"Kritisches Maß erreicht" Krankmeldungen und Burnout: Lehrergewerkschaft schlägt Alarm

Die Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte in Hessen sind gesundheitsgefährdend - das behauptet der Philologenverband. Die Gewerkschaft macht Personalmangel, hohe Belastung und steigende soziale Herausforderungen für die Misere verantwortlich.

Lehrerin sitzt alleine in einem Klassenraum
Der hessische Philologenverband sieht die Gesundheit von Lehrkräften gefährdet. Bild © IMAGO / photothek
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Marode Gebäude, Lehrkräftemangel und steigende soziale Herausforderungen: Die aktuellen Herausforderungen an hessischen Schulen sind vielfältig. Aus Sicht des hessischen Philologenverband (hphv) haben die Probleme allerdings "ein kritisches Maß" erreicht, vor allem mit Blick auf die Gesundheit der Lehrkräfte.

"Die aktuelle Situation gefährdet nicht nur die Gesundheit der Lehrkräfte, sondern auch die Qualität der Bildung der Schülerinnen und Schüler", warnt der Landesvorsitzende Volker Weigand.

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"Burnout und langfristige Krankmeldungen in der Berufsgruppe der Lehrkräfte nehmen alarmierend zu", heißt es in der Mitteilung der Lehrergewerkschaft vom Dienstag, die sich dabei auf Erkenntnisse aus dem aktuellen Schulbarometer der Robert-Bosch-Stiftung bezieht.

Personalmangel und die wachsenden Herausforderungen im Umgang mit heterogenen Klassen und sozialen Problemlagen gefährden die Gesundheit der Lehrerinnen und Lehrer, schreibt der hphv.

Gewerkschaft stellt Forderungen

Verwaltungsaufgaben, wie etwa Dokumentationspflichten oder Prüfungsorganisation, nähmen zudem "wertvolle Zeit" in Anspruch, die dann für die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen fehle. Diese Situation führt nach Ansicht des Philologenverbands dazu, dass immer mehr Lehrkräfte die Schulen verlassen und den Personalmangel damit weiter verschärfen.

"Die Bildung unserer Kinder darf nicht länger unter der Belastung der Lehrkräfte leiden", fordert Weigand. Es brauche massive politische Anstrengungen, um die Rahmenbedingungen in den Schulen zu verbessern. Dazu nennt der hphv konkrete Forderungen:

  • Schnelle Einstellung von zusätzlichem Personal,
  • weniger Bürokratie,
  • Präventionsangebote wie Stressbewältigungskurse und Supervision für Lehrkräfte,
  • weitere Investitionen in digitale Infrastruktur und Fortbildung sowie
  • eine "amtsangemessene und verfassungsgemäße" Bezahlung.

Land erhöht Bildungsetat

Von höheren Investitionen und besserer Bezahlung handelt auch die Mitteilung des Kultusministeriums, die nur wenige Stunden später erschien, aber keinen offensichtlichen Bezug zum Schreiben des Philologenverbands aufweist. "An der Bildung unserer Kinder wird nicht gespart", verspricht darin Minister Armin Schwarz (CDU).

Das Budget des Bildungsressorts steige im kommenden Jahr um 5,9 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro. Zudem schaffe das Land mehr als 2.000 neue Stellen für Lehrkräfte.

Auch die Ausbildung stellt das Land demnach auf neue Beine: Von Mai an können etwa Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger mit nur einem Fach in ihr Referendariat starten, wovon sich Schwarz eine Verbesserung der Personalsituation erhofft. Die schrittweise Anhebung der Besoldung für Grundschullehrkräfte auf A13 werde fortgeführt.

Redaktion: Julian Moering

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de

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4 Kommentare

  • Den hier berichteten Inhalten kann ich nur voll und ganz zustimmen. Kleinere Klassen (gerade in den heterogenen Grundschulen) halte ich für sehr wichtig! Mehr pädagogische Freiräume, anstatt Festhalten an Altbewährtem... Mehr Doppelbesetzungen, um die alltäglichen sozialen Schwierigkeiten meistern zu können. Und, was ich für unerlässlich halte, mehr Informationsbesuche seitens des Ministeriums in allen Schulbereichen und Schulbezirken, um den Realitäten ins Auge sehen zu können; also nicht nur "schöne heile Welt-Exemplare"!

  • Diese Situation hatte sich bereits seit Jahrzehnten abgezeichnet.
    Eine der Ursachen ist auch, daß viele Eltern zwar einerseits als sog. Helikopter-/Rasenmäher-/Curling-Eltern wie Glucken über ihren Heiligtümern wachen, andererseits aber letztendlich ihre eigene Erziehungsarbeit an die Schule übertragen, weil sie selbst ihre mißratenen Gören nicht (mehr) in den Griff bekommen. Die Lehrer wiederum müssen bei Elterngesprächen JEDES Wort auf die Goldwaage legen, weil gerade diese Eltern die Wahrheit nicht vertragen und sofort mit rechtlichen Konsequenzen drohen.
    Ein anderes belastendes Problem betrifft die jahrelange (m.W. speziell hessische) Praxis (m.E. nach begonnen unter Roland Koch), daß viele Lehrkräfte regelmäßig zum Ende des Schuljahres gekündigt wurden und erst wenige Tage vor Beginn des neuen Schuljahres erfuhren, ob (und wenn ja, für wo genau) sie wieder einen neuen Arbeitsvertrag bekommen. Für (mindestens) die Sommerferien mußten sie sich also jeweils arbeitslos melden.

  • Die Forderungen sind aus Sicht der Eltern berechtigt, denn die Qualtiät des Unterrichts leidet an vielen Schulen durch den immer häufigeren Ausfall von Stunden. Immer mehr bleibt es an den (berufstätigen) Eltern hängen, ihren Sprösslingen abends Wissen zu vermitteln bzw. den Stoff nachzuarbeiten.

    Bei allem Respekt für den Lehrerberuf kann ich aus Sicht einer Verwaltungsbeamtin allerdings sagen: Diese Zustände sind an den meisten Behörden schon lange Alltag. Vielleicht müssen zumindest die verbeamteten Lehrer auch mal ein wenig von ihrem "hohen Ross" herunter kommen, vielleicht war ihre Stellung Jahrzehnte lang doch allzu bequem... (Von mehreren Lehrerinnen im Bekanntenkreis höre ich zu Beginn der Schulferien regelmäßig: "Ach stimmt, du musst ja arbeiten!" oder: "Solche Betreuungsprobleme kennen wir natürlich nicht!")

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