Gewalt gegen Frauen in Hessen nimmt zu Sieben Jahre lang Schläge, Tritte und psychische Manipulation
8.557 Frauen waren 2023 in Hessen von häuslicher Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner betroffen. 500 mehr als im Jahr davor. Eine der Geschichten hinter dieser Statistik ist die von Denise Janusch.
In der eigenen Wohnung spürt Denise Janusch Anfang 2022 Todesangst. Ihr damaliger Partner drückt ihr erst die Luft ab, bevor er sie weiter misshandelt: "Er hat mich an den Haaren gepackt und auf den Boden gerissen und angefangen auf mich einzutreten. Gegen meinen Bauch und meinen Rücken."
Die 28-Jährige versucht ihr Gesicht zu schützen, auf das der Ex-Partner mit der anderen Hand einschlägt: "Ich konnte mich nicht wehren. Ich hatte Todespanik."
In Hessen werden immer mehr Fälle von häuslicher Gewalt erfasst. 2023 waren es laut Innenminister Roman Poseck so viele wie nie zuvor. 8.557 Frauen waren Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner ausgesetzt – 500 mehr als im Vorjahr. Seit 2014 steigen die erfassten Fallzahlen konstant. Experten gehen außerdem von einer hohen Dunkelziffer aus.
Denise Januschs beispielhafter Fall
Mehrere tausend Frauen machen jährlich Erfahrungen wie die von Denise Janusch. Ihr Fall ist exemplarisch. Mit 17 kommt sie mit ihrem Ex-Partner zusammen. "Ich kannte das nicht, dass sich jemand so um mich sorgt und bemüht. Ich habe das genossen", erinnert sich Janusch an die glückliche Anfangsphase.
Nach acht Wochen wird Janusch ungeplant schwanger. Noch während der Schwangerschaft beginnen die Übergriffe durch ihren Partner. Trotzdem bleibt Janusch jahrelang mit dem Gewalttäter zusammen und bekommt drei weitere Kinder mit ihm. Unter den Übergriffen leidet schließlich die komplette Familie.
Die Attacken gegen die Mutter steigern sich – bis sie das Gewaltniveau an dem Abend Anfang 2022 erreichen, als Janusch glaubt, sterben zu müssen. An diesem Abend sei ihre damals fünfjährige Tochter Naomy von dem Lärm wach geworden. Denise muss durchatmen, bevor sie erzählt: "Sie schrie dann auch: Lass die Mama los, die stirbt! Mein Gesicht war von den Schlägen blutverschmiert und mein Oberteil zerissen."
Denise Janusch hat sich oft gefragt, warum sie ihren Partner nicht einfach verlassen konnte. Sie meint: "Diese Menschen wissen genau, was sie sagen müssen, damit du dich bindest." Ihr Ex-Partner habe sich oft tränenreich bei ihr entschuldigt. Sie habe sich manipulieren lassen und sei so in eine emotionale Abhängigkeit geraten.
Verein half Denise aus der Beziehung
Den Weg aus der laut Janusch "toxischen" Beziehung fand sie am Ende mit Hilfe von Svenja Beck und deren Verein "Toxische Beziehungen überwinden e.V.". Svenja Beck und der Verein in Otzberg helfen Betroffenen, die Beziehungen endgültig zu verlassen. Janusch ist dafür sehr dankbar: "Das war meine Rettung, die Svenja. Ich wäre sonst bestimmt zu ihm zurückgegangen."
Mithilfe des Vereins habe sie Schritt für Schritt gelernt, die Verhaltensmuster ihres Partner zu erkennen und sich von ihm zu lösen. Auch wenn ihr Ex-Partner nach der Trennung immer wieder bei ihr auftaucht: "Er hat ein Jahr massiv Terror gemacht." Immer wieder habe er sich Zutritt ihrer Wohnung verschafft und sie weitere Male misshandelt.
Am Ende schaltet Janusch die Polizei ein, die ihren Ex-Partner festnimmt. Er kommt in Untersuchungshaft, es folgt ein Prozess. Auch in der Vorbereitung auf die Gerichtsverhandlungen fühlt sie sich vom Verein von Svenja Beck gut unterstützt. Ihr Ex-Partner musste 14 Monate ins Gefängnis, ist mittlerweile aber wieder auf freiem Fuß.
Endlich Ruhe
Seitdem gibt es keinen Kontakt mehr zwischen der 28-Jährigen und ihrem Ex-Partner. Janusch ist seit anderthalb Jahren in einer neuen Beziehung: "Am Anfang war es schwierig. Ich war schwer traumatisiert." Sie sei aber sehr froh über ihren neuen Partner: "Er geht mit mir den Weg, auch wenn er noch sehr lang ist."