Katholische Kirche Missbrauch im Bistum Fulda: Mehr Fälle als bislang bekannt
Im Bistum Fulda sind in den Jahren 2000 bis 2015 mehr Menschen von sexualisierter Gewalt betroffen gewesen als bisher bekannt. Das hat die Kommission zur Aufarbeitung mitgeteilt.
Die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Fulda habe 795 Personalakten mit 111 Betroffenen und 34 Tätern gesichtet, teilte das Gremium am Dienstagabend mit. Zuletzt war für das Bistum von 89 Betroffenen die Rede gewesen.
Die höhere Zahl der Betroffenen habe sich im Rahmen des intensiven Aktenstudiums der Kommission ergeben, hieß es in dem Zwischenbericht, der bereits im Januar veröffentlicht, aber erst jetzt bekannt wurde. Das Gremium habe sich mit den Ergebnissen der sogenannten MHG-Studie befasst, einer bundesweiten Studie zu Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche. Für das Bistum Fulda seien Fälle aus dem Zeitraum von 2000 bis 2015 enthalten.
Arbeit vor einem Jahr begonnen
Die Kommission hatte sich im Herbst 2021 konstituiert und vor gut einem Jahr, im Februar 2022, ihre Arbeit aufgenommen. Zu den Mitgliedern zählen unter anderem mehrere Juristen, eine Sozialpädagogin und eine Sozialarbeiterin sowie ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Auch zwei Mitglieder des gemeinsamen Betroffenenbeirates der Bistümer Fulda und Limburg waren für das Gremium gewonnen worden.
Sprecher des dreiköpfigen Vorstands ist der frühere Fuldaer Oberbürgermeister Gerhard Möller (CDU). Die Kommission zielt darauf, Betroffene und Zeitzeugen zu hören und Akten zu sichten und aufzuarbeiten. Die Kriterien für die Aufarbeitung wurden im Jahr 2020 von der Deutschen Bischofskonferenz und dem unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung gemeinsam festgelegt.
Bei der Aktenarbeit unterstützten fünf ehemalige Kriminalkommissare. Im Laufe des Jahres sollen nun vermehrt Betroffene und Zeitzeugen angehört werden, teilte das Bistum Fulda mit.
Auch Prävention als Ziel
Neben der Aufarbeitung gehört auch Prävention zur Aufgabe der Kommission. Es gehe darum vorzubeugen und einzugreifen, hinzusehen und zu handeln, teilte das Gremium zu Beginn seiner Arbeit mit.
Dazu gehörten Schutzkonzepte in allen katholischen Einrichtungen, Verbänden und Pfarreien, Positionspapiere zur Prävention sexualisierter Gewalt, Leitlinien, Verhaltensregeln sowie Schulungskonzepte und direkte Kontaktmöglichkeiten.
"Verharmlosungen, Relativierungen, geringschätzige Vergleiche oder ein Kleinreden der vergangenen Vorkommnisse sind für das Bistum Fulda nicht akzeptabel", hieß es damals weiter.
Sendung: hr1, 21.02.2023, 20.00 Uhr
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