Schon kleine Mengen tödlich Fentanyl erreicht Frankfurt – Stadt zeigt sich "hoch alarmiert"
In den USA ist Fentanyl seit Jahren Hauptursache für Drogentote. Jetzt gibt es erste Hinweise, dass das gefährliche Opioid auch Frankfurt erreicht hat. Die Stadt schlägt Alarm.
In den USA sind Opioide wie Fentanyl schon länger im Umlauf. Nun kommen die Stoffe offenbar auch nach Deutschland. Mitarbeiter des Drogenkonsumraums der Integrativen Drogenhilfe in Frankfurt haben Ende Januar 48 Verpackungen von Heroin auf Beimischungen von Fentanyl getestet, 25 davon positiv.
Die Substanz wirkt 50- bis 100-fach stärker als Heroin und wird in der Medizin bei starken Schmerzen eingesetzt.
Die Tests seien anschließend durch ein Labor bestätigt worden, sagte der Einrichtungsleiter der Integrativen Drogenhilfe, Ronald Schneider. Die Klienten und Klientinnen des Konsumraums hätten das verunreinigte Heroin im Anschluss dennoch konsumiert, sagte Schneider, ohne dass es zu Überdosierungen gekommen sei.
In den vergangenen 30 Jahren, seit Bestehen der Drogenkonsumräume, sei hier noch kein Mensch an einer Überdosis gestorben.
Kleinste Mengen sind tödlich
In den USA starben hingegen allein im Jahr 2023 nach Angaben der Drogenbehörde DEA rund 107.000 Menschen nach Drogenkonsum, mehr als 70 Prozent davon wegen einer Opioid-Überdosis. Fentanyl ist dabei besonders tückisch: Kleinste Mengen können bereits tödlich sein, die Dosierung der Droge ist kaum möglich. Eine Überdosis kann zu einem Atemstillstand führen.
Nach Angaben des Bundeskriminalamts wird das auf dem europäischen Markt verfügbare Heroin knapper. Grund dafür könnte unter anderem der Rückgang des Schlafmohnanbaus in Afghanistan unter den Taliban sein.
Die Folge: Der Reinheitsgehalt sinkt, die Preise steigen, und das Risiko der Streckung mit gefährlichen Substanzen wie Fentanyl oder Nitazenen nimmt zu. Diese gelten als günstig und einfach herzustellen.
"Absoluter Blindflug"
Die Stadt Frankfurt und Drogenhilfe-Leiter Schneider fordern deshalb, dass das Land Hessen ein Bundesgesetz, das quantitative "Drug-Checking-Programme" ermöglicht, schnell umsetzt. Dann könnten die Konsumierenden mit Schnelltests ihr Heroin auf seinen Fentanylanteil testen.
Bisher stehen in den Konsumräumen nur qualitative Schnelltests zur Verfügung. Sie zeigen lediglich an, ob Fentanyl enthalten ist - nicht aber, wie viel.
Eine weitere Maßnahme sei die erhöhte Bereitstellung von Naloxon-Nasenspray, eines verschreibungspflichtigen Gegenmittels, das die Wirkung von Opioiden aufhebt und dadurch bei einer Überdosierung die Atmung wiederherstellt. Das Gegenmittel wird in Notfällen in den Konsumräumen in Frankfurt verabreicht.
Schneider appelliert an alle Menschen mit Heroinabhängigkeit, ausschließlich in den Einrichtungen der Integrativen Drogenhilfe oder zumindest nicht alleine zu konsumieren: "Wer heute Stoff von der Straße kauft, begibt sich in einen absoluten Blindflug hinein." Zudem fordert er den vereinfachten Zugang zu Substitution und Ersatzmedikamenten.
Stadt nicht in Panik, aber alarmiert
In Frankfurt sei eine vergleichbare Krise wie in den USA nicht zu erwarten, sagte der Sprecher des Drogendezernats. Fentanyl werde in Deutschland deutlich seltener verschrieben als dort. Dennoch befürchtet er, dass sich das Problem der Beimischung zum Straßenheroin verstetigt. "Wir sind als Stadt wegen der Funde hoch alarmiert."
Der Drogenmarkt sei in Bewegung, sagt der Sprecher des Drogenreferats: "Wir sehen Entwicklungen wie den Crack-Boom, das Auftauchen der Modedroge Lachgas - und jetzt zunehmend synthetische Opioide." Frankfurt plane aktuell ein neues Suchthilfezentrum, um schneller auf Veränderungen im Drogenmarkt reagieren zu können.
Auch Einrichtungsleiter Schneider nimmt die Entwicklungen sehr ernst: "Wir sind nicht in Panik. Aber wir wollen vorbereitet sein und wollen wissen, was auf der Straße unterwegs ist. Nur so können wir auch effektiv erste Hilfe in den Konsumräumen leisten."