"Morbiditäts- und Sozialatlas" der Barmer Hessen gesünder als Durchschnittsdeutsche, Nordhessen aber kränker
Verglichen mit dem deutschen Durchschnittspatienten haben Hessinnen und Hessen einer neuen Barmer-Erhebung zufolge durchaus eine geringere "Krankheitslast". Doch hessenweit gibt es eine Schräglage.
Die schlechte Nachricht zuerst: Die Menschen in Nordhessen sind kränker als in Südhessen. Die gute Nachricht: Insgesamt sind die Hessen und Hessinnen gesünder als der Bundesdurchschnitt. Das geht aus dem neuen "Morbiditäts- und Sozialatlas" der Barmer-Krankenkasse hervor.
Wenn der statistische Bundes-Durchschnittspatient eine "Krankheitslast" von 1,0 hat, liegt Hessen nach Barmer-Berechnungen bei 0,93. "Allerdings zeigen sich regionale Unterschiede: Wir haben ein deutliches Nord-Süd-Gefälle", sagte Martin Till, Chef der Barmer Hessen.
Nordhessen sind kränker als Südhessen
Die höchste "Krankheitslast" hat demnach der Werra-Meißner-Kreis mit 1,32. Auch Kassel, Waldeck-Frankenberg, Schwalm-Eder und der Vogelsbergkreis liegen über dem Mittel. Alle südlichen Landkreise liegen unter dem Durchschnitt. In Frankfurt und Darmstadt ist der Wert bei 0,82.
Eine Rolle dabei könnte die Altersstruktur in den Regionen spielen: So liegt die Anzahl der Einwohner und Einwohnerinnen im Alter von 80 Jahren und höher in der Stadt Kassel bei rund 6,6 Prozent, in Frankfurt nur bei rund 4,9 Prozent und in Darmstadt beispielsweise bei rund 5,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mit Daten von 2021 angibt.
Der Atlas ist nach Angaben der Barmer "bundesweit einzigartig", weil er erstmals anonymisierte Daten aus verschiedenen Quellen vernetze. Neben Daten zur Gesundheit wie Diagnosen vom Arzt oder im Krankenhaus und Arzneimittelrezepte wurden auch Sozialdaten wie Alter, Geschlecht, Bildung, Branche und Einkommen eingespeist. Bisher sind Daten von 2018 bis 2020 von neun Millionen Barmer-Versicherten in Deutschland eingepflegt, neuere Daten sollen nach und nach folgen.
In Hessen mehr Menschen mit chronischen Schmerzen
Auch über chronische Schmerzen oder Herzkrankheiten gibt der "Morbiditäts- und Sozialatlas" Aussagen: Wie häufig Menschen in Hessen unter chronischem Schmerz leiden, ist unter anderem von Bildung und Einkommen abhängig. Auch die Arbeit spielt eine große Rolle.
Im Bundesdurchschnitt sind 58 von 1.000 Einwohnern von chronischen Schmerzen betroffen, in Hessen 62. Die höchsten Werte haben der Werra-Meißner-Kreis (90 von 1.000 Einwohnern) und Hersfeld-Rotenburg und Fulda (jeweils 88 von 1.000 Einwohnern). Die wenigsten Betroffenen gibt es im Main-Taunus-Kreis gefolgt von Darmstadt, wo nur jeweils 44 von 1.000 Bürgern unter chronischem Schmerz leiden. Frauen sind mit 80 je 1.000 häufiger betroffen als Männer (45).
Menschen mit Bürojobs sind tendenziell gefährdeter
In der höchsten Einkommensgruppe sind es nur 20 von 1.000, in der niedrigsten 108 pro 1.000. Bei Menschen mit Abitur leiden 26 von 1.000 unter chronischem Schmerz, bei Hauptschulabsolventen 74 von 1.000. Schaut man auf die Berufe, zeigt sich, dass Bürojobs ein höheres Risiko für chronische Schmerzen darstellen als körperliche Arbeit: In der öffentlichen Verwaltung waren 48 von 1.000 betroffen, bei Landwirten und Förstern 15 von 1.000.
Dabei ist der Barmer zufolge aber die hohe Anzahl älterer Beschäftigter im öffentlichen Dienst zu beachten. Grenzt man im Atlas die Diagnose chronischer Schmerz auf die Altersgruppe 50 bis 59 ein, sind Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen mit 78 pro 1.000 vorn.
Herzkrankheiten sind in Hessen etwas seltener
Herzkrankheiten sind in Hessen etwas seltener als im Bundesdurchschnitt. In Hessen wurde diese Diagnose bei 241 von 1.000 Menschen gestellt. Das sind Osterkamp zufolge sechs Prozent weniger als im Bundesdurchschnitt. Die meisten Menschen mit Herzkrankheiten gibt es im Werra-Meißner-Kreis (334 von 1.000), die wenigsten in Frankfurt (192 von 1.000). Mit höherem Alter steigen die Zahlen an, Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Auch hier spielen Einkommen und Bildung eine Rolle: Bei Schlechterverdienenden zeigt der Atlas mehr als doppelt so viele Betroffene als bei Menschen mit hohem Gehalt, ebenso beim Bildungsabschluss. Unter den Branchen sind die niedrigsten Werte im Gastgewerbe (94 von 1.000), die höchsten in der öffentlichen Verwaltung (180 von 1.000). In der Altersgruppe 50 bis 59 gibt es die wenigsten Fälle bei Erziehung und Unterricht (224 pro 1.000) und die meisten im verarbeitenden Gewerbe (322 von 1.000).
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Sendung: hr3, 10.11.2022, 8 Uhr
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