Personalmangel in der Justiz Hessens Gefängnisse laufen auf Sparflamme
Personalmangel im Handwerk oder in der Pflege – davon haben die meisten schon gehört und ihn möglicherweise auch schon am eigenen Leib zu spüren bekommen. Aber auch die Justiz sucht dringend Personal und zwar nicht nur Vollzugsbeamte.
170 Stellen sind im hessischen Justizvollzug gerade nicht besetzt. Gesucht werden Sozialarbeiter, Ärzte, Psychologen oder Elektrotechnik-Meister - und natürlich Beamte für den Allgemeinen Vollzugsdienst, kurz AVD.
So wie der Beamte Dietz, dessen Vorname aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden soll. Er hat sich 2018 dazu entschieden, seinen Beruf im Einzelhandel aufzugeben und stattdessen bei der Justiz anzufangen. Weil der Job sicher ist, wie er sagt.
Zulage für JVA-Bedienstete soll steigen
Auf noch mehr solcher Quereinsteiger-Karrieren hoffen Justizminister Christian Heinz (CDU) und die kommissarische Leiterin der JVA Butzbach, Mareike Knappik, denn im Allgemeinen Vollzugsdienst fehlt es an Personal. Um das zu ändern, gibt es künftig mehr Geld. Die sogenannte "Gitterzulage" soll von 130 auf 160 Euro steigen.
Außerdem wird die Ausbildung verkürzt: Von 24 auf 20 Monate. So sollen die Beamten schneller in den Gefängnissen zur Verfügung stehen.
Personalmangel sorgt für Unzufriedenheit
Das ist aus Sicht von Wilma Volkenand auch dringend nötig. Volkenand ist die Hessische Landesvorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands, der Gewerkschaft für JVA-Bedienstete. Das fehlende Personal sorge für unzufriedene Mitarbeiter, sagt Volkenand.
"Dienstpläne, die heute zusammengeflickt werden, haben morgen keine Gültigkeit mehr", berichtet sie. Dadurch würden auch Ruhetage gestrichen, die Zuverlässigkeit für die Kollegen sei nicht gegeben.
Werbung für den Beruf auf Social Media
In den vergangenen Jahren sei die Zahl der Bewerber für die offenen Stellen im Justizvollzugsdienst zurückgegangen, sagt Anstaltsleiterin Mareike Knappik. Gegensteuern will das Justizministerium jetzt mit einer Kampagne auf Social Media, um die Berufe im Gefängnis überhaupt bekannt zu machen.
"Die Leute kennen natürlich die Polizei, weil sie sehen, was die macht. Aber was hinter den Gefängnismauern ist, wissen die meisten nicht", so Knappik.
Durchsetzungsvermögen und Menschenkenntnis
Der Job sei sicher nicht für jeden geeignet. "Man muss schon sehr durchsetzungsstark sein und gute Menschenkenntnis haben, um mit den Gefangenen umgehen zu können", berichtet der Vollzugsbeamte Dietz aus der Praxis.
Seine Kollegin Johannes ergänzt: "Wir haben hier schon eine sehr besondere Klientel, viele der Gefangenen haben eine Suchtproblematik oder psychische Probleme."
Personalmangel sorgt für weniger Angebot
Das Gefängnis in Butzbach hat derzeit ungefähr zehn unbesetzte Stellen. Damit sei die Pflicht zwar gewahrt, sagt Anstaltsleiterin Knappik. Aber für die Kür bleibe oft keine Kapazität.
Das bedeutet: Die Gefangenen werden bewacht und auch betreut, aber besondere Angebote für die Freizeit, wie zum Beispiel Sprachkurse, fallen oft hinten runter. Das wiederum erschwere die Resozialisierung der Inhaftierten, die von einem geregelten Alltag in der Haft auch später in Freiheit wieder profitierten.
Berufswechsel nicht bereut
JVA-Beamtin Johannes hat trotzdem bisher nicht bereut, nach zwanzig Jahren als Bürokauffrau vor vier Jahren in der JVA Butzbach angefangen zu haben. Sie schätze hier vor allem die Arbeit im Team.
Und ihr Kollege fügt hinzu, dass es auch schön sei, den Gefangenen etwas auf ihrem Weg mitgeben zu können.