In Sorge nach Ampel-Aus Hausärzte fordern Reformen und warnen vor Praxis-Schwund

Der hessische Hausärzteverband fordert ein "Programm zur Rettung hausärztlicher Praxen". Die neue Bundesregierung müsse rasch umsetzen, was die gescheiterte Ampel nicht mehr geschafft habe. Mit Blick auf die Versorgung von Patienten drohe ein "Desaster".

Hausarztpraxis mit einer Patientenliege und einem Monitor daneben
Behandlungszimmer in einer Hausarztpraxis. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)
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Nach dem Aus der Ampel-Regierung in Berlin warnt der Hausärzteverband Hessen vor einem Desaster in der Gesundheitspolitik. Eine von Delegierten des Verbands am Samstag in Bad Soden-Salmünster (Main-Kinzig) verabschiedete Resolution erinnert daran, "dass alle Parteien wiederholt versprochen haben, die hausärztliche Versorgung stärken zu wollen".

Dies müsse dringend geschehen, mahnte der Verband: "Bei Lippenbekenntnissen darf es nicht bleiben." Das Problem sei lange bekannt, betonten die Hausärzte, und die Dringlichkeit sei hoch: Mehr als 95 Prozent der medizinischen Behandlungsfälle in Deutschland würden ambulant erbracht - vor allem von Hausärzten.

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Primärarztsystem und Entbudgetierung gefordert

Eigentlich wollte die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP ein Gesetz zur Entlastung von Hausarzt-Praxen beschließen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beteuerte im September: "Das Gesetz wird in den nächsten Wochen kommen und es muss kommen."

Doch das Scheitern der Ampel verhindert den Gesetzesbeschluss. Die hessischen Ärzte befürchten jetzt – ohne die Verbesserungen durch das Gesetz - einen drastischen Haus-Ärzte-Mangel. Sie halten ein "Programm zur Rettung der hausärztlichen Praxen" für dringend nötig.

Dazu gehört nach Ansicht des Hausärzte-Verbands:

  • Ein Primärarztsystem zur Patientensteuerung: Der Zugang zur nächsthöheren Versorgungsebene müsse über die Hausärztinnen und Hausärzte laufen. "So lassen sich eine unkoordinierte Inanspruchnahme des Gesundheitssystems verhindern und eine Über- und Unterversorgung mit medizinischen Leistungen eindämmen", heißt es in der Resolution.
  • Eine Entbudgetierung aller hausärztlichen Leistungen in Form einer neuartigen Gesamtvergütung: "Ist das Honorarvolumen aufgebraucht, müssten die Krankenkassen nachschießen", fordern die Hausärzte.
  • Eine Stärkung und Modernisierung des Medizinstudiums: Zum einen müsse der Staat weitere Studienplätze schaffen, "auch um dem gesellschaftlichen Wandel gerecht zu werden". Zum anderen müsse die Approbationsordnung reformiert werden.

Verband: 250 Hausärzte fehlen in Hessen

Bundesweit fehlen nach Angaben des Verbands rund 5.000 Hausärztinnen und Hausärzte, darunter 250 in Hessen. Rund 40 Prozent der Hausärzte in Deutschland seien älter als 60 Jahre.

"Damit ist klar, dass sich die Situation in den kommenden Jahren extrem zuspitzen wird", betonten die Delegierten des Hausärzteverbands Hessen. Die nächste Bundesregierung müsse sich hier vorrangig um Reformen kümmern, um nicht in unverantwortlicher Weise dazu beizutragen, "dass andernfalls der ambulanten hausärztlichen Versorgung ein Desaster droht".

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe