Nach Einsturz der Elisabethkirche Evangelische Kirche untersucht 70 Gebäude
Nach dem Einsturz der Elisabethkirche in Kassel lässt die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) dutzende Gebäude untersuchen. Im Fokus steht eine bestimmte Dachkonstruktion.
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) untersucht nach dem Einsturz der katholischen Elisabethkirche in Kassel rund 70 ihrer eigenen Gebäude. Ein Großteil der Prüfungen sei bereits abgeschlossen, teilte sie am Freitag auf hr-Anfrage mit. Vorsorgliche Schließungen sind bei den noch nicht überprüften Kirchen nicht nötig, wie EKHN-Sprecher Volker Rahn betonte.
Die fraglichen Gebäude stammten aus den 1960er und 1970er Jahren und hätten sogenannte Leimbinder-Konstruktionen im Dach, wie sie die eingestürzte Kasseler Elisabethkirche hatte. Die genaue Zahl betroffener Gebäude stehe noch nicht fest.
Die Leimbinder-Konstruktion wurde in diesen beiden Jahrzehnten in ähnlichen Bauwerken oft genutzt, wies aber immer wieder auch Materialfehler auf. So verlor etwa der Leim durch Feuchtigkeit an Klebekraft.
Regelmäßige Prüfung verpflichtend
Bei in Frage kommenden Gemeinden seien die Dächer in Zusammenarbeit mit den kirchlichen Bauabteilungen begangen worden oder es seien Statikerinnen und Statiker sowie Architektinnen und Architekten zur Begutachtung beauftragt worden.
Die Kirchengemeinden der EKHN seien aber ohnehin verpflichtet, ihre Gebäude nach der sogenannten - auch allgemein geltenden - VDI-Richtlinie 6200 zu prüfen. Diese schreibe unter anderem regelmäßige Kontrollen von Gebäuden mit Stützweiten über zwölf Metern vor. Darauf habe die EKHN nach den Vorkommnissen in Kassel nochmals alle rund 1.100 Kirchengemeinden in einem speziellen Schreiben hingewiesen.
Kirche der Thomasgemeinde freigegeben
Aus Sicherheitsgründen sind aktuell in Darmstadt die Michaelskirche und die Kirche der Melanchthongemeinde geschlossen. Die Kirche der Thomasgemeinde in Hofheim-Marxheim war geschlossen. Sie sei inzwischen wieder freigegeben worden, berichtete Rahn. Aus organisatorischen Gründen bleibe die Gemeinde über Weihnachten aber in ihren Ausweichquartieren.
In Frankfurt-Riederwald ist seit einer Woche die Philippuskirche gesperrt, wie Pfarrer Matthias Weber dem hr bestätigte. Auch diese Kirche habe eine Dachkonstruktion wie die Elisabethkirche in Kassel. Die Gemeinde müsse auf Nummer sicher gehen, sagte Weber. Die Seitenkapelle könne aber weiter genutzt werden. Den Heiligabend-Gottesdienst könne die Gemeinde in der katholischen Heilig-Geist-Kirche feiern.
Keine Schließungen bei EKKW
Keine kurzfristigen Schließungen ihrer Gotteshäuser meldete die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW). Von ihren insgesamt rund 1.100 Kirchengebäuden seien etwa 120 aus dem kritischen Zeitraum mit Leimbinder-Konstruktionen, teilte die EKKW auf Anfrage mit. Diese würden regelmäßig einmal pro Jahr überprüft.
"Werden Auffälligkeiten und Schäden festgestellt, müssen sie nach einem festgelegten Informationsweg gemeldet werden", teilte die EKKW mit. Aktuell prüfe man, ob weitere Kontrollmechanismen nötig seien.
Sendung: hr-fernsehen, hessenschau, 22.12.2023, 19.30 Uhr
Redaktion: Meliha Verderber, Sonja Fouraté