Vorfreude und Kritik So blicken hessische Queers auf den CSD in Frankfurt

Beim Christopher Street Day versammeln sich Menschen der LGBTQ*+ Community, um Sichtbarkeit zu zeigen und gegen Diskriminierung zu demonstrieren. Während sich manche Teilnehmende auf den CSD in Frankfurt freuen, äußern andere Kritik. Ein Thema, vier Perspektiven.

Collage aus vier Portraits von jungen Menschen unterlegt mit regenbogenfarbigen Farbflächen.
CSD in Frankfurt: Vorfreude und Kritik vor Parade am 15. Juli Bild © Hans Lechner, Julius Gabele, Sarah Dusser, Latifah Cengel, hessenschau.de
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Bild © Hans Lechner, Julius Gabele, Sarah Dusser, Latifah Cengel, hessenschau.de| zur Audio-Einzelseite
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Bunte Fahnen, viel Glitzer und laute Musik. In Frankfurt ist es bald wieder so weit: Am 15. Juli findet der Christopher Street Day statt. Was oft aussieht wie eine schrille Party, ist aber vor allem eins: ein Protest. Menschen protestieren für die Rechte der LGBTQ*+ Community, für Akzeptanz und gegen Diskriminierung. Doch das Event wird innerhalb der queeren Szene kritisch betrachtet. Die vier hessischen Szene-Größen Vanessa P., Latifah Cengel, Thizzy und Tim P. haben uns erzählt, was sie von dem sogenannten "Pride-Event" halten.

Vanessa P.: "Die Community erwartet mich beim CSD"

Vanessa P. steht seit über 30 Jahren als Drag-Queen auf der Bühne. Auch beim Frankfurter CSD ist sie schon mehrfach aufgetreten.

Drag Queen Vanessa P.
Vanessa P. steht seit 31 Jahren als Drag-Künstlerin auf der Bühne. Bild © Hans Lechner

Bei dem bunten Großevent auf der Bühne zu stehen, sei etwas besonderes, sagt Vanessa. "Es ist ein anderes Gefühl als sonst auf der Bühne. Ich sage dann: Ich gebe jetzt alles für diese Community. Ich stehe auf der Bühne als Drag-Künstlerin." Sie wolle den Leuten sagen: "Traut euch, ihr könnt das auch." Als bekannte Szene-Künstlerin wird sie jedes Jahr auf dem Event erwartet. "Die Menschen fragen sich: Wie wird Vanessa dieses Jahr aussehen? Was wird sie anhaben?"

Vanessa wünscht sich einen noch gesellschaftsfähigeren CSD. "Man muss nicht mit nacktem Hintern da herumlaufen", sagt Vanessa. Das fördere nicht unbedingt Akzeptanz. Außerdem plädiert sie für mehr Polizeipräsenz. Die gesellschaftliche Stimmung gegenüber queeren Menschen sei nicht durchweg gut, immer wieder komme es zu Angriffen. "Mehr Polizei würde die Täter abschrecken", sagt Vanessa.

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Der Ursprung vom CSD

Den Ursprung hat der Christopher Street Day in New York. In der Nacht zum 28. Juni 1969 fand in der queeren Bar Stonewall Inn in der Christopher Street eine Razzia statt. Die Nacht war der Beginn eines mehrtägigen Widerstands gegen Polizeiwillkür, Gewalt und Diskriminierung.

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Latifah Cengel: "Das spricht für mich gegen alles, für was Pride im Ursprung steht"

Latifah Cengel ist 23 Jahre alt. Sie wohnt in Offenbach und arbeitet als Journalistin. Sie geht nicht zum CSD.

Journalistin Latifah Cengel steht draußen in der Sonne
Latifah Cengel fühlt sich auf dem CSD nicht gesehen. Bild © Latifah Cengel

Latifah ist 2020 nach Frankfurt gezogen und war bisher einmal auf dem CSD in Frankfurt. Das habe gereicht, sagt Latifah. "Auf dem CSD in Frankfurt ist immer ein Stand der Polizei dabei. Das ist absolut widersprüchlich, wenn man sich den Ursprung vom CSD anschaut." Das sei ein Protest gegen Polizeigewalt und gegen die Polizei in New York gewesen, so Latifah. "Das spricht für mich gegen alles, für was Pride im Ursprung steht."

Latifah findet, dass es den CSDs an Diversität mangelt. Sie sieht sich und die BIPoC Community dort nicht vertreten. Um Räume zu schaffen, in denen sie sich sicher und gesehen fühlen, organisiert Latifah selbst Events. "Diese konzentrieren sich auf Menschen, die bei den großen Pride Events nicht so repräsentiert sind. Für mich ist das die beste Alternative zum CSD: Optionen schaffen, die direkt aus den Communitys kommen, die bisher nicht gesehen wurde."

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Das bedeutet BIPoC

BIPoC ist die Abkürzung für Black, Indigenous und People of Colour. Der Begriff ist eine Selbstbezeichnung von Menschen, die Rassismus erfahren.

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Thizzy: "Ich bin nicht so oft auf den großen Paraden"

Thizzy ist 24 Jahre alt und Musiker:in und Rapper:in aus Wiesbaden. Ob Thizzy in diesem Jahr beim Frankfurter CSD dabei ist, ist noch unklar.

Musiker:in Thizzy bei einem Konzert
Thizzy findet: Beim CSD dreht es sich um queere Menschen und deren Rechte. Bild © Julius Gebele

"Für mich war der Christopher Street Day schon immer mehr politischer Ausdruck und weniger Party", sagt Thizzy. In Großstädten wie Frankfurt dominiere allerdings seit Jahren das Feiern auf dem Großevent. "Kleinere CSDs, wie zum Beispiel in Wiesbaden, schaffen es besser, die Balance zwischen Party und Protest zu halten. Trotzdem kann ich nachvollziehen, dass die queere Community beim CSD auch mal richtig feiern möchte."

Bei den großen Pride-Events sind in jedem Jahr auch viele Menschen unterwegs, die nicht Teil der LGBTQ+ Community sind, sich aber als Unterstützerinnen und Unterstützer dieser verstehen. Das sei zwar schön, allerdings fehle Thizzy hier manchmal das Bewusstsein dafür, dass es beim CSD um die queeren Menschen geht. "Irgendwas stört mich daran, dass viele Menschen diesen Tag als Zufluchtsort nehmen, um sich wild und bunt zu fühlen."

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Thizzy möchte nicht in Schubladen wie Mann oder Frau gesteckt werden. Daher verzichten wir auf Personalpronomen wie "er" oder "sie" und nutzen stattdessen den Namen Thizzy.

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Tim P.: "Der CSD in Frankfurt ist der höchste Feiertag des Jahres"

Tim P. ist 37 Jahre alt und arbeitet als Lehrer und DJ und wohnt in Frankfurt. Als DJ "Frau Laura" ist er schon auf dem Frankfurter CSD aufgetreten.

DJ Frau Laura
Am Tag Lehrer, am Abend DJ: Frau Laura vom Kollektiv "Mitte der Gesellschaft". Bild © Sarah Dusser

Tim tritt unter dem Namen Frau Laura als DJ auf und veranstaltet mit dem Party- und Kunstkollektiv "Mitte der Gesellschaft" queere Veranstaltungen. Für ihn hat der Christopher Street Day in Frankfurt eine besondere Bedeutung. "Der CSD in Frankfurt ist der höchste Feiertag des Jahres, er war mein erster und bleibt der wichtigste CSD für mich. An diesem Tag verwandelt sich meine Heimatstadt zu etwas Buntem, Verrücktem und Schrillem."

Den CSD bunt und kreativ ausleben zu können, ist Tim wichtig. Denn der Protest ist eine Ausdrucksweise von Menschen, die um Akzeptanz bitten. Dazu gehöre auch das offene Präsentieren von Fetischen, sagt er. "Ich verstehe einfach nicht, warum manche Menschen etwas dagegen haben. Der Christopher Street Day ist nun mal kein Familienevent: Es muss nicht so in Watte gepackt sein, dass es Mama-Papa-Kind gefällt." Fetische gehörten dazu.

Quelle: hessenschau.de/Susanne Mayer/Bernhard Böth