Kita der Arbeiterwohlfahrt Ehefrau des Frankfurter OB erhält höheres Gehalt als üblich
Die Arbeiterwohlfahrt gab der Frau des Frankfurter Oberbürgermeisters Feldmann als Kita-Leiterin ein deutlich höheres Gehalt als üblich und einen Dienstwagen. Die AWO rechtfertigt das mit dem besonderen Charakter der Einrichtung.
Zübeyde Feldmann, die Ehefrau des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann (SPD), bekam von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ein deutlich höheres Gehalt als Mitarbeiter in vergleichbaren Positionen zugestanden. Die damals 29-Jährige wurde im Oktober 2015 vom AWO-Kreisverband Frankfurt als Leiterin der ersten deutsch-türkischen Kindertagesstätte "Dostluk - Freundschaft" angestellt. Damals war sie bereits mit Feldmann liiert, aber noch nicht verheiratet.
Aus internen Belegen der AWO, die dem hr vorliegen, geht hervor, dass sie bereits im September 2017 die höchste mögliche Bezahlung in ihrer Tarifgruppe bekam. Um die Endstufe zu erreichen, müsste eine Mitarbeiterin normalerweise 17 Jahre lang in dieser Tarifgruppe arbeiten.
Experte sieht Verstoß gegen das Besserstellungsverbot
"In Einrichtungen, die nach dem Tarif des öffentlichem Diensts bezahlen, gibt es zwar einen gewissen Spielraum bei der Bezahlung, aber der ist äußerst gering", erklärt Rupert Graf Strachwitz vom Berliner Maecenata Institut für Philanthropie und Zivilgesellschaft. "Im öffentlichen Dienst muss es eine gewisse Steigerungsfähigkeit geben. Die kann es aber nicht geben, wenn man von vorneherein an der Spitze einsteigt", sagte der Politikwissenschaftler dem hr.
In der Eingruppierung sieht er einen Verstoß gegen das Besserstellungsverbot, wonach gemeinnützige Träger wie die AWO nicht besser bezahlen dürfen als im öffentlichen Dienst. Die AWO Frankfurt wendet den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst an und bekommt ihre Personalkosten von der Stadt Frankfurt pauschal zurückerstattet.
Die Endstufe sechs bedeutet ein um knapp 1.000 Euro höheres Bruttogehalt im Monat. Im September 2017 wurde Zübeyde Feldmann von der AWO auch ein Dienstwagen gestellt. Ob sie immer noch über einen Dienstwagen verfügt, ist unklar. Fraglich ist auch, ob sie nach ihrer Elternzeit aktuell wieder in der Kita arbeitet. Zübeyde Feldmann hat diesbezügliche Fragen bislang nicht beantwortet. Von der AWO Frankfurt heißt es: "Aus Datenschutzgründen können wir zu den genannten Fragen keine Auskunft erteilen."
Der AWO-Kreisverband steckt bereits wegen Betrugsermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt in einer Krise. Dabei geht es um Ermittlungen gegen namentlich nicht genannte Verantwortliche wegen Betrugs und Untreue mit Geld der Stadt Frankfurt.
Gehaltszahlungen aus "Mitarbeiter-Pool"
Weitere Zahlungen an die spätere Ehefrau des Frankfurter Stadtoberhaupts werfen Fragen auf. Bevor Zübeyde Feldmann die Kita-Leitung übernahm, erhielt sie Geld vom AWO-Kreisverband Wiesbaden. Sie stand auf der Gehaltsliste eines sogenannten Mitarbeiter-Pools, die dem hr vorliegt.
Die Kosten für die Gehälter aus diesem Mitarbeiter-Pool hat sich der AWO-Kreisverband Wiesbaden dann von der AWO Frankfurt zurückerstatten lassen - und zwar deklariert als "Zuwendung". Offenbar war das geübte Praxis. Im Jahr 2013 wurden so beispielsweise Gehaltszahlungen von 129.000 Euro unter dem Verwendungszweck "Förderung Altenhilfe" von der AWO Wiesbaden zurückgefordert.
Wofür die damalige Partnerin des Oberbürgermeisters ihr Gehalt in Wiesbaden genau bekam, geht aus den Listen nicht hervor.
"Vermutlich nicht ganz sauber"
"Man kann vermuten, dass das nicht ganz sauber ist. Denn das Wort Zuwendung hat bei Gehaltszahlungen nichts verloren", sagt Strachwitz. Regulär müsste genau aufgeschlüsselt werden, wer für welche Tätigkeit wie viel Geld bekommt.
Beide Kreisverbände wurden viele Jahre von einem Ehepaar geführt. Hannelore Richter führte in der Zeit, als die Partnerin des Frankfurter OB in Wiesbaden auf der Gehaltsliste stand, die Geschäfte des dortigen Kreisverbands. Ihr Mann Jürgen Richter leitete den Kreisverband in Frankfurt. Fragwürdige Doppelfunktionen und personelle Überschneidungen in beiden Verbänden wurden vor kurzem von der Frankfurter Neuen Presse aufgedeckt.
AWO: Einrichtung mit Modellcharakter
Die Kita Dostluk sei "eine besondere Einrichtung mit Modellcharakter", rechtfertigte die AWO am Mittwoch (20.11.19) die Eingruppierung. "Durch das bilinguale Konzept und die Bedeutung der Einrichtung für die deutsch-türkische Community werden besonders hohe Ansprüche an die Einrichtungsleitung gestellt, die auch in angemessener Weise vergütet werden müssen." Dennoch erhalte "die Angestellte die unterste Vergütungsgruppe der für Kita-Leitungskräfte vorgesehene Gehaltsgruppen".
Weiter heißt es in der AWO-Stellungnahme: "Die Netzwerkarbeit für den Erfolg der bilingualen Kindereinrichtung, z.B. mit Vereinen, Moscheen und Verbänden bringt viele Abendtermine und Termine außerhalb der Kita mit sich." ... "Der Kita-Leitung wurde, um ihre Aufgaben zu erfüllen ein Ford Focus zur Verfügung gestellt."
Vorwürfe gegen Feldmann selbst
Frankfurts Oberbürgermeister selbst hat enge Verflechtungen mit der AWO. Vor seiner Wahl ins Chefzimmer im Römer hatte Feldmann eine Stabsstelle für Belegungsmanagement bei der zur AWO Frankfurt gehörenden Johanna-Kirchner-Stiftung.
"Er war nicht der Erste aus der SPD, der versorgt wurde", erinnert sich eine ehemalige AWO-Mitarbeiterin, die anonym bleiben will. Für ihn sei eine Stelle geschaffen worden, die es vorher nicht gegeben habe und die nach seinem Wechsel in das OB-Amt auch nicht mehr besetzt worden sei.
"Man nannte diese Stelle Belegungsmanagement, obwohl dafür schon drei Mitarbeiter zuständig waren", sagt die Ex-Mitarbeiterin. Eine spürbare Verbesserung der Belegungszahlen der Altenheime habe es zu Feldmanns Zeiten jedenfalls nicht gegeben.
Ex-Kollegin berichtet von Wahlkampf im Altenhilfezentrum
Tatsächlich habe er von seinem Büro im Johanna-Kirchner-Altenhilfezentrum aus Wahlkampf gemacht, Gäste empfangen und Besprechungen abgehalten. "Dann wurde ein Tisch auf der Terrasse oder im Speisesaal einladend gedeckt," erinnert sich die Mitarbeiterin. Sie habe nicht wahrgenommen, dass er an der eigentlichen Arbeit interessiert gewesen sei.
Anm. d. Red.: Der im Bericht zitierte Rupert Graf Strachwitz ist Politikwissenschaftler und nicht Jurist, wie es zunächst in einer ersten Version. Wir haben das korrigiert.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau kompakt, 19.11.2019, 19.30 Uhr