80 Jahre nach Auschwitz-Befreiung Rhein und Landtagspräsidentin mahnen: Holocaust-Erinnerung wachhalten

80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz hat Ministerpräsident Boris Rhein dazu aufgefordert, dem Hass gegen Jüdinnen und Juden entschieden zu begegnen. Landtagspräsidentin Astrid Wallmann mahnte an, die Erinnerung an die Nazi-Verbrechen lebendig zu halten.

Boris Rhein (CDU), Hessischer Ministerpräsident, spricht bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus im Bürgerhaus der Stadt Bad Arolsen. Er steht hinter einem Pult mit dem Hessen-Wappen, vor ihm ein Mikrofon.
Der hessischer Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) spricht bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus im Bürgerhaus der Stadt Bad Arolsen. Bild © picture alliance/dpa | Swen Pförtner
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Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat bei einer zentralen Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust in Bad Arolsen (Waldeck-Frankenberg) dazu aufgerufen, gegen Hass und Hetze aufzustehen. Die Gleichgültigkeit mancher Menschen bezeichnete Rhein als die größte Gefahr für die Demokratie.

"Ich weiß, dass es Menschen gibt, die sagen, Veranstaltungen wie diese sind nichts als bloße Erinnerungsrituale. Ich will Ihnen aber sagen, Veranstaltungen wie diese und ritualisiertes Gedenken sind mir lieber als planvolles Vergessen", sagte Rhein.

Dieses Gedenken dürfe niemals enden. Es sei Warnung und Mahnung, "wie zerbrechlich die Werte sind, wie zerbrechlich unsere Menschlichkeit ist, wenn Hass und Gleichgültigkeit die Oberhand gewinnen".

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Holocaust-Gedenktag

Mit Holocaust oder Shoah wird der systematische Völkermord an etwa sechs Millionen europäischen Juden durch die Nationalsozialisten zwischen 1941 und 1945 bezeichnet. Neben Juden wurden andere Gruppen wie Roma, Sinti, Menschen mit Behinderungen, politische Gegner und Homosexuelle verfolgt und ermordet.

2005 führten die Vereinten Nationen (UN) zum 60. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau den 27. Januar als Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust ein. In diesem Jahr liegt die Befreiung der dort Gefangenen genau 80 Jahre zurück. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet.

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Rhein: "Ganz normale Menschen" machten Auschwitz möglich

Auschwitz sei ein Ort, der wie kein anderer für das Unvorstellbare stehe, "das Unvorstellbare, das am Ende dann doch Realität werden konnte", sagte Rhein. Es seien aber eben nicht nur die Nazis gewesen, die Auschwitz möglich gemacht hätten, sondern "ganz normale Menschen, die aktiv mitgewirkt haben bei den Übergriffen, bei den Verhaftungen, die geholfen haben bei den Deportationen, und die mitgewirkt haben an der Vernichtung". Es seien Nachbarn, Arbeitskollegen, Schulkameraden, Geschäftsinhaber gewesen.

Viele hätten sich gemein gemacht, viele auch einfach ihren eigenen Vorteil gesucht. Das zeige, wohin Gleichgültigkeit führen könne. "Gleichgültigkeit ist und bleibt das gefährlichste Gift, die größte Gefahr für uns alle, weil Demokratie genau das Gegenteil davon braucht", betonte Rhein. Demokratie brauche Einmischung, brauche Menschen, die sich aktiv einbringen.

Plädoyer für Erinnerungskultur

Auch Hessens Landtagspräsidentin Astrid Wallmann rief dazu auf, die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus lebendig zu halten. "Mit dem allmählichen Verstummen der letzten Zeitzeugen tritt das Erinnern gegenwärtig in eine neue Phase ein", sagte Wallmann bei der Gedenkveranstaltung in Bad Arolsen. "Nun ist es unsere Verpflichtung, deren Zeugnis weiterzutragen und die Erinnerung an die dunkelste Phase unserer Geschichte wachzuhalten."

Die Landtagspräsidentin beklagte eine Welle des Antisemitismus seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 - auch in Hessen. "Daran wird deutlich: Der Antisemitismus war nie weg aus unserer Gesellschaft."

Fotoausstellung und Gedenkfeier in Frankfurt

Größere Gedenkveranstaltungen finden auch in anderen Orten in Hessen statt. In Frankfurt eröffnete die Europäische Zentralbank (EZB) die Foto-Ausstellung "Survivors – Faces of Life after the Holocaust", bei der auch der Holocaust-Überlebende Maurice Gluck sprach.

Für 16.30 Uhr hatten die "Omas gegen Rechts" zu einem Gedenken an der Hauptwache aufgerufen. In der Paulskirche fand um 17 Uhr die zentrale Gedenkfeier der Stadt Frankfurt statt. Der Förderverein Roma veranstaltete um 18 Uhr eine Kundgebung am ehemaligen Stadtgesundheitsamt in der Braubachstraße 8-22. Am Abend leuchtete mit Einbruch der Dunkelheit der Europaturm im Stadtteil Ginnheim als "Licht der Erinnerung" mit gelbem Licht symbolisch als riesige Gedenkkerze.

1.000 Teilnehmer bei Menschenkette in Kassel

In Kassel fand um 14 Uhr eine Gedenkveranstaltung mit Kranzniederlegung auf dem Jüdischen Friedhof in Kassel-Bettenhausen statt. Um 17 Uhr gab es eine Kundgebung auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs mit der Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldcek (EKKW) Beate Hofmann.

Rund 1.000 Menschen bildeten zwischen der Schillerstraße und dem Hauptbahnhof eine Menschenkette, in ihren Händen hielten sie Schilder mit den Namen von Deportierten der Nazi-Zeit. Rund 2.500 Menschen hatten den Weg von einem damaligen Sammellager in der Schillerstraße zum Bahnhof gehen müssen, von wo sie in Ghettos und Vernichtungslager gebracht wurden.

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Schüler gedenken Deportationen aus eigener Schule

Die zentrale Gedenkveranstaltung der Stadt Darmstadt fand von 11 bis 14 Uhr mit Beiträgen der Schülerinnen und Schüler der Justus-Liebig-Schule in der Centralstation statt. Die Justus-Liebig-Schule wurde einst als Deportationslager genutzt. Außerdem legt die Stadt einen Gedenkkranz am Denkzeichen Güterbahnhof nieder.

Die auf dem Luisenplatz vorgesehene Kundgebung unter dem Motto "Holocaust-Gedenktag - Holocaust gedenken heißt gegen Faschismus und Genozid kämpfen" soll nach Angaben der Stadt nicht wie ursprünglich geplant am 27. Januar, sondern am 28. Januar von 17 bis 19 Uhr stattfinden. Grund ist demnach, dass die Versammlung unter anderem auch von pro-palästinensische Organisationen angekündigt worden sei, die in der Vergangenheit mit antisemitischen und verfassungsfeindlichen Aktivitäten aufgefallen waren.

In Wetzlar fand die Gedenkveranstaltung um 15 Uhr am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Bebelplatz statt.

Die zentrale Gedenkveranstaltung der Stadt Wiesbaden trug den Titel "Schreiben als Widerstand" und fand um 19 Uhr im Rathaus Wiesbaden statt. Bis zum 10. Februar sind noch eine Reihe weiterer Veranstaltungen geplant.

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Redaktion: Anikke Fischer

Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe