App-Warnung und Empfehlungs-Katalog Wie Hessen seine Bürger besser vor Hitze schützen will
Die globale Erderwärmung macht auch um Hessen keinen Bogen. Um seine Bürgerinnen und Bürger vor den gefährlichen Folgen von Hitzeperioden zu schützen, hat das Land nun einen Hitzeaktionsplan vorgelegt. Naturschützer vermissen einen wichtigen Punkt.
Noch ist es in Hessen winterlich kalt, doch die Landesregierung blickt schon einmal auf den nahenden Sommer. Nachdem es in den vergangenen Jahren immer heißer und immer trockener wurde, will Hessen seine Bürger vor den gefährlichen Folgen von lange anhaltenden Hitzeperioden schützen. Dafür wurde nun ein sogenannter Hitzeaktionsplan vorgestellt.
Vor allem ältere, pflegebedürftige und chronisch kranke Menschen sowie kleine Kinder, Obdachlose und Berufstätige, die im Freien arbeiten, stehen im Fokus des am Donnerstag in Wiesbaden vorgestellten Plans. Hessen sei das erste Bundesland, das über einen solchen verfüge, sagte Sozialminister Kai Klose (Grüne).
Hessenwarn-App soll Hitzewarn-Funktion bekommen
Der Plan beinhalte Empfehlungen unter anderem für die Pflege- und Betreuungseinrichtungen, Krankenhäuser, Kitas und Schulen sowie die Kommunen. Dabei geht es um die Koordinierung und interdisziplinäre Zusammenarbeit, die Nutzung eines Hitzewarnsystems, die Vorbereitung der Gesundheits- und Sozialsysteme sowie der Beachtung besonders gefährdeter Menschen. Die konkrete Umsetzung sollte dann vor Ort geschehen, erklärte Klose. Unmittelbare Verpflichtungen sind mit dem rund 50-seitigen Papier nicht verbunden.
Künftig solle die Sicherheitsapp Hessenwarn auch über eine Funktion zur Hitzewarnung verfügen, kündigte der Minister an. Wichtig sei auch, dass die Kommunen und Institutionen das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und des Landes nutzten. Dieses war als Reaktion auf den extrem heißen Sommer 2003 mit dem DWD eingeführt worden.
So funktioniert das Hitzewarnsystem
Das hessische Hitzewarnsystem basiert auf den Warnmeldungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und besteht aus zwei Stufen. Stufe 1 warnt vor einer starken Wärmebelastung, die bei einer gefühlten Temperatur von mehr als 32 Grad erreicht wird. Stufe 2 warnt vor einer extremen Wärmebelastung. Sie liegt vor, wenn die gefühlte Temperatur 38 Grad übersteigt oder Warnstufe 1 an vier aufeinanderfolgenden Tagen andauert.
Die Maßnahmen der Warnstufe 1 richten sich laut Sozialministerium vor allem an Personen, die in Alten- und Pflegeeinrichtungen leben. Diese Einrichtungen haben bei Erreichen der Warnstufe 1 alle erforderlichen pflegerischen, medizinischen und technischen Maßnahmen zur Abwehr hitzebedingter gesundheitlicher Beeinträchtigungen und Gefahren zu treffen und zu dokumentieren.
Bei Warnstufe 2 sollen durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit auch die hessischen Bürgerinnen und Bürger erreicht und sensibilisiert werden, die nicht in einer Einrichtung leben. Aus diesem Grund informieren die Gesundheitsämter die Bevölkerung über die bestehenden Gefahren durch Hitze sowie geeignete Maßnahmen zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden.
Hitze sorgt für Übersterblichkeit
Der Sozialminister begründete die Erstellung des Hitzeaktionsplans mit der voranschreitenden Erdüberhitzung, die auch in Hessen bereits deutlich spürbar sei. In Folge der anhaltenden Hitze habe es in Hessen im vergangenen Jahr eine Übersterblichkeit in einer Spanne von rund 270 bis 870 Menschen gegeben.
Die Übersterblichkeit gibt laut Klose die Zahl der Todesopfer an, die über dem sonst üblichen statistischen Wert für einen bestimmten Zeitraum liegt. In Hessen war der Sommer im Jahr 2022 der zweitwärmste seit 1881 und erreichte den Angaben zufolge mit 56 Sommertagen über 25 Grad einen Rekord.
BUND betont Wichtigkeit von Stadtbäumen
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) sieht seine Pflegeeinrichtungen in Hessen derweil gut auf die Hitzeperioden im Sommer vorbereitet, wie der DRK-Landesverband in Wiesbaden mitteilte. Die Einrichtungen verfügten über entsprechende Konzepte, um auf die Hitzewarnungen zu reagieren.
Der hessische Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bezeichnete die Verabschiedung des Hitzeaktionsplans als einen wichtigen Schritt, um die Folgen der Klimaerwärmung zu bewältigen und betonte in diesem Zusammenhang den Schutz alter Stadtbäume als zentrale Bedeutung. "Dieser Gesichtspunkt fehlt aber leider im beschlossenen Plan, obwohl Städte und Kommunen immer noch leichtfertig alte Bäume für Baumaßnahmen fällen", kritisierte Geschäftsführer Thomas Norgall. "Hier sollte unbedingt nachgesteuert werden."
AfD im Landtag: Auf gesunden Menschenverstand setzen
Die Fraktion der AfD im hessischen Landtag bezeichnete den Hitzeaktionsplan der Landesregierung als "kaum mehr als ein PR-Papier". Der Aktionsplan beinhalte Empfehlungen an Pflege- und Betreuungseinrichtungen, auf die jene Einrichtungen auch selbst gekommen wären, sagte der umweltpolitische Sprecher, Klaus Gagel.
"Dieser Plan wird eher dazu beitragen, die Menschen durch Warn-App-Meldungen von Hitzetagen und Ähnlichem weiter zu verunsichern, statt auf den gesunden Menschenverstand der Bürger zu setzen, die sich die Wettervorhersage auch aus eigener Kraft ansehen können."
Sendung: hr-iNFO, 09.02.2023, 15.00 Uhr
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