Bundespräsident Steinmeier verlegt Amtssitz nach Stadtallendorf

Selten ist es so einfach, mit dem deutschen Staatsoberhaupt in Kontakt zu kommen. Frank-Walter Steinmeier arbeitet für drei Tage von Mittelhessen aus. Dabei will er auch spontan Bürger treffen.

Bundespräsident Steinmeier, ein weißhaariger Mann, mit einem beleibten Mann an einem Bäckerstand auf einem Wochenmarkt. Die beiden Verkäuferinnen sind von hinten zu sehen. Die beiden Männer lachen.
Bundespräsident Steinmeier bei seiner "Ortszeit" im niedersächsischen Nordhorn im vergangenen Jahr. Bild © picture alliance/dpa | Sina Schuldt
Videobeitrag

Steinmeier hat "Ortszeit" in Stadtallendorf begonnen

Bundespräsident Frank Walter Steinmeier
Bild © hr
Ende des Videobeitrags

Bundespräsident Steinmeier macht Station in Hessen - und zwar so richtig. Zum 14. Mal verlässt er für seine "Ortszeit Deutschland" Berlin und arbeitet drei Tage lang von einem anderen Ort aus. Vom 18. bis 20. März wird Stadtallendorf (Marburg-Biedenkopf) der offizielle Amtssitz des deutschen Staatsoberhaupts sein.

Das bedeutet, dass die Standarte auf dem Schloss Bellevue eingeholt und vor dem Parkhotel in Stadtallendorf aufgezogen wird. Frank-Walter Steinmeier will in Mittelhessen offizielle Termine wahrnehmen, Gespräche mit Lokalpolitikern und Bürgern führen und sich Zeit für spontane Begegnungen nehmen.

Warum kommt Bundespräsident Steinmeier nach Hessen?

Mit seinem Besuch setzt Bundespräsident Steinmeier seine Reihe "Ortszeit Deutschland" fort, die ihn in verschiedene Regionen der Republik führen soll - fernab der Metropolen. Damit will Steinmeier vor Ort mit Menschen ins Gespräch kommen. Er bringe Zeit mit, sei ansprechbar und suche spontane Begegnungen, teilt das Bundespräsidialamt mit.

Steinmeier war bereits in 13 Bundesländern, beispielsweise in Arendsee in Sachsen-Anhalt oder Altenburg in Thüringen. In Hessen ist es die erste "Ortszeit." Entwickelt wurde das Konzept während der Corona-Pandemie.

Er wolle nicht einfach "irgendwo in Deutschland mit der Limousine vorfahren, eine Rede halten und wieder raus", sagte Frank-Walter Steinmeier im Talk mit hr1. Ihm gehe es darum, "das Gespräch der Gesellschaft mit sich selbst" wieder in Gang zu bringen. Er suche den Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern, auch über schwierige Themen, versicherte er.

Warum kommt Frank-Walter Steinmeier ausgerechnet nach Stadtallendorf?

Der Bundespräsident erklärte in hr1: Er sei auf der Suche nach Orten und Regionen, die ihn neugierig machten, "und eben gerade dort, wohin das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit nicht jeden Tag fällt". Konkret auf Stadtallendorf aufmerksam geworden sei er durch einen Artikel über Integration von Zugewanderten.

Die 22.000-Einwohner-Stadt östlich von Marburg hat eine bewegte Geschichte und gilt als wichtiger Industriestandort in der Region. Der italienische Süßwarenhersteller Ferrero errichtete dort 1956 seine erste deutsche Produktionsstätte. Ansässig sind weitere Unternehmen wie die Eisengießerei Fritz Winter, der Türgriff-Hersteller Hoppe und einige Zuliefer- und Transportbetriebe. Auch die Bundeswehr hat einen Standort in der Stadt.

Stadtallendorf hat eine besonders hohe Quote an Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, weil Heimatvertriebene, Aussiedler, im Ausland angeworbene Arbeitsmigranten oder Geflüchtete dorthin zogen. Heute leben in Stadtallendorf Menschen aus über 80 Nationen.

In der Zeit des Nationalsozialismus befand sich vor Ort die größte Munitionsfabrik Europas, wo rund 20.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter ausgebeutet wurden. Die Altlastensanierung durch Sprengstoffrückstände im Boden ist in der Region bis heute ein Thema.

Nach Ansicht des Bundespräsidialamts steht die Stadt in besonderer Weise für die erfolgreiche Integration von Zuwanderern. Außerdem setze sich Stadtallendorf in vorbildlicher Weise mit der eigenen Vergangenheit als Stätte nationalsozialistischen Unrechts auseinander. Der Bundespräsident will auch innovative Unternehmen wie die Eisengießerei Fritz Winter besuchen, die inmitten einer wirtschaftlichen Transformation seien.

Was hat Bundespräsident Steinmeier für seine Ortszeit in Mittelhessen geplant?

Bundespräsident Steinmeier wird am 18. März in Stadtallendorf erwartet. Mittags will ihn Bürgermeister Christian Somogyi (SPD) im Rathaus begrüßen. Nach Gesprächen mit weiteren Kommunalpolitikern, einem Eintrag ins Goldene Buch der Stadt und einem ersten Spaziergang durch den Ort soll er seinen vorübergehenden Amtssitz im Parkhotel beziehen.

In den folgenden Tagen will Steinmeier unter anderem Gedenkstätten, Vereine, Unternehmen und den Bundeswehrstandort besuchen. Auch zehn Verdienstorden an Menschen aus Hessen will er persönlich überreichen.

Geplant sind verschiedene Gesprächsformate, bei denen Bürgerinnen und Bürger mit dem Bundespräsidenten ins Gespräch kommen können. Steinmeier will zum Beispiel mit Jugendlichen an einem Boxtraining teilnehmen und eine Vereins- und Sportler-Gala besuchen. Hier geht es zum vollständigen Programm.

Kann man Steinmeier in Stadtallendorf spontan treffen?

Der Tagesablauf des Bundespräsidenten ist durchstrukturiert, wird aber nach Auskunft des Bundespräsidialamts aus Sicherheitsgründen nicht mit genauen Uhrzeiten veröffentlicht. Zwischendurch soll es bei der "Ortszeit" Spielraum geben, um Steinmeier spontan zu treffen. Möglich ist das zum Beispiel bei einem Spaziergang durch Stadtallendorfs Innenstadt am Dienstag.

Am Mittwoch will Steinmeier den Ortskern des dörflichen Außenstadtteils Schweinsberg besuchen, wo er an einem wöchentlichen Mittagstisch teilnehmen will. Eine weitere Möglichkeit zum Gespräch gibt es am Mittwoch im vorübergehenden Amtssitz im Parkhotel bei der "Kaffeetafel kontrovers". Dabei will Steinmeier mit geladenen Bürgerinnen und Bürgern über Zuwanderung und Integration diskutieren. Die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer traf das Bundespräsidialamt in Rücksprache mit der Stadt und mit dem Ziel, möglichst viele verschiedene Bevölkerungsgruppen abzubilden.

Wie bereitet sich Stadtallendorf auf den Besuch des Bundespräsidenten vor?

Von Namensschildern für Gesprächsrunden über die Sitzarrangements bei Veranstaltungen bis hin zum eigens eingerichteten Pressezentrum: Die Vorbereitungen in Stadtallendorf laufen seit Ende vergangenen Jahres.

Die Stadt stellte dafür ein vierköpfiges Organisationsteam auf, das im ausführlichen Austausch mit dem Bundespräsidialamt in Berlin war. Allzu sehr rausputzen wollte sich die Stadt nach eigener Auskunft nicht. Der Bundespräsident soll schließlich einen möglichst authentischen Eindruck von Stadtallendorf bekommen.

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de