Eine junge Frau lächelt in die Kamera. Hinter ihr ist eine Schafherde auf einer Wiese zu sehen.

Es ist ein wenig bekannter Dienst an Natur und Demokratie: Im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) können sich junge Leute in nützlichen Jobs ausprobieren. Doch die Bewerberzahlen sind rückläufig.

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30 Jahre Freiwilliges Ökologisches Jahr

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"Komm, komm, komm!" Zara Lotzkat muss nur kurz rufen und auf den geöffneten Zaun aufmerksam machen. Und schon spurten 130 Schafe und ihre 200 Lämmer los - voller Vorfreude auf das frische Gras auf der neuen Weidefläche. Dieser Umzug steht jeden Tag an. Und damit: Zäune umstellen, die Tränken mit frischem Wasser füllen, die Batterie an den Elektrozaun anschließen.

Typische Aufgaben für die 19-jährige Zara. Seit zehn Monaten absolviert sie ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr auf dem Landschaftspflegehof Stürz in Pfungstadt (Darmstadt-Dieburg). Nach dem 11. Schuljahr ging es ihr gesundheitlich nicht gut, sie brauchte einen Wechsel.

Bei Wind und Wetter draußen

"Körperliche Arbeit wollte ich einfach mal ausprobieren und ich hatte auch überlegt, in die Landwirtschaft zu gehen", erzählt sie. Die Arbeit mit den Schafen sei ein guter Test dafür, bevor man sich in eine Ausbildung stürze. Zara Lotzkat gibt aber auch zu: "Bei jeder Jahreszeit draußen zu sein, ist schon anstrengend. Ich glaube, ich habe ein bisschen unterschätzt, was das körperlich bedeutet."

Ein Umzug auf eine andere Weide kann schon mal mit einem Fußmarsch von mehreren Kilometern verbunden sein. Zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter. Und trotzdem schwärmt Zara von den besonderen Momenten mit den Tieren. Mitzuerleben, wie ein Lamm heranwächst, das sie selbst mit der Flasche aufgezogen hat, das sei "ein Highlight".

Freiwillige bringen frischen Wind

Unterstützung von FÖJ-lerinnen wie Zara können sie auf dem Landschaftspflegehof Stürz gut gebrauchen. Der Betrieb arbeitet mit ihnen seit acht Jahren. Geschäftsführerin Maria Meyen sieht darin viele Vorteile. Vor allem brächten die jungen Leute neue Perspektiven ein - gegen die Betriebsblindheit. "Sich zu hinterfragen, warum Arbeitsschritte so sind und nicht anders, das verändert auch im Betrieb manchmal noch was", sagt die Chefin.

Mehr als 500 Schafe gibt es dem Betrieb. Robuste Landschafe, die das ganze Jahr draußen sind. Ihr Job: vierbeinige Rasenmäher sein. Dort, wo Maschinen nicht hinkommen oder hindürfen, etwa im Naturschutzgebiet bei Pfungstadt. Hier halten die Schafe die Schneise der Hochspannungstrasse frei, damit dieser die Bäume nicht zu nahe kommen.

Viele Stellen unbesetzt

In Hessen gibt es etwas mehr als 200 FÖJ-Stellen. Die Freiwilligen lernen dabei zwölf Monate lang einen Berufszweig kennen. Dabei liegen die Dienststellen längst nicht nur auf Bauernhöfen, Jobs gibt es auch in der Forschung oder Umweltpädagogik. Dafür bekommen sie ein Taschengeld, bei Zara Lotzkat sind es insgesamt 330 Euro im Monat. Bei anderen ist es weniger, dafür werden häufig Unterkunft und Verpflegung gestellt. Gefördert wird das durch Bundes- und Landesmittel. Im hessischen Haushalt sind für den aktuellen Jahrgang laut Umweltministerium rund 380.000 Euro eingeplant.

Eigentlich eine gute Gelegenheit für 16- bis 26-Jährige, sich beispielsweise nach einem Schulabschluss zu orientieren, wie es weitergehen soll. Doch obwohl es das Angebot seit 30 Jahren gibt, interessieren sich nach Angaben der Landesregierung immer weniger junge Leute für das FÖJ. Stellen bleiben häufig unbesetzt.

Umweltstaatssekretär Daniel Köfer (CDU) erklärt sich das außer mit den Folgen der Corona-Pandemie so: "Mittlerweile entscheiden sich viele junge Leute für ein Studium oder eine Ausbildung, sie werden ja aktuell von allen Berufszweigen umworben." Das mache dem FÖJ Konkurrenz.

FÖJ kann Lebenswege prägen

Am Donnerstag gab es einen Aktionstag, der das FÖJ bekannter machen soll. Daran beteiligte sich auch Zara Lotzkat.

Neben ihrer Arbeit auf dem Schäferhof in Pfungstadt engagiert sie sich im basisdemokratischen Sprecher*innen System als Landessprecherin Hessen. Gerade dieser Teil des Freiwilligenjahrs habe ihr viel gegeben, erzählt sie. Aus ihrer Sicht sei das sogar geeignet, die Zivilgesellschaft und die Demokratie zu stärken.

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"Der Austausch mit anderen Freiwilligen auf den Seminaren ist super“, sagt Zara. Sie spricht von einem "Testjahr, wo es auch noch Betreuung gibt oder pädagogische Beratung, falls es Probleme gibt". So habe sie jetzt eine viel bessere Vorstellung davon, welche Studiengänge zu ihren Interessen passten.

Ihren Lebensweg habe das auf jeden Fall verändert, so stellt sie es dar. Dank dem FÖJ hat sie nun neue Kraft für einen zweiten Anlauf für das Abitur. Nach den Sommerferien will Zara Lotzkat wieder die Schulbank drücken. Ihre Perspektive: einen guten Job finden, bei dem sie viel draußen ist, in der Natur und mit Tieren. Vielleicht ja auch mit Schafen.

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