Ärztemangel an Lahn-Dill-Kliniken Geburtsstation in Dillenburg schließt zum Jahresende
Die Geburtsstation in Dillenburg wird geschlossen: Ab dem kommenden Jahr werden hier wegen Personalmangels keine Kinder mehr zur Welt gebracht. Schwangere in der Region müssen jetzt deutlich weitere Wege auf sich nehmen.
Die Geburtsstation der Lahn-Dill-Kliniken in Dillenburg schließt zum Ende des Jahres. Laut Mitteilung des Klinikums fehlen schlicht Belegärzte: Davon gibt es in Dillenburg drei, eine Ärztin hat zum Jahresende gekündigt, die beiden anderen gehen absehbar in den Ruhestand.
Trotz intensiver Suche habe das Klinikum keine neuen Belegärzte finden können, heißt es vom Klinikverbund. Am vergangenen Freitag informierte die Geschäftsführung die Beschäftigten der Klinik über die Entscheidung. Belegärzte arbeiten dort auf Abruf und müssen im Notfall innerhalb kurzer Zeit vor Ort sein.
Gegen die drohende Schließung hatte es seit Monaten Proteste gegeben. Kritiker sagen, der Personalmangel sei vorgeschoben, es gehe vielmehr darum, dass sich eine solche Station wirtschaftlich nicht rechnen würde. Zumal es nicht die erste Gebursstation in Hessen ist, die vor dem Aus steht.
Zuletzt 500 Babys geboren
Die erste Vorsitzende des Landesverbands der hessischen Hebammen, Martina Klenk, sagte bereits Anfang November dem hr, sie sehe das Hauptproblem darin, dass Kliniken unter finanziellem Druck stünden: "Krankenhäuser werden nur noch nach Wirtschaftlichkeit beurteilt, nicht mehr als soziale Institution." In Dilleburg seien zuletzt rund 500 Babys im Jahr geboren worden - an Nachfrage mangelt es demnach nicht.
Frauen, die sonst aus der Umgebung nach Dillenburg zur Entbindung gefahren wären, müssen ab dem kommenden Jahr mindestens 30 Minuten Fahrtzeit einplanen, um zu einer anderen Geburtsstation zu gelangen: Die Alternativen wären Siegen, Marburg, Wetzlar oder Gießen. Ärzte sehen solche Anfahrtszeiten gerade mit Blick auf mögliche Notfälle kritisch. Es gebe immer wieder Fälle, in denen durch einen Notfallkaiserschnitt Leben und Gesundheit von Mutter und Kind gerettet werden müssten, schreibt die Kassenärztliche Vereinigung Hessen: "Bei einer Anfahrtszeit von mehr als einer halben Stunde würde der Fetus dies nicht überleben."
Weitere Geburtshäuser vor der Schließung
In Nordhessen und in ländlichen Gebieten wie dem Vogelsbergkreis gebe es teils gar keine Versorgung mehr, kritisiert Hebamme Klenk. Aus Sicht des Landes ist die Versorgung von Schwangeren in Hessen dennoch gesichert. Um im ländlichen Raum künftig mehr Auswahlmöglichkeiten zu schaffen, folge das Sozialministerium einer der Handlungsempfehlungen, die mit dem "Runden Tisch Hebammen" erarbeitet worden sei, und prüfe derzeit das Konzept des "Hebammengeleiteten Kreißsaals". Diese werden allein von Hebammen geführt. Die Opposition im Landtag sieht dagegen raschen Handlungsbedarf.
In Dillenburg soll nach dem Willen der Geschäftsführung nun wenigstens die gynäkologische Abteilung weiter betrieben werden.
Anmerkung: In einer früheren Version war auch von einer anstehenden Schließung der Geburtshilfe in Fritzlar die Rede. Richtig ist: Einen Beschluss gibt es nicht; das Hospital zum Heiligen Geist in Fritzlar kämpft nach eigenen Angaben um die Gleichbehandlung bei der Verteilung der jährlichen Sicherstellungszuschläge für die Geburtshilfe.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 29.11.2022, 19.30 Uhr
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