Neue Suchthilfeeinrichtung Frankfurt will keine Crack-Abhängigen von außerhalb anlocken

Die Droge Crack dominiert das Frankfurter Bahnhofsviertel. Nun plant die Stadt ein neues Suchthilfezentrum für Crack-Abhängige. Betroffene von außerhalb will man damit aber nicht anlocken. Stadt und Polizei fordern deshalb, dass auch andere Städte Konsumräume einrichten.

Eine Hand mit schmutzigen Fingernägeln Zündet eine Crackpfeife an
Die Droge Crack wird in kleinen Pfeifen geraucht. Bild © picture-alliance/dpa
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Vor den Drogenhilfeeinrichtungen in der Elbe- und Niddastraße im Frankfurter Bahnhofsviertel ist die offene Drogenszene zu beobachten. Dort finden die Drogenabhängigen alles, was sie suchen: Dealer, Drogen, soziale Kontakte und professionelle Hilfe. Aus diesem Grund zieht das Bahnhofsviertel Suchtkranke aus ganz Süddeutschland an.

Die offene Szene sorgt für Probleme: Anwohner beschweren sich über Lärm und Müll, Geschäftsleute fürchten den Rückgang ihrer Umsätze, Menschen, die durchs Viertel müssen, fühlen sich unsicher und die Drogenkranken sind häufig psychisch und physisch in einem schlechten Zustand.

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Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) will nach eigenen Angaben "eine gewisse Ordnung in den öffentlichen Raum reinbringen, eine Balance". Ihm schwebt ein Stadtteil für alle vor.

Das Bahnhofsviertel soll demnach Ausgehviertel bleiben, Anwohner und Arbeitnehmer sollen sich sicher fühlen und Suchtkranke sollen Hilfe bekommen - doch nicht mehr alle Suchtkranken.

OB: "Können nicht allen ein Angebot machen"

Der Oberbürgermeister, der Polizeipräsident Stefan Müller und die Sozialdezernentin Elke Voitl (Grüne) fordern unisono, dass auch andere Städte sich um ihre suchtkranken Bürger kümmern sollen.

Frankfurt ist die einzige Stadt in der gesamten Region, die Drogenhilfeeinrichtungen wie etwa Druckräume bereitstellt.

Mehr als die Hälfte der Abhängigen kommt aber gar nicht aus Frankfurt - ein Drittel nicht aus Hessen. Mike Josef betont, "angesichts begrenzter Kapazitäten werden wir schauen müssen, dass wir nicht allen ein Angebot machen können, die nach Frankfurt kommen."

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Frankfurter Drogenszene

Laut Polizei gehören rund 200 Suchtkranke zur offenen Drogenszene auf den Straßen des Bahnhofsviertels in Frankfurt. Zusätzlich nutzen nach Angaben der Stadt circa 3.000 weitere Menschen das Angebot der Konsumräume.

44 Prozent davon geben an, in Frankfurt zu wohnen. Rund 27 Prozent kommen aus anderen hessischen Städten wie Offenbach und Darmstadt. Der Rest stammt unter anderem aus Mainz, Stuttgart und München.

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Schweiz als Vorbild für Hessen?

Frankfurts Polizeipräsident Stefan Müller drückt sich weniger diplomatisch aus. Er akzeptiere, dass es Drogenhilfeeinrichtungen im Bahnhofsgebiet gebe. "Dann aber bitte nicht für Menschen aus anderen Bundesländern", sagt er.

Vorbild ist Zürich. In der Schweiz ist es gesetzlich geregelt, dass Städte Drogenhilfeeinrichtungen anbieten müssen. In Deutschland ist das nicht der Fall, Frankfurt hat sich freiwillig dazu entschieden, diesen Weg zu gehen und damit bereits vor 30 Jahren ein Exempel in Deutschland statuiert.

Ewig getrieben - Crack hat alles verändert

Die Drogenszene hat sich über die Jahrzehnte verändert: Crack ist zur Hauptdroge und somit zum Hauptproblem geworden. Die Droge auf Kokainbasis wird nicht, wie etwa das ebenfalls weit verbreitete Heroin, aufwendig gespritzt, sondern geraucht. Die abhängigen Menschen stellen sich kurz in einen Hauseingang oder suchen eine ruhige Ecke, zünden kleine Steine in einer Pfeife an und ziehen daran.

Anders als Heroin putscht Crack die Konsumierenden auf und die Wirkung vergeht schnell. Die Abhängigen brauchen schnell Nachschub, sind getrieben und schlafen kaum.

Die Folge: Sie sind nicht in den Drogenkonsumräumen anzutreffen, sondern immer auf der Straße unterwegs. Dort verursachen sie nach Angaben der Stadt zusätzlichen Lärm, Dreck und Kriminalität.

Neues Drogen- und Suchthilfezentrum im Bahnhofsviertel geplant

Deshalb plant die Stadt nach eignen Angaben ein neues integriertes Drogen- und Suchthilfezentrum im Bahnhofsviertel - speziell für Crackabhängige. Mehrere Immobilien stehen zur Auswahl.

"Dort soll es einen Bereich geben, in dem Crack unter Aufsicht geraucht werden darf", kündigt Sozialdezernentin Elke Voitl (Grüne) an.

Die Dezernentin will dort aber vor allem auch medizinische und therapeutische Hilfe, sowie Schlafplätze anbieten. "Ich hätte gerne einen Ort, wo sich die Menschen aufhalten können, nämlich auch, damit wir sie von der Straße bekommen."

Sozialdezernentin fordert finanziellen Ausgleich vom Land

Auch Sozialdezernentin Voitl befürchtet, dass ein neues Hilfsangebot neue Suchtkranke aus anderen Städte und Bundesländern anlocken könnte.

Sie fordert, dass auch andere Kommunen Hilfe anbieten. Die Drogenhilfe sei teuer und Frankfurt würde anderen Städten die Arbeit abnehmen. Es sei auch nötig, dass es "übers Land einen Ausgleich gibt, für die finanziellen Aufwendungen, die wir in Frankfurt haben."

Konsumräume wollen niemanden abweisen

Die Leitungen und Mitarbeiter der Frankfurter Konsumräume sind laut Frankfurts Polizeipräsident nicht erfreut über die Idee, auswärtige Abhängige eventuell abweisen zu müssen.

Allerdings käme das auch jetzt schon vor, dann etwa, wenn ein Hausverbot erteilt wurde. "Ich kümmere mich dann mit meinen Beamten darum, dass es keine Problme gibt", so der Polizeipräsident.

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Frankfurter Weg

Am 2. Dezember 1994 wurde in Frankfurt Deutschlands erster offizieller Konsumraum für Drogen eröffnet. Drogenabhängige wurden damit zum ersten Mal überhaupt als schwer kranke Menschen anerkannt – und nicht mehr als Kriminelle abgestempelt. Das führte dazu, dass die Zahl der Drogentoten in Frankfurt rasant sank und sich entgegen dem Deutschlandtrend weiterhin auf niedrigem Niveau hält.

Derzeit gibt es in Hessens größter Stadt vier Drogenkonsumräume. Sie bieten insgesamt 37 Plätze für den intravenösen Konsum und 17 Rauchplätze. In den Räumen werden täglich rund 400 Konsumvorgänge gezählt und 2.800 sterile Spritzen ausgegeben

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Redaktion: Katrin Kimpel

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de