Motiv aus der NS-Zeit Braucht Frankfurt einen neuen Adler im Stadtwappen?
Das offizielle Frankfurter Stadtwappen wurde in der NS-Zeit entworfen. Dabei war Frankfurt vor fast 100 Jahren grafisch schon viel moderner. Eine Ausstellung zeigt einen Stadt-Adler aus den 1920er-Jahren und sorgt für eine Wappen-Debatte.
Blaue Zunge, Riesenkrallen, grimmiger Blick – so weht es heute noch vom Frankfurter Rathaus: Das Stadtwappen mit dem Adler. Es stammt aus dem Jahr 1936, entworfen wurde es vom Grafiker Adolf Gloyr im Auftrag des NS-Oberbürgermeisters Friedrich Krebs. Der Nationalsozialist wollte damit zu mittelalterlichen Traditionen zurückkehren. Erst wenige Jahre zuvor, in der Weimarer Republik, hatte Frankfurt seinen Adler grafisch aufgefrischt, wie eine Ausstellung in Frankfurt gerade zeigt.
Stadtadler im Bauhaus-Stil
Der moderne Entwurf gefiel jedoch vielen nicht. "Gerupfter Spatz" - so verspottete die Presse in den 1920er-Jahren den Entwurf von Stadtgrafiker Hans Leistikow. Leistikow reduzierte 1925 den Frankfurter Stadtadler auf wenige klare Striche, ein Entwurf im damals populären Bauhaus-Stil. Die Stadt verwendete die Entwürfe für Formulare und Stempel, so lange, bis die Nazis im Rathaus das Sagen hatten.
Originale aus den 1920er-Jahren kann man sich aktuell in der Leistikow-Ausstellung im Dommuseum ansehen. "Zurück in die Moderne" ist die Schau betitelt, und Kuratorin Rosemarie Wesp verbindet das mit einem Appell an die Politik: "Wir könnten doch eigentlich unser Stadtwappen erneuern." Der Leistikow-Entwurf könnte die Inspiration sein, findet die Kuratorin.
Kulturdezernentin: "Moderne schlechthin"
In der Stadtregierung gibt es Sympathie für die Idee, Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) kann sich nach eigenen Angaben eine Debatte darüber vorstellen. Die 1920er-Jahre und das "Neue Frankfurt", das damals entstehen sollte, sei "die Moderne schlechthin", so Hartwig. Hell, klar und menschenfreundlich sollte die Stadt sein und das sollte sich auch im Wappen spiegeln. Die Nazis hätten dieses Erbe später mit Füßen getreten.
Fußball-Choreografie mit Bauhaus-Adler
Fans hat der Leistikow-Adler nicht nur in Kulturkreisen, sondern auch im Fußball. Die Fußball-Ultras von Eintracht Frankfurt verwendeten ihn 2019 vor einem Spiel gegen Standard Lüttich in der Europa League. Ein riesiges Transparent, das Teil einer großen Fan-Choreografie im Stadion war, zeigte den Leistikow-Adler, etwas an die Situation angepasst mit verwegenem Grinsen und einem Apfelwein-Glas in der Kralle.
Die Stadt Frankfurt hielt dagegen nach dem Krieg am Wappen von 1936 fest und beschloss erst vor vier Jahren sogar eine Satzung, die das Motiv rechtlich schützen soll. Auf dem Wappen von 1936 basiert auch das grafisch vereinfachte Frankfurt-Signet, das sich etwa auf allen Formularen der Stadt findet.
Frankfurt-Adler enthält "keine NS-Symbolik"
Eine Nazi-Grafik sei das offizielle Wappen nicht, betont Tobias Picard vom Frankfurter Institut für Stadtgeschichte. Zwar habe ein Nazi-Oberbürgermeister den Entwurf in Auftrag gegeben, aber der Grafiker Adolf Gloyr habe sich an mittelalterlichen Vorlagen orientiert. Das Vorbild finde sich "in einem Wappenbuch aus dem 16. Jahrhundert".
So martialisch der Raubvogel auch daher kommt – für den Historiker Picard enthält das Wappen keine NS-Symbolik im engeren Sinne. Als Wappentier sei der Adler weit verbreitet. Er gehe auf das Reichsbanner des Heiligen Römischen Reiches zurück. So wie Frankfurt führten auch andere frühere Reichsstädte noch den Adler im Wappen, zum Beispiel Aachen, Dortmund und Wetzlar.
Exklusiv ist das Adler-Motiv nicht gerade
Ein Adler wie viele andere – aus Designer-Sicht ist das ein Nachteil. Das Motiv sei nicht exklusiv für Frankfurt, sagt der Frankfurter Design- und Kunsthistoriker Klaus Klemp. Zudem sei der Adler von 1936 auch gestalterisch nicht sehr gelungen. "Das ist sehr konservativ, historistisch, ein Rückschritt".
Es gehe auch anders, sagt Picard und verweist auf Österreich. Das Land habe nach dem Krieg sein Wappen verändert. Der Adler hält seitdem Hammer und Sichel umkrallt – als Gegenentwurf zur monarchischen Krone. Und er trägt eine zerbrochene Kette. Als Symbol für die Fesseln der NS-Zeit, die endlich gesprengt sind.
Sendung: hr-iNFO, 18.10.2022, 06.20 Uhr
Ende der weiteren InformationenIhre Kommentare Wie stehen Sie zur Diskussion um den Adler im Stadtwappen Frankfurt?
97 Kommentare
-
Ich finde das eine unnötige Diskussion !
Frankfurt hat doch ganz andere Probleme !!.
-
Hallo,
Nur weil die Frau Mahn (Grüne Partei) das Wappen verändern will, nicht mit mir ! Das Stadtwappen soll bleiben wie bisher !!!
Mfg -
Glücklich wer solche Probleme hat!
Dieser Beitrag kann nicht mehr kommentiert werden.