Investor plant Neubau Mieter kämpfen gegen Abriss von Oskar Schindlers Wohnhaus

Rund 60 Mieter in Frankfurt wehren sich vor Gericht gegen den Abriss ihres Wohnhauses am Hauptbahnhof. Ein Investor plant einen Neubau. Das Gebäude hat historische Bedeutung: Hier lebte einst Judenretter Oskar Schindler.

Ein mehrstöckiges graues Haus an einer Kreuzung am Frankfurter Hauptbahnhof
Das Haus am Frankfurter Hauptbahnhof, in dem der deutsche Fabrikbesitzer Oskar Schindler elf Jahre lebte. Bild © picture-alliance/dpa
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Der Streit dauert schon über ein Jahr: Ein Investor aus Luxemburg will das frühere Wohnhaus des Judenretters Oskar Schindler am Frankfurter Hauptbahnhof abreißen. Nach seinen Plänen sollen die verbliebenen rund 60 Mieter ihre Wohnungen räumen. Doch die wehren sich seit Mittwoch vor dem Amtsgericht gegen die Räumung.

Kakerlaken kein Abrissgrund

Nach Ansicht der zuständigen Richterin sind die Räumungsklagen nicht ausreichend begründet und daher unwirksam. In dem Schreiben des Investors heiße es zwar, dass alle Bauteile des Gebäudes das Ende ihrer Lebensdauer erreicht hätten, erklärte sie. Zudem gebe es im Haus Kakerlaken.

"Das reicht aber nicht", betonte die Richterin. Begründet werden müsse, warum die Bausubstanz nicht erhalten werden kann. Außerdem habe die Eigentümerin keinen rechtlichen Anspruch auf eine Gewinnoptimierung, die sie durch einen Neubau offensichtlich erreichen wolle.

Schindler wohnte mehr als zehn Jahre hier

Brisant ist der Abrissplan auch deshalb, weil in dem Gebäude von 1965 bis 1974 Oskar Schindler (1908–1974) wohnte – der Mann, der in der NS-Zeit unter Einsatz seines Lebens und Vermögens viele Juden vor dem Tod im Konzentrationslager Auschwitz rettete. Seit fast 30 Jahren erinnert eine Gedenktafel an das historische Erbe des Hauses.

Die Investmentfirma plant, das Gebäude durch einen Neubau zu ersetzen. Den Mietern wurden Verwertungskündigungen sowie Räumungsklagen zugestellt – um diese ging es nun in den ersten zwei Verfahren vor dem Amtsgericht.

Ursprünglich wollte der Investor ein "Boarding House" errichten, also Apartments zur Kurzzeitvermietung. Doch die Stadt Frankfurt untersagte diese Pläne. Nun ist stattdessen von möblierten Wohnungen in einem Neubau die Rede.

Mieterschutz spricht von "Extremfall"

Die Richterin schlug Vergleichsgespräche zwischen den Parteien vor. Mögliche Lösungen könnten Umzugsbeihilfen oder Ersatzwohnungen sein. Sie erklärte den beiden beklagten Mietern jedoch, dass sie möglicherweise mit einer neuen, diesmal detaillierter begründeten Kündigung rechnen müssten.

Der Anwalt der Luxemburger Investmentfirma erklärte, man sei immer gesprächsbereit gewesen. Vor den Kündigungen habe es Schreiben an die Mieter gegeben, in denen um Vorschläge gebeten wurde.

Die Stabstelle Mieterschutz der Stadt Frankfurt hatte den Mietern empfohlen, in der Angelegenheit niemanden in die Wohnung zu lassen, im Notfall die Polizei zu rufen und sich an einen Mieterschutzbund zu wenden.

Auch der Verein "Mieter helfen Mietern" spricht von einem "Extremfall". Der Vermieter gehe besonders aggressiv vor und lasse das Haus seit rund zwei Jahren verfallen.

Quelle: hessenschau.de/Nina Michalk, dpa/lhe