Arbeitsklamotten zum Designerpreis Die Tricks der alten Bosse: Weiterer Prozess zum AWO-Skandal in Frankfurt
Die juristische Aufarbeitung um die frühere Korruption in den AWO-Kreisverbänden Frankfurt und Wiesbaden geht weiter. Derzeit sitzt ein Ex-Abteilungsleiter auf der Anklagebank. Es geht um Betrug und Untreue. Die Verhandlung zeigt, wie der Verband einst abgezockt wurde.
Nur wenige Meter trennen am Mittwoch im Gerichtssaal 7 im Frankfurter Landgericht den Zeugen Christian M. und den Angeklagten Klaus R., einst Abteilungsleiter bei der Frankfurter AWO. Doch zwischen den Jugendfreunden von damals liegen inzwischen offenbar Welten. Beide vermeiden es, einander in die Augen zu schauen.
Zeuge und Angeklagter früher Schulkameraden
Vor ein paar Jahren war die Verbindung der beiden Männer noch intakt, zumindest beruflich. Zeuge M. war Immobilienmakler. R., mit dem er dieselbe Frankfurter Schule besuchte, stieg bei der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt (AWO) zum Abteilungsleiter auf. 2017 kam eine neue Aufgabe hinzu. R. wurde Geschäftsführer der neu gegründeten AWO-Frankfurt-Tochter Protect. Und Zeuge M. wurde als Makler eingebunden.
Dreimal Provision für ein Quartier
Für diese Maklertätigkeit war M. bereits 2023 wegen Beihilfe zur Untreue rechtskräftig verurteilt worden. Denn für die Vermittlung des Quartiers für die AWO Protect im Frankfurter Stadtteil Oberrad hatte er gleich dreimal Provision verlangt – und bekommen: vom Vermieter, vom AWO-Kreisverband Frankfurt und von der Protect. Die beiden Letztgenannten überwiesen laut Anklage jeweils rund 5.700 Euro.
Warum für die Vermietung der leerstehenden Räume im Obergeschoss M. als Makler beauftragt wurde, ist unklar. Die AWO kannte das Gebäude in Oberrad gut, sie betreibt im Erdgeschoss eine Kita.
Recherchearbeit, für die es keine Belege gibt
Als die AWO Protect schon auf die Zahlungsunfähigkeit zusteuerte, hat M. nach eigenen Angaben in deren Auftrag noch bundesweit recherchiert, welche Einrichtungen von Wohlfahrtsverbänden "Bewachungsbedarf" hätten.
In Rechnung gestellt hat er dafür Beratungsleistungen im Umfang von fast 24.000 Euro. Der USB-Stick, auf dem die geleistete Arbeit dokumentiert sein soll, ist nach Angaben des Gerichts aber "unauffindbar".
Prozess gegen das Ehepaar Richter steht noch aus
Der Prozess in Saal 7 ist ein Verfahren unter vielen, die der AWO-Skandal nach sich zog. Es gab etliche Schuldsprüche - vor allem wegen Minijobs, die bezahlt, aber nicht geleistet wurden.
Ein großes Strafverfahren gegen das Ehepaar Hannelore und Jürgen Richter, die früheren Chefs der AWO- Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden, steht derzeit noch aus.
Arbeitskleidung über Bande – zum mehr als dreifachen Preis
In dem nun laufenden Verfahren gegen Klaus R. und eine ehemalige Mitarbeiterin geht es auch um den Kauf von Arbeitskleidung. Demnach zahlte die Firma eines Mittelsmanns für die Ware 14.000 Euro, um sie dann für 50.000 Euro an die AWO Protect weiterzuverkaufen. Der Gewinn soll laut Gericht unter den Beteiligten aufgeteilt worden sein.
Reisekosten werden zum Beratungshonorar
Auch eine Reise der Richters und einiger Vertrauter nach Israel im Herbst 2018 ist Gegenstand des Verfahrens. Die AWO Protect soll die "Luxusreise", wie das Gericht sie nennt, bezahlt haben - mit 15.000 Euro getarnt als Beratungshonorar. Auch diese Zahlung wurde über eine zwischengeschaltete Firma abgewickelt.
Dabei taucht in den Gerichtsakten derselbe Name auf wie beim Deal mit der Arbeitskleidung. Der Mann, in sehr vertraut wirkenden Textbotschaften, die dem Gericht vorliegen, als "Meni" angesprochen, soll als Zeuge aussagen. Er ließ sich am Mittwoch "aus persönlichen Gründen" entschuldigen und wurde für kommende Woche erneut geladen.
Das Urteil in diesem Prozess wird im Juni erwartet.