußwort abgesagt habe.
Stattdessen habe sie sich entschieden, am selben Tag auf einer geplanten Gegenkundgebung von zivilgesellschaftlichen Akteuren vor der Paulskirche zu sprechen. Zuerst hatten die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Frankfurter Rundschau darüber berichtet.
Eskandari-Grünberg wollte Protestrede halten
Eskandari-Grünberg ist im Magistrat der Stadt Frankfurt unter anderem für multikulturelle Angelegenheiten und Antidiskriminierung zuständig. Sie hatte geplant, in ihrer Rede vor den Burschenschaften an die demokratischen Werte der offenen und diversen Gesellschaft zu erinnern und "Flagge zu zeigen", wie sie selbst sagte.
In der vorbereiteten Ansprache habe sie die Burschenschaften auch an ihre Verpflichtung zur Aufarbeitung der Geschichte auch während der Nazi-Zeit Deutschlands erinnern wollen.
Als einen Fehler bewerte sie ihre erste Zusage keineswegs. Ihre vorbereitete Rede werde sie nun auch den Burschenschaftern schriftlich zusenden.
Bei der geplanten Gegenkundgebung werde der Tenor ähnlich sein. "Meine Botschaft ist, dass die Würde des Menschen unantastbar ist." Sie werde die Burschenschaften auch vor der Paulskirche mit der Auseinandersetzung ihrer Geschichte auffordern.
Frankfurter AStA: Paulskirche ist der falsche Ort
Der Allgemeine Studierendenauschuss (AStA) der Frankfurter Goethe-Universität hatte die Vermietung der Paulskirche und den zunächst geplanten Auftritt Eskandari-Grünbergs vor Tagen kritisiert.
"Die Deutungshoheit über die Paulskirche darf nicht Rechten und Antidemokraten überlassen werden", sagte Emma Scholz aus dem AStA-Vorstand mit Blick auf die politischen Studentenverbindungen.
"Für rückwärtsgewandte Positionen sollte heute in der Paulskirche kein Platz sein." Dass Bürgermeisterin Eskandari-Grünberg vor den Burschenschaftern hatte sprechen wollte, stieß auf Unverständnis.
ADB-Verband: "Kein Platz für extremistische Bestrebungen"
Der Verband der Allgemeinen Deutschen Burschenschaften (ADB) schreibt auf seiner Internetseite, der Paulskirchen-Festakt stehe im Gedenken des ersten deutschen Parlaments. Dies sei "maßgeblich von Burschenschaftern geprägt" worden. Der ADB lädt gemeinsam mit dem "Convent Deutscher Akademikerverbände" zu der Jubiläumsfeier in der Paulskirche ein.
Auf Anfrage betonte ADB-Sprecher Michael Schmidt, dass Straftäter von links wie rechts beim Dachverband keinen Platz fänden. "Wir sind sicherlich liberal-konservativ, aber bei uns gibt es keinen Platz für extremistische Bestrebungen", sagte er. Über Details zu der Veranstaltung wolle man nicht sprechen, aus Angst vor Angriffen aus dem linksradikalen Spektrum.
Verfassungsschutz beobachtet einzelne Burschenschaften
Dem hessischen Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) zufolge würden die Aktivitäten "einer unteren einstelligen Zahl an Burschenschaften in Hessen" beobachtet. Um welche Verbände oder Burschenschaften es sich dabei konkret handele und ob diese dem ADB angehörten, nannte das Landesamt aus "nachrichtendienstlichen Erwägungen" nicht.
Grundsätzlich seien hessische Burschenschaften jedoch "äußerst heterogen" und unterscheideten sich in ihren politischen Ausrichtungen.