Fan-Zone am Main zur EM Festival-Stimmung, Public Viewing und Pfandbon-Frust
1.400 Meter Fußball-Feeling: Zehntausende Fußballfans strömen zur Europameisterschaft auf die Fan-Zone am Frankfurter Mainufer: Ein Ort zum Mitfiebern, für schnelle Bälle und erste Dates.
Andrei hat eine Trommel umgeschnallt - um "richtig Stimmung" zu machen, wie er sagt. Sein fünfjähriger Sohn Nikolas schwenkt stolz eine Rumänien-Fahne. Vater und Sohn sind an diesem Tag aus dem 150 Kilometer entfernten Heilbronn zur Fan-Zone am Frankfurter Mainufer gekommen.
"Alle, die kein Ticket mehr fürs Stadion bekommen haben, kommen hier her", erklärt der 34 Jahre alte Vater. Und mit ihm sind tatsächlich viele Fans gekommen. Zahlreiche blau-gelb-rot-bekleidete Rumänien-Fans strömen in den abgesperrten Bereich am Main. Gleich spielt die rumänische Nationalmannschaft im wenige Kilometer entfernten Waldstadion gegen die Slowakei.
"Wir hätten natürlich auch zuhause schauen können, aber wir haben lieber den langen Weg auf uns genommen, um hier mit anderen Rumänen zu feiern", erklärt er. "Hier ist es viel besser." Wer wisse schon, wann das nächste Mal wieder ein solch wichtiges Turnier vor der Haustüre stattfinde.
1,4 Kilometer Fußball-Feeling
"Fußball-Feeling pur" verspricht die Stadt Frankfurt an der 1,4 Kilometer lange Fan-Zone am Main während der Fußball-Europameisterschaft 2024. Alle 51 Spiele werden hier gezeigt - zehn große Bildschirme hat die Stadt dafür aufstellen lassen und es sich was kosten lassen: Rund 14 Millionen Euro kostet der Fan-Bereich. 30.000 Menschen passen rein.
Die Fan-Zone selbst ist so etwas wie eine Flaniermeile. Es gibt Essensstände und natürlich auch Gelegenheiten, sich das ein oder andere Kaltgetränk zu kaufen. Es gibt aber auch Trinkwasserstationen und Sonnencremespender am Wegrand.
Dass auf beides - Sonnencreme und Wasser - an diesem Tag oft zurückgegriffen wird, ist dem Wetter geschuldet. Oder gedankt. Bis auf 31,8 Grad klettert das Thermometer in der Stadt. Trotzdem kommen viele Fans.
Torwand-Schießen, RoboKeeper, Speedkicken
Auch wer schon vor den Spielen anreist, kann sich hier die Zeit vertreiben. Es gibt Torwandschießen mit einem Roboter-Torwart (bei dem so schnell keiner ins Netz trifft) oder Speedkicken, bei dem die Geschwindigkeit des eigenen Schusses gemessen wird.
Von dort kommen auch gerade Florian aus Idstein und Elisa aus Kassel. Die beiden haben sich auf ihr erstes Date an der Fan-Zone getroffen. Florian ist 24 Jahre und trägt - vermutlich aufgrund der Namensgleichheit - ein Deutschlandtrikot mit der Nummer 17, die Nummer von Florian Wirtz. Er hat der 23-jährigen Elisa auch ein Trikot mitgebracht. Es ist eines von der Weltmeisterschaft 2014.
Den beiden imponiere der "riesige Fernseher auf dem Wasser" und meinen damit die von der Stadt als "Big Screen" bezeichneten großen Leinwände. Darauf wollen sie gleich Fußball schauen. Und beim Speedkicken? "Ich habe 63 km/h geschafft", erklärt Elisa, Florian sogar 103 km/h.
Trainieren auf Fußballplatz im Wasser
Nebenan, zwischen Holbeinsteg und Untermainbrücke, befindet sich der "Floating Pitch": ein schwimmender Fußballplatz auf dem Main. Hier kann jeder kicken oder sich einen Slot zum Trainieren buchen, so wie es die D-Juniorinnen vom SC Riedberg gemacht haben.
In ihrer knallgrünen Vereinskluft stürmen sie über den weichen Kunstrasen. Wer die Augen schließt, könnte meinen, in einem Stadion zu sein. Denn von nebenan dröhnt aus den großen Line-Array-Lautsprechern der echte EM-Sound. Wer die Augen wieder öffnet, sieht im Hintergrund die beeindruckende Frankfurter Skyline und das Museumsufer auf der anderen Mainseite. Auf dem Fluss schieben Frachtschiffe das Mainwasser vor sich her. Polizeiboote patrouillieren auf dem Wasser.
Wer Hunger verspürt, kann den an einem der vielen Essensstände stillen: Ob mit Döner, Pasta, Grüner Soße, Indisch - oder ganz klassisch mit einer Bratwurst. Currywurst mit Pommes etwa kosten elf Euro. Für den Becher Bier sind sieben Euro fällig - dazu drei Euro Pfand: Stadionpreise.
Gute Laune am Getränkestand - trotz Pfand-Frust
Das mit dem Pfand führt mitunter zu Frust. "Ich kann es schon im Schlaf aufsagen, dass es mir Leid tue, aber ich auch nichts dafür kann und den fremden Becher nicht annehmen darf", erklärt die 25 Jahre alte Sarah aus Frankfurt, die an einem Getränkestand arbeitet. Es gibt kein einheitliches Pfandsystem. Die Kunden müssen ihren Becher beim gleichen Stand zurückgeben. Das nervt viele.
Mit Sarah im Team ist die 25-jährige Ilona aus Hundstadt, einem Teil von Grävenwiesbach (Hochtaunus). Wenn die beiden die Pfandthematik mal ausklammern, dann finden sie es hier ganz toll.
"Ich hatte heute Morgen schlechte Laune, aber seit ich hier bin, ist alles super", lacht Sarah. Und Ilona ergänzt, dass oft so eine Art Festivalstimmung aufkomme. Allerdings seien es meist immer dieselben Lieder, die aus den Lautsprechern dröhnten: Europes "Final Countdown" oder die Fußballhymne "Wavin' Flag".
Da kommt man offenbar schon mal auf verrückte Ideen. Seit sie ein Etikettiergerät in die Hand bekommen haben, heißt ihr Kühlschrank an dem Stand Kühlfrank.
Kurz bevor das Spiel der Rumänen gegen die Slowakei beginnt, sitzt Alexandru noch im Schatten neben einer Leinwand. Er trägt ein Trikot der rumänischen Nationalmannschaft und hat sich eine große, blau-gelb-rote Fahne als eine Art Schal umgebunden. Sicherlich viel zu warm für die Temperaturen in der Stadt, aber was tut man nicht alles, um sein Team zu unterstützen.
Aus der Nähe von Bruchsal sei er mit dem Zug angereist. "Schon am Hauptbahnhof war alles voller Rumänen, die gesungen haben", so der 18-Jährige. "Ich habe mich kurz gefragt, ob das real ist", freut er sich. Er sei hier um mitzufiebern, die Hymne zu singen und das Spiel zu feiern.
Das Spiel endet schließlich 1:1. Ein Ergebnis, mit dem beide Mannschaften gut leben können. Beide stehen im Achtelfinale. Die Fan-Zone sowie die Stadt haben ihm Spaß gemacht, sagt Alexandru. "Das ist wie Urlaub. Ich hätte nicht gedacht, dass Frankfurt so schön ist."
Redaktion: Andreas Bauer
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 26.6.24, 19.30 Uhr