Fünf Jahre nach Ausbruch der Pandemie Corona setzt Kindern und Jugendlichen bis heute zu
Depressionen, Bewegungsmangel, Bildungslücken: Vor allem bei jungen Menschen sind die Corona-Folgen fünf Jahre nach Beginn der Pandemie noch spürbar. Viele Defizite wurden nach Meinung von Experten nicht aufgeholt.
Um den Jahreswechsel vor fünf Jahren herum breitete sich in China das Coronavirus aus, das wenig später die ganze Welt in Atem halten sollte. Die negativen Folgen sind noch heute spürbar. Besonders stark beeinträchtigten die strengen Auflagen zum Einhegen der Pandemie damals Kinder und Jugendliche, daran lassen Studien und Experten keinen Zweifel.
"Das Thema treibt uns alle ziemlich um", sagt etwa der hessische Landesvorsitzende des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ), Ralf Moebus. Viele Kinder hinkten bis heute in ihrer körperlichen Entwicklung zurück. Sie könnten zum Beispiel weniger gut hüpfen oder schlechter basteln. Mehr Kinder seien übergewichtig. Am stärksten seien die Kinder betroffen, die damals zwischen zehn und 14 Jahre alt waren. Rückblickend sagt Moebus: "Damals wurden viele Fehler gemacht."
Lehrer registrieren Veränderungen
Auch die Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht heute vieles anders als damals. "Die Schulschließungen werden inzwischen ganz überwiegend kritisch bewertet", fasst Thilo Hartmann, der Vorsitzende der GEW Hessen, das Stimmungsbild bei hessischen Lehrerinnen und Lehrern zusammen.
Zu den "nachhaltigen Folgen der Coronapandemie" zählen inhaltliche Schwächen - etwa beim Rechtschreiben oder in den Fächern, bei denen viel Stoff wegfiel. Die Lehrkräfte sehen auch allgemeine Veränderungen: Die Kinder könnten sich tendenziell schlechter konzentrieren und Stress schlechter regulieren als vor der Pandemie. Das liege aber auch daran, dass Heranwachsende immer mehr Zeit vor Bildschirmen verbrächten und problematische Inhalte konsumierten, sagt Hartmann.
"Gerade in der Pubertät war der Ausschluss vom Präsenzunterricht auch für die Persönlichkeitsentwicklung und die psychische Gesundheit problematisch", bilanziert Kinderarzt Moebus.
Dass die Defizite nach dem Ende der Maßnahmen nicht aufgeholt werden konnten, begründet die GEW auch mit dem allgemeinen Lehrkräftemangel.
Angst und Depressionen
Eine Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) unterstreicht die Feststellung der Lehrerinnen und Lehrer. Durch Corona haben sich mentale Gesundheit, körperliche Aktivität und das allgemeine Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen verschlechtert, heißt es darin. Die Befunde basieren auf Studien und Daten der repräsentativen COMPASS-Panelbefragung.
Während der Pandemie kam es demzufolge zu einem deutlichen Anstieg von Angstsymptomen und Depressionen bei Heranwachsenden. Vor allem in der Pubertät nahm die Häufigkeit deutlich zu. Die tägliche Bewegungszeit sank im Durchschnitt um 48 Minuten. "Eine Normalisierung lässt sich bis heute nicht feststellen", heißt es in dem Bericht.
Arzt fordert Rezept für Bewegung
Moebus und seine Kollegen müssen auch heute noch viele Patienten an Psychiater oder Psychologen verweisen, wie er berichtet. "Die Wartezeiten sind aber völlig indiskutabel", klagt Moebus.
Was die körperlichen Defizite betrifft, wünscht sich der Kinderarzt "ein Rezept für Bewegung", vielleicht auch für Theaterbesuche oder Musik: "Mein dringlichster Wunsch wäre eine vernünftige Gesundheitserziehung in der Schule."
Disclaimer: In einer früheren Version des Textes wurde ein Zitat des Landesvorsitzenden des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen, Ralf Moebus, verkürzt wiedergegeben. Dadurch wurde es missverständlich. Es entstand durch das Zitat der Eindruck, dass Ärzte am Anfang der Corona-Pandemie davon ausgingen, dass vorallem Kinder das Virus verbreitet hätten. Das Virus konnte von allen Menschen verbreitet werden.