Embryonenspende im Ausland Der umstrittene Weg zum Wunschkind

Ein unerfüllter Kinderwunsch kann psychisch sehr belastend sein. Manchen Betroffenen gibt die Aussicht auf eine Embryonenspende Hoffnung. Weil sie hierzulande verboten ist, gehen dafür hessische Paare ins Ausland.

Frau mit Kind
Eine Embryonenspende verhalf Katja Feuerbacher zu ihrem Wunschkind David. Bild © hr/Rothkranz
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Katja – Die Embryonenspende war meine letzte Chance

Mutter und Kind rutschen auf dem Spielplatz
Mutter Katja Feuerbacher mit ihrem zweijährigen Sohn David Bild © hr
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Katja Feuerbacher aus Hünstetten (Rheingau-Taunus) hatte schon immer den Traum, Mutter zu werden. Doch ihre Unfruchtbarkeit schien ihr Ziel unerreichbar zu machen.

Bis die 47-Jährige von der Möglichkeit einer Embryonenspende im Ausland erfuhr und beschloss, diese letzte Chance zu nutzen.

Doch der Weg sei von Vorwürfen und Ablehnung geprägt gewesen, erzählt Feuerbacher. Ihr damaliger Mann habe sogar mit der Scheidung gedroht und versucht, ihre Eltern und Freunde gegen sie aufzubringen. Freunde hätten sie angerufen und gesagt: "Wie kannst du nur? Geh zu deinem Mann zurück. Ihr seid doch so ein tolles Paar."

Spende trotz drohender Scheidung

Trotz der Vorwürfe hielt die Tierärztin an ihrem Wunsch fest. Gegen den Willen ihres damaligen Ehemannes reiste sie nach Spanien, wo die Embryonenspende erfolgreich durchgeführt wurde.

Mittlerweile ist ihr Sohn David zwei Jahre alt. Auch wenn ihr Mann sich wegen der Entscheidung tatsächlich von ihr scheiden ließ, erlebe sie nun ein erfülltes Elternsein mit einem neuem Partner.

Embryonenspende: Was ist das?

Feuerbachers Leidensdruck ist keine Seltenheit in Hessen. Fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ist nach Angaben des Sozialministeriums ungewollt kinderlos. Wenn es auf natürlichem Wege nicht klappen will, bleiben nur noch wenige Möglichkeiten. Eine davon ist die Embryonenspende.

Bei der Methode entsteht das Embryo aus der Ei- und der Samenzelle zweier Spender. Dieses wird dann in die Gebärmutter der Empfängerin eingesetzt, die das Kind austrägt. Anders als bei der Adoption eines bereits geborenen Kindes wird das genetische Erbgut des Spenderpaares übertragen.

Samenspende erlaubt, Embryonenspende verboten

Während die Samenspende in Deutschland erlaubt ist, ist die Embryonenspende nach dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) von 1990 grundsätzlich verboten. Damit soll verhindert werden, dass Kinder zwei Mütter haben - die biologische Mutter und die Gebärende, auch soziale Mutter genannt.

Das bedeutet: Liegt es am Mann, dass eine Schwangerschaft nicht klappt, dürfen Mediziner versuchen zu helfen. Doch wenn das Problem bei der Frau liegt, insbesondere wenn gesunde Eizellen fehlen, gibt es in Deutschland keine Option für eine Eizell- oder Embryonenspende. Paare müssen sich in andere Länder begeben, zum Beispiel nach Spanien oder Tschechien, um diese Hilfe zu erhalten.

Kontroverse Debatte um Embryonenspende

Ein Hauptargument für das Verbot ist die Sorge, dass die "gespaltene Mutterschaft" dem Kind psychisch schaden könnte. Dieses Argument ist allerdings wissenschaftlich widerlegt. "Wir wissen, dass die Bindung in diesen Familien genauso stabil ist wie zwischen Kindern und ihren genetischen Eltern. Dazu haben wir relativ viel Forschung", erklärt Familientherapeutin Petra Thorn aus Mörfelden-Walldorf (Groß-Gerau).

Einige Befürworter der Embryonenspende argumentieren deshalb, dass das Verbot in Deutschland das Kindeswohl indirekt beeinträchtige. Schließlich würden Paare so förmlich ins Ausland getrieben werden.

Experten schätzen, dass jedes Jahr mehrere tausend Paare in Deutschland für ihren Kinderwunsch ins Ausland gehen. Doch in anderen Ländern würden oft anonyme Spenden genutzt, weshalb das Kind häufig keine Möglichkeit hat, die genetischen Eltern kennenzulernen. In Deutschland ist das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung zwar im Grundgesetz verankert. Doch in der Praxis muss am Ende ein Gericht dieses Recht gegen den Schutz der Privatsphäre abwägen.

Kritik und Forderungen nach Gesetzesmodifizierung

Kritiker der Spende haben oft ethische, moralische oder religiöse Einwände gegen die Entnahme von Embryonen aus einer anderen Familie oder gegen die künstliche Schaffung von Embryonen im Labor.

Eine weiteres Argument ist, dass die Würde des Embryos bei einer Spende nicht geschützt werde. Zudem sind Schwangerschaften mit fremden Eizellen deutlich risikobehafteter als solche mit eigenen Eizellen.

Der Chefarzt der Frauenklinik am Bürgerhospital Frankfurt, Franz Bahlmann, spricht sich trotzdem für eine Modifizierung der Gesetzeslage aus: "Eine Lockerung ist wünschenswert, weil die Einstellung der Menschen heute anders ist als noch 1990. Damit es jedoch nicht zu einer Kommerzialisierung von Eizellspenden kommt, wären entsprechende rechtliche Regelungen notwendig."

Deutscher Ärztinnenverband: "Gesetz ist veraltet"

Auch der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB) unterstützt eine Lockerung des ESchG von 1990. Das Gesetz werde den technischen Entwicklungen der Reproduktionsmedizin und den gesellschaftlichen Veränderungen nicht mehr gerecht.

Embryonenspenden seien eine wünschenswerte Möglichkeit für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch. Vor- und Nachteile sollten von den Paaren abgewogen werden. "Wir fordern aber auch, dass dafür ein neues Reproduktionsmedizin-Gesetz erlassen werden muss, damit kein Missbrauch und keine Ausnutzung der Frauen erfolgt."

Wie kläre ich mein Kind auf?

Mit dem Kind zusammen kommen auch viele Fragen auf die Welt. Wie und wann erkläre ich meinem Kind den Weg, wie es gezeugt wurde, wenn genau dieser Weg in der Gesellschaft so kontrovers diskutiert wird? 

Frau mit Kind
Mutter Feuerbacher und Sohn David Bild © hr/Rothkranz

Feuerbacher beschäftigt diese Frage: "Ich möchte, dass mein Kind weiß, wie besonders es ist und dass ich so hart dafür gekämpft habe." Gleichzeitig befürchtet sie aber, dass ihr Kind negative Gefühle haben könnte, wenn es erfährt, dass es mit einer Embryonenspende gezeugt wurde.

Der DÄB empfiehlt eine "frühe und altersgerechte Aufklärung über die Zeugungsart ab dem Vorschulalter". Familientherapeutin Petra Thorn sieht das genauso und betont, wie wichtig es dabei sei, kindgerechte Begriffe zu nutzen. Beispielsweise könne man vom "netten Mann" und der "netten Frau" statt vom "Spender" und der "Spenderin" sprechen. "Ich kenne keine Kinder, die auf Dauer sehr mit der Zeugungsgeschichte gehadert haben", sagt Thorn.

Der Kampf um die gesellschaftliche Anerkennung

Befeuert durch ihren Leidensweg und ihr jetziges Mutterglück möchte Feuerbacher die gesellschaftliche Anerkennung und Legalisierung von Embryonenspenden in Deutschland vorantreiben. Weil viele Menschen negativ auf das Thema reagieren, möchte sie aufklären und es aus der "Tabuzone" holen.

"Es muss raus. Ich will, dass es die ganze Welt weiß", sagt sie. "Wie viele Menschen müssen noch lügen oder sich krankschreiben lassen, weil sie ins Ausland reisen müssen, um ihre Embryonenspende durchzuführen?" Mit ihrer Geschichte möchte sie andere ermutigen, offen und selbstbewusst mit ihrer Zeugungsgeschichte umzugehen.

Weitere Informationen

Sendung: hr-fernsehen, Close up, 27.04.2023, 21.45 Uhr

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Quelle: hessenschau.de