Blick hinter den Bauzaun So geht die Sanierung des Sprudelhofs in Bad Nauheim voran
Der Sprudelhof, das Wahrzeichen von Bad Nauheim, ist seit einiger Zeit von der Außenwelt abgeschirmt. Denn hier wird denkmalgerecht saniert. Eine sehr kleinteilige Arbeit.
"Betreten der Baustelle verboten." Das steht auf den knallgelben Schildern am Bauzaun, die das Bad Nauheimer Wahrzeichen Sprudelhof umgeben. Der Sprudelhof war einst die Jugendstil-Badestätte für die Reichen im beginnenden 20. Jahrhundert.
Der alte Ruhm lässt sich heute nur noch erahnen. Deswegen gibt es diese Großbaustelle. Alle sechs Badehäuser werden nach und nach restauriert und saniert. Das ist eine enorme Herausforderung. "Man kann sich das noch gar nicht vorstellen", sagt Bürgermeister Klaus Kreß (parteilos) bei einem Rundgang über die Baustelle. Schon in ein paar Monaten soll im Badehaus 2 im Bad Nauheimer Sprudelhof der Sauna- und Kurbetrieb einziehen.
Aktuell ist die Wellness-Oase noch im Rohzustand. Die Handwerker sind quasi überall: Restaurator Steven Rose schlägt zum Beispiel mit einem kleinen Meißel den Putz ab, Bröckchen für Bröckchen. Darunter sind die ursprünglichen Malereien, die hier 1906 einst erstrahlten und jetzt wieder hervorgeholt werden.
In der Wartehalle, die direkt hinter der Baustellentür wartet, riecht es stark nach der Beize mit der die alten Farbschichten abgetragen werden. Darunter kommt zum Vorschein, wie es hier bei der Eröffnung mal ausgesehen hatte. Bunte Muster aus Druck mit goldener Farbe, genau richtig für die Könige, Kaiserinnen und Zaren, die hier zur Kur waren.
Die Buntglasfenster bleiben
Das Badehaus 2 ist in der Sprudelhof-Baustelle besonders. Denn hier soll, im Gegensatz zu den anderen Badehäusern, wieder ein Badebetrieb einziehen - von der im Dezember frisch eröffneten benachbarten Therme. Die Wartehalle wird Ruhebereich. Die meterhohen Buntglasfenster bleiben. Damit es drin aber auch im Winter mollig warm bleibt, musste energetisch einiges passieren.
Das ist nicht so einfach, denn hier ist alles denkmalgeschützt. Die Fenster bleiben. Sie sind aber zukünftig eher Deko-Objekt. In Richtung Innenhof ist eine neue Verglasung angebracht worden. Diese sehen die Besucherinnen und Besucher am Ende nicht.
Für Kristin Schubert vom Landesamt für Denkmalschutz ist die Baustelle Sprudelhof aber auch eine große Herausforderung. "Wir stehen hier auf Hessens bedeutendster Denkmalbaustelle im Moment."
Kein Abschlagen von altem Putz, kein Abkratzen, Abdichten oder neu streichen passiert ohne Absprache mit dem Denkmalschutz. Eine sehr kleinteilige Arbeit auf einer großen Baustelle. Die Handwerker sprechen jeden Schritt genau ab. "Wir können ja nicht einfach irgendwas dazu erfinden. Sondern wir wollen ja erhalten, sprich rekonstruieren", sagt Kirchenmaler Andreas Stark.
Das heißt: Zunächst wird die später dazu gekommene Farbe abgetragen, bis Stark und seine Kollegen an das Original kommen. Manchmal mit Meißel, manchmal mit Beize aus Knochenleim. Der Geruch liegt über der gesamten Baustelle. Wenn das Original sichtbar wird, wird nachgemischt und zusammen mit den Vertretern des Landes-Denkmalschutzes überlegt, wie es am originalgetreusten wird. Er und seiner Restauratoren-Kollegen haben noch jede Menge zu tun.
Während an einer Stelle noch abgetragen wird, wird an anderer schon neu gemalt. Zum Beispiel direkt an der Decke. Im Säulengang gibt es Stuck-Kassetten. Rechteckige Formen. Heute weiß, waren sie wohl mal mit gelb, ockerfarbenen Linien verziert. Dass lässt sich noch erahnen und soll jetzt wieder so aussehen. Dafür malt Andreas Stark die Linien nach, exakt, aber frei Hand. Das ist der nachher sichtbare Teil.
Neue Technik im alten Gebäude
Doch vieles auf der Baustelle soll auch noch verschwinden, zum Beispiel die Technik. Dafür musste viel neu eingebaut werden, damit der Saunabetrieb überhaupt erst möglich wird. Eine neue Lüftungsanlage, deren Zentrale sich auf dem Dachboden versteckt und jede Menge Leitungen. Dafür wurden eigene Kanäle in die Räume gebohrt, die Leitungen wurden verlegt und verschwinden wieder hinter Putz und alten Fliesen, die neu verlegt wurden.
Der Zeitplan ist straff. Im Herbst will der zuständige Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen fertig sein. Dann sollen auch die Saunen errichtet und der Übergang zur Therme abgeschlossen sein. Davon ist momentan noch nicht viel zu sehen.
Die sogenannte Panoramasauna hat ein eigenes kleines neues Gebäude bekommen, das direkt am Badehaus 2 angrenzt und gar nicht auffällt. Hier liegt die Fußbodenheizung, die den Bereich später einmal warm hält. Alles andere lässt sich nur mit Plan in der Hand erahnen.
Die Bad Nauheimerinnen und Bad Nauheimer können es kaum abwarten. Der Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen bietet regelmäßig Baustellenführungen für alle Interessierten an. Diese sind jedes Mal schnell ausgebucht.
Auch Bürgermeister Klaus Kreß interessiert sich sehr dafür, was im Sprudelhof passiert, denn "der Sprudelhof ist das Herz der Stadt Bad Nauheim." Das ist wörtlich, aber auch bildlich gemeint. Denn der Jugendstilkomplex ist mittendrin in der Kurstadt, hierhin führen viele Wege durch den Kurpark oder vom Bahnhof.
Sprudelhof beim Tag des offenen Denkmals dabei
Und emotional hängen die Menschen in Bad Nauheim an diesem Denkmal, es ist nicht umsonst das Wahrzeichen der Stadt. Die Vorfreude auf einen aufgehübschten Sprudelhof jedenfalls ist riesig.
Wer sich selbst einen Überblick verschaffen möchte, beim Tag des offenen Denkmals am 8. September ist auch die Baustelle im Sprudelhof dabei. Wahrscheinlich ist das die letzte Gelegenheit einen Blick ins Badehaus 2 zu werfen, bevor es nur noch durch die Therme hineingeht.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 21.5.2024, 19:30 Uhr
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