Tabuthema brechen Männliche Opfer sexualisierter Gewalt nehmen Beratung an

Für männliche Betroffene von sexualisierter Gewalt gibt es deutlich weniger Beratungsangebote als für Mädchen und Frauen. Hessen will diese Lücke mit neuen Anlaufstellen schließen - und die werden sehr gut angenommen.

Eine Hand zur Abwehr
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Sexuelle Gewalt – Anlaufstellen für Jungen und Männer

hessenschau vom 24.06.2024
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Die ausgeweitete Beratung in Hessen speziell für männliche Opfer sexualisierter Gewalt trifft nach Angaben der Anbieter auf gute Resonanz. Für betroffene Jungen und Männer gibt es insgesamt deutlich weniger Hilfsangebote als für Mädchen und Frauen. Um diese Lücke zu schließen, gibt es seit wenigen Monaten vier neue Betroffenen-Anlaufstellen in Wiesbaden, Gießen, Darmstadt und Kassel.

Sprechen über Gefühle als Hürde

Diese Beratungsstellen haben sich mit staatlicher Förderung für Männer und Jungen geöffnet, die in ihrer Kindheit oder Jugend von sexualisierter Gewalt betroffen sind oder waren. "Das Angebot wird angenommen", sagt Barbara Behnen von Wildwasser Gießen.

Nach ihrer Einschätzung ist es für Männer oft ungewohnt, über Gefühle zu sprechen. Für sie sei es oft schwierig, zu sagen "Ich bin Opfer geworden" und nicht beispielsweise "Ich habe mit meinem Onkel dummes Zeug gemacht".

Die Geschäftsführerin von Wildwasser Wiesbaden, Anika Nagel, spricht von einem "doppelten Tabu" - und meint damit sexualisierte Gewalt und männliche Betroffenheit. Männer täten sich schwerer damit, Hilfen in Anspruch zu nehmen, weil es nach wie vor unter anderem das geschlechterspezifische Stereotyp gebe, dass Jungen sich selbst wehren. Aber ein Kind könne sich niemals aus eigener Kraft aus sexualisierter Gewalt befreien, sagt Nagel. 

Hohe Dunkelziffer

Da die Beratungsstellen gegen sexualisierte Gewalt aus der Frauenbewegung heraus entstanden sind, konzentrierten sich die Angebote ursprünglich auf Frauen und Mädchen als Opfer, erklärt Johannes Höing von der Landeskoordinierungsstelle der Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend.

"Es gibt generell kaum Angebote für männliche Betroffene." Dabei wäre durchaus Bedarf da. Nach Angaben des Paritätischen erfährt laut Studien etwa jede zehnte männliche Person in ihrem Leben sexualisierte Gewalt. Verlässliche Zahlen fehlten allerdings, wie bei den Frauen gebe es ein großes Dunkelfeld.

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Themenschwerpunkt

"Verliebt, verlobt, verheiratet - verprügelt" - das Schwerpunkt-Thema in der hessenschau vom 12. bis 17. August, hr-fernsehen, 19.30 Uhr.

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Die Betroffenen-Beratungsstelle Wildwasser Gießen öffnete 2023 ihr Angebot für Männer, wie Leiterin Barbara Behnen berichtet. Inzwischen würden zehn Betroffene betreut, es gibt auch eine Männergruppe. Die Männer treibe unter anderem die Befürchtung um, auch Täter zu werden, weil ihnen etwa aus Filmen suggeriert werde, dass angeblich Opfer zu Tätern würden.

Zudem müsse Männern oft klargemacht werden: "Wenn ich Opfer geworden bin heißt das nicht, dass ich jetzt kein Mann mehr bin." Nach den Erfahrungen von Behnen werden jugendliche Jungs im Alter zwischen 12 und 20 als Opfer sexualisierter Gewalt oft nicht ausreichend wahrgenommen.

Sie kenne einen Fall von einem Verhältnis zwischen einer Lehrerin und einem Jugendlichen - bei dem der Junge Beschuldigungen ausgesetzt gewesen sei. Für Behnen "eine völlige Verdrehung der Tatsachen". Für jugendliche Jungs sei es auch noch schwieriger zu sagen: "Leute, ich habe schlechte Erfahrungen gemacht."

Viele Klienten erzählten von ihrer langen Suche nach Hilfe als betroffener Mann, ergänzt Julius Wolf von der Fax Fachberatungsstelle in Kassel. Das Beratungsangebot für erwachsene Männer steige stetig an: Im Jahr 2023 wurden fünf betroffene Männer beraten, in diesem Jahr sind es bislang 13 Männer. "Dabei ist die Anzahl der Beratungssitzungen sehr unterschiedlich von einmalig bis über zehn Sitzungen", erläutert Wolf.

Die vierte neue Anlaufstelle für männliche Betroffene ist Haltepunkt Darmstadt der Organisation pro familia.  

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Hilfsangebote bei Gewalt an Männern


Ortsunabhängige Beratung und Unterstützung erhalten Sie beim kostenlosen Hilfetelefon Gewalt an Männern: 0800 1239900. Darüber hinaus gibt es Informationen zu Beratungsstellen und Hilfsangeboten auf der Seite maennergewaltschutz.de und in der Infobroschüre der Opferschutzorganisation Weißer Ring.

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Quelle: dpa/lhe