Für die alternative Karriere Jurastudium in Hessen künftig auch mit Bachelor-Abschluss
Wer durch sein Staatsexamen rauscht, steht bislang mit leeren Händen da. Das soll sich in Hessen ändern: Ein ins Jurastudium integrierter Bachelor of Law soll die Tür nun auch für alternative Karrieren öffnen.
Im kommenden Februar schreibt Jule Wenske ihr erstes juristisches Staatsexamen. Sie studiert Jura im 7. Semester an der Goethe Uni in Frankfurt. Über 2.500 Karteikarten mit Gesetzen und Definitionen muss sie für das Examen auswendig lernen. Die Angst vor dem Scheitern ist groß.
"Ich kann kaum schlafen - immer wenn ich etwas anderes mache, denke ich: 'Das ist eine Stunde, wo ich nicht lerne'", sagt sie. Der Druck sei so groß, dass sie schon zusammengebrochen sei.
Damit ist Jule Wenske nicht alleine. Viele Jura-Studierende in Hessen klagen über hohe psychische Belastung - das alles vor dem Hintergrund, dass Studenten, die beim Staatsexamen durchfallen, keine berufliche Perspektiven mehr haben. Das will die Landesregierung nun ändern.
Jurastudierende können Bachelor machen
Jurastudierende in Hessen sollen künftig zusätzlich einen Bachelorabschluss erwerben können. Darauf verständigten sich die Landesregierung und Universitäten im Land, wie das Wissenschaftsministerium mitteilte.
Der Bachelorabschluss solle eine neue Perspektive bieten, insbesondere für diejenigen, die das Erste Staatsexamen nicht bestehen, betonte Justizminister Christian Heinz (CDU). Demnach traf das im vergangenen Jahr auf 49 Studierende zu.
"Auf diese Weise können Studierende, die im Verlauf des Studiums bereits entsprechende Leistungen erbracht haben, einen auch international bekannten und anschlussfähigen Hochschulgrad erwerben", wird Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) in der Mitteilung zitiert. "Der integrierte Bachelor ist zudem auch ein Angebot an alle, die während des Studiums einen anderen Weg als die 'klassischen' juristischen Berufe anstreben", sagte Heinz.
Alternative Karriere für Studienabbrecher
Den Angaben zufolge sollen Studierende, die die Voraussetzungen für die Anmeldung zur staatlichen Pflichtfachprüfung erreicht haben und weiteren Voraussetzungen genügen, den Grad eines Bachelor of Laws (LL.B.) verliehen bekommen. Hessen geht damit einen Weg, den zuvor etwa auch Berlin und Nordrhein-Westfalen gegangen sind.
Die Universitäten begrüßen die Entscheidung laut Mitteilung und betonen, dass Studierende auch dann erfolgreich Berufe ergreifen könnten, wenn sie das Staatsexamen nicht absolvieren oder bestehen.
Mit einem rechtswissenschaftlichen Bachelorabschluss wäre zwar keine Arbeit etwa als Richter oder Staatsanwältin möglich, wohl aber ein anschließendes Masterstudium in einem anderen Fach oder ein alternativer Berufsweg. Mit dem Bachelor könnten Studierende beispielsweise in Rechtsabteilungen von Industrie-Unternehmen, in Kanzleien oder in Behörden einen Job finden.
Der Jura-Bachelor war auch im schwarz-roten Koalitionsvertrag als Ziel festgehalten worden.
"Ewige Angst vor dem Nichts"
Auf Antrag der FDP-Opposition wurde das Vorhaben am Dienstag auch Thema im Landtag. Die liberale Abgeordnete Marion Schardt-Sauer sprach von einer "ewigen Angst vor dem Nichts durch Nichtbestehen: Das Damoklesschwert, das über dem Jurastudium hängt, muss weg." Die bereits erbrachten Studienleistungen müssten endlich wertgeschätzt werden - auch im Kampf gegen den Fachkräftemangel.
Der AfD-Abgeordnete Frank Grobe wandte sich gegen diese Pläne: "In den klassischen juristischen Aufgabenfeldern ist mit einem integrierten Bachelor nichts anzufangen." Zu befürchten sei, dass mit so einem "künstlich geschaffenen akademischen Titel den Studenten, die einen vollwertigen Juraabschluss anstreben, die Studienplätze weggenommen würden".
Regelung wohl auch rückwirkend
Laut Wissenschaftsministerium soll die Einigung von Regierung und Unis "zeitnah in die gesetzlichen Bestimmungen einfließen". Im Landtag sprach Justizminister Christian Heinz (CDU) am Dienstag davon, den Gesetzentwurf noch in diesem Jahr einzubringen.
Auch der Frankfurter Jura-Studentin Jule Wenske könnte damit geholfen werden. Denn die Regierung will das Gesetz rückwirkend gelten lassen. Laut Wissenschaftsminister Gremmels geht es um zwei oder drei Jahre. Das werde aktuell noch diskutiert.