Rassistischer Anschlag Polizeipräsident entschuldigt sich für Fehler in Hanau
Erstmals nach dem rassistischen Anschlag von Hanau mit neun Toten hat sich auch die Polizei für damalige Fehler entschuldigt. Eine Geste des Polizeipräsidenten von Südosthessen, auf die die Angehörigen seit Jahren warten.
Mehr als vier Jahre nach dem rassistischen Anschlag in Hanau hat sich der heutige Polizeipräsident von Südosthessen, Daniel Muth, für Fehler der Polizei entschuldigt.
"Wir haben Fehler im Umgang mit den Opfern und den Angehörigen gemacht", sagte er in einem Interview der Frankfurter Rundschau (Mittwochausgabe).
Attentäter tötete neun Menschen aus rassistischen Motiven
Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher binnen sechs Minuten neun Menschen in Hanau aus rassistischen Motiven erschossen: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Vili-Viorel Paun, Fatih Saracoglu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov.
Danach tötete der Attentäter nach Erkenntnissen der Ermittler zunächst seine Mutter und nahm sich selbst das Leben.
Die Polizei geriet bald in die Kritik, weil der Notruf in Hanau unterbesetzt war und Anrufe nicht weitergeleitet worden waren. Eines der Opfer, Vili-Viorel Paun, hatte den Attentäter nach den Schüssen am ersten Tatort verfolgt und dabei vergeblich versucht, die Polizei zu rufen.
Zudem fühlten sich die Hinterbliebenen der Erschossenen unzureichend informierten und beklagten einen unsensiblen Umgang. Auch wegen eines versperrten Notausgangs am zweiten Tatort gab es scharfe Kritik.
Vorgänger gestanden keine Fehler seitens der Polizei ein
Wenige Monate danach beförderte Innenminister Peter Beuth (CDU) den seinerzeit zuständigen Polizeipräsidenten von Südosthessen, Roland Ullmann, zum Landespolizeipräsidenten. Weder Ullmann noch dessen Nachfolger Eberhard Möller räumte Fehler der Polizei bei dem Einsatz ein.
Beuth bat ebenfalls niemals um Verzeihung und räumte auch keine Fehler ein. Erst der heutige Innenminister Roman Poseck (CDU) entschuldigte sich im Juni.
"Ich schließe mich dieser Entschuldigung an", unterstreicht Muth jetzt im Interview. "Wir haben die Fehler benannt, die damals gemacht wurden, etwa bei der Überbringung der Todesnachricht."
Bei einem solch politisch motivierten Anschlag hätte "eine sogenannte Landeslage im Landeskriminalamt ausgelöst werden müssen, bei der die Führung der Lage an einen besonders erfahrenen Polizeiführer mit dessen Führungsstab übergeben worden" wäre, sagte der Polizeipräsident der Zeitung. "Das ist damals nicht geschehen."
Angehörige mussten stundenlang auf Nachricht in Polizeisporthalle warten
Die Polizei hatte die Angehörigen nach dem Anschlag in einer Polizeisporthalle zusammengebracht, in der Schießscheiben der Polizei hingen. Dort warteten sie stundenlang auf Nachrichten, bis die Namen der Toten vor allen Anwesenden verlesen wurden.
"Die Opferangehörigen haben sehr eindringlich geschildert, was das mit ihnen gemacht hat, nicht zu wissen, ob ihre Verwandten tot sind, am Leben sind, wo sie sind", sagte Meuth im Interview mit der Frankfurter Rundschau. "Das muss für sie sehr schwer zu ertragen gewesen sein."
Die Initiative 19. Februar, in der sich Angehörige der Opfer und andere Betroffene des Anschlags sowie Unterstützer zusammengeschlossen haben, hat der Polizei wiederholt Fehler bei dem Einsatz vorgeworfen. Außerdem wurde kritisiert, dass nach dem Anschlag niemand die politische Verantwortung übernommen und es keine Konsequenzen gegeben habe.