Fehler bei Umgang mit Belästigungsvorwürfen Limburger Generalvikar Rösch tritt zurück

Fast ein Jahr nach dem Suizid eines Limburger Priesters gibt der Verwaltungschef des Bistums sein Amt auf. Rösch bescheinigt sich selbst, im Umgang mit den Betroffenen Fehler begangen zu haben. Daraus ziehe er nun die Konsequenz.

Generalvikar Wolfgang Rösch
Tritt zurück: der Limburger Generalvikar Wolfgang Rösch. Bild © picture-alliance/dpa
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Im Zusammenhang mit Vorwürfen "übergriffigen Verhaltens" gegen den verstorbenen früheren Leiter des Limburger Priesterseminars hat der Generalvikar des Bistums, Wolfgang Rösch, sein Amt niedergelegt. Er habe den Limburger Bischof Georg Bätzing gebeten, ihn von seinen Aufgaben zu entpflichten, hieß es in einem am Dienstag veröffentlichten Schreiben Röschs an die Mitarbeitenden der Diözese.

Darin räumte der 63 Jahre alte Rösch auch ein, bereits 2015 von den Vorwürfen gegen den Priester Christof May erfahren zu haben.

May war 2018 zum Leiter des Priesterseminars befördert worden und hatte sich im Juni 2022 das Leben genommen. Bätzing hatte May am Tag davor von allen Ämtern freigestellt, um Vorwürfe "übergriffigen Verhaltens" prüfen und klären zu können.

Gemeinsames Gespräch war ein Fehler

Der Tod des 49-Jährigen hatte das Bistum im vergangenen Jahr aufgewühlt. Bischof Bätzing, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, hatte einen externen Juristen mit einer Untersuchung des Falls beauftragt. "Die Ergebnisse des Juristen liegen jetzt vor und haben mir deutlich gemacht, dass ich Fehler gemacht habe", schrieb Rösch in dem Brief an die Mitarbeitenden des Bistums: "Dafür ziehe ich persönlich Konsequenzen, indem ich um Entpflichtung vom Amt des Generalvikars gebeten habe."

Wie Rösch weiter schrieb, war er 2015 fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die "Vorwürfe übergriffigen Verhaltens" von May gegenüber Erwachsenen gegenstandslos seien: "Damals habe ich ein gemeinsames Gespräch mit einer betroffenen Person und dem Beschuldigten geführt. Das war ein Fehler. Dieses gemeinsame Gespräch konnte der betroffenen Person nicht gerecht werden." Rösch ergänzte: "Ich bitte alle, die durch mein Fehlverhalten getroffen und verletzt sind, um Verzeihung."

Auch künftig wolle er die Kirche "in unserem Bistum mitgestalten. In welcher Funktion auch immer". Rösch hatte im Mai 2013 die Vertretung des früheren Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst übernommen. Dieser hatte wegen der Explosion der Baukosten für seinen neuen Bischofssitz auf über 30 Millionen Euro und heftiger Kritik an seiner Amtsführung sein Amt in Limburg aufgeben müssen.

Bischof äußert Respekt

Bischof Bätzing hatte May am 8. Juni 2022 von allen Ämtern freigestellt, um Vorwürfe zu prüfen, die mehrere Personen gegen ihn geäußert hatten. Einen Tag danach wurde May tot aufgefunden. Im November teilte das Bistum mit, dass die Vorwürfe sich erhärtet hätten und disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen May zur Folge gehabt hätten. Das Bistum stellte damals aber auch klar: "Strafrechtlich wären die Vorwürfe nicht relevant gewesen."

Bischof Bätzing dankte seinem langjährigen Verwaltungschef Rösch für dessen vielfältige Arbeit und erklärte: "Es ist wichtig, dass aus neuen Erkenntnissen auch Konsequenzen gezogen werden. Ich habe Respekt dafür, dass er Verantwortung für sein damals fehlerhaftes Handeln übernimmt." In fast zehn Jahren als Generalvikar habe sich Rösch nachhaltig für einen Kulturwandel in der Kirche starkgemacht.

Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs spricht von "positivem Zeichen"

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Limburg (UKO) wertete Röschs Rückzug als "positives Zeichen". Fehlentscheidungen im Umgang mit sexuellem Missbrauch von Klerikern oder anderen kirchlichen Mitarbeitenden sollten "nicht folgenlos bleiben", erklärte die Kommissionsvorsitzende Claudia Burgsmüller.

UKO-Vorsitzende Burgsmüller erklärte, dass Rösch Konsequenzen aus persönlichen Fehlern der Vergangenheit ziehe, sei "ein in der Kirche nach wie vor eher ungewohnter Schritt und nötigt daher Respekt ab". Über die Auswechslung von Personen hinaus sei jedoch "ein grundlegender Wandel in Mentalitäten und Strukturen notwendig, um in Zukunft Missbrauch möglichst zu verhindern und seine Aufarbeitung voranzubringen". Eine abschließende Stellungnahme zum Fall May werde die Kommission nach Einsichtnahme in den Bericht des externen Juristen vorlegen. Das Bistum Limburg erstreckt sich über Teile von Hessen und Rheinland-Pfalz.

Neuer Generalvikar Pax seit 2010 in Hessen

Zu Röschs Nachfolger wurde der Limburger Domdekan Wolfgang Pax bestimmt. Pax stammt aus Bad Iburg im Landkreis Osnabrück. Von 1996 bis 2005 leitete er das Dezernat Jugend im Bischöflichen Ordinariat und war Diözesanjugendpfarrer. 2006 wurde er Dompfarrer in Limburg. 2007 promovierte ihn die Ludwig-Maximilians-Universität in München im Bereich der Wirtschafts- und Organisationspsychologie mit einer Arbeit über "Führung in der Kirche".

Seit August 2010 leitet er das Kommissariat der Katholischen Bischöfe in Hessen, die oberste Verbindungsstelle zwischen Kirche und Politik. Der 64-Jährige war zudem vier Jahre bis 2022 Bischofsvikar für den synodalen Bereich und steht seit 5. März 2022 als Domdekan dem Limburger Domkapitel vor.

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Hilfe bei Suizidgedanken

Suizidgedanken sind häufig eine Folge psychischer Erkrankungen. Letztere können mit professioneller Hilfe gelindert und auch geheilt werden. Hier finden Sie Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige.

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Um die Anonymität der Anrufer zu wahren, ist die Übermittlung der Rufnummer gesperrt und wird somit in keinem Display der Telefonseelsorge angezeigt. Anrufe bei der Telefonseelsorge werden auch im Einzelverbindungsnachweis nicht aufgeführt.

Auch im Internet kann die Telefonseelsorge kontaktiert werden unter: telefonseelsorge.de

Weitere Informationen zu Hilfsangeboten - beispielsweise Selbsthilfegruppen - finden sich auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: suizidprophylaxe.de

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Sendung: hr-iNFO, 25.04.2023, 14 Uhr

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Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe, KNA