Angebliche Aktientipps auf Social Media ARD-Moderatorin Anja Kohl geht gegen Fake-Profile vor
Zahlreiche gefälschte Profile auf Facebook und Instagram werben mit angeblichen Investmenttipps der ARD-Börsenexpertin Anja Kohl. Nun geht die Journalistin juristisch dagegen vor.
Seit mehr als 20 Jahren berichtet Anja Kohl für die ARD. Als eines der Gesichter von "Wirtschaft vor acht" schauen tagtäglich rund zwei Millionen Menschen ihre Einschätzungen von der Frankfurter Börse. Konkrete Tipps zu Anlagestrategien gibt die Journalistin und Moderatorin in der vom Hessischen Rundfunk (hr) produzierten Sendung nicht - auch nicht auf anderen Plattformen.
Trotzdem kursieren auf Facebook und Instagram zahlreiche vermeintliche Profile von Kohl, die genau das versprechen. "Lassen Sie uns hochwertige Vermögenswerte entdecken, die vom Markt unterbewertet werden", heißt es in einer Anzeige eines solchen angeblichen Profils der ARD-Journalistin.
Echte Fotos, falsche Versprechen
Vom Überwinden der "Grenzen des traditionellen Anlagedenkens" ist ebenso die Rede wie von einer "täglichen Liste mit drei Aktien, bei denen ich erhebliche Preissteigerungen erwarte". Auch zu einer "Austausch-Investmentgruppe" bei WhatsApp wird eingeladen.
Obwohl die Anzeigen oft mit echten Bildern von Kohl versehen sind – mal steht sie mit Blazer in der Börse, mal in Funktionskleidung im Wald – und der Text etwa mit den Worten "Mein Name ist Anja Kohl. Moderator der ARD-Sendung 'Wirtschaft vor acht'" eingeleitet wird, entspricht nichts davon der Wahrheit. Alle Profile sind gefälscht, Kohl selbst ist weder bei Facebook noch bei Instagram aktiv.
"Raub meiner Identität"
"Das ist ein Raub meiner Identität", sagt Anja Kohl. "Jemand gibt sich für mich aus, mit allen Details, und versucht mit meinem Namen zu betrügen." Diese Situation sei für sie sehr belastend.
Den ersten Post dieser Art habe sie bereits Ende Februar entdeckt, berichtet sie. "Ich habe sofort die Polizei eingeschaltet und Strafanzeige gestellt." Zusätzlich habe sie einen Anwalt eingeschaltet.
Trotzdem habe dies kaum Wirkung gezeigt: Zwar seien einzelne Seiten und Beiträge gelöscht worden, doch an ihrer Stelle tauchten neue auf – "wie bei einer Hydra, bei der für jeden abgeschlagenen Kopf zwei neue nachwachsen", beschreibt es Kohl.
Die Betrüger gehen mit hoher krimineller Energie vor. Zitat von Anja KohlZitat Ende
Um sich zu wehren, müsse sie gegen jedes einzelne Fake-Profil Anzeige erstatten und die gefälschten Beiträge einzeln melden. Besonders erschwerend sei, dass sie selbst kein Facebook-Konto habe. Zudem kritisiert Kohl, dass Meta die gestellten Strafanzeigen bislang ignoriert habe. "Das Problem ist, dass Meta die Identität nicht überprüft. Jeder kann ein Profil anlegen und sich für mich ausgeben", beklagt sie.
Auch ARD prüft Schritte
"Es liegt nicht nur ein klarer Fall von Identitätsmissbrauch vor, sondern angesichts der unseriösen Kaufempfehlungen auch ein strafrechtlich relevanter Betrug", teilt der hr mit. Trotz zahlreicher Hinweise auf die gefälschten Accounts und betrügerischen Aktivitäten habe der Mutterkonzern von Facebook und Instagram, Meta, zunächst nicht reagiert.
Neben Kohl selbst prüfe daher auch die ARD geeignete Schritte, den Missbrauch der Identität von Anja Kohl und den Verweis auf die ARD und ihre Marken zu unterbinden. Meta äußerte sich auf Anfrage am Freitag zunächst nicht.
In einem ähnlichen Fall war der Mediziner und ARD-Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen vor das Oberlandesgericht Frankfurt gezogen. Dieses verpflichtete Meta, zahlreiche gefälschte Videos zu löschen, in denen von Hirschhausen angeblich für Abnehmmittel warb.
"Geben weder Geld- noch Anlagetipps"
"Wir alle in der ARD-Finanzredaktion erklären Zusammenhänge aus dem Bereich Wirtschaft – wir übersetzen Finanzen und Wirtschaft in einfache Sprache", sagt Markus Gürne, Leiter der ARD-Finanzredaktion.
"Was wir nicht tun, ist Tipps zu geben. Weder Geld- noch Anlagetipps. In keiner Form. Wenn es also gerade auf Social Media Profile gibt wie im Augenblick von Anja Kohl, dann ist das ganz einfach eine Fälschung und hat nichts mit ihr und uns zu tun."
Seiten teils ohne Follower
Wer sich die angeblichen Profile von Anja Kohl genauer anschaut, der könnte ohnehin stutzig werden. Viele der Seiten enthalten keine Beiträge und haben nicht einen einzigen Follower. Sie wurden offenbar nur für die gesponserten Anzeigen erstellt.
Andere Seiten, denen mehrere hundert bis mehr als 1.000 Facebook-Nutzer folgen, führen in der Seiten-Info Adressen in Vietnam oder New York City auf.
Dennoch werden diese Anzeigen den Nutzerinnen und Nutzern bei Facebook ungefragt in den Feed gespült. Auf diesem Weg erreichen sie auch Menschen, die gar nicht aktiv nach vermeintlich kostenlosen, schnellen Anlagetipps suchen – aber dennoch auf die hinterlegten Links klicken könnten.