Neuartige Fleischalternative In der Gießener Uni-Mensa gibt es jetzt veganes Hack aus Bier-Abfallstoffen
Drei Gießener Uni-Absolventen haben eine vegane Fleischalternative entwickelt: Die sogenannten "Brew Bites" werden unter anderem aus Resten hergestellt, die bei der Bierproduktion anfallen. Das pflanzliche Hack wird deutschlandweit erstmals in einer Mensa serviert.
Wo gearbeitet wird, da fallen Späne. Übertragend könnte man wohl sagen: Wo Bier gebraut wird, da fällt Treber – ein faseriger Reststoff aus ausgelaugtem Gerstenmalz, der beim Brauen übrig bliebt. Auf den ersten Blick erinnern die daraus hergestellten sogenannten "Brew Bites" tatsächlich ein bisschen an Holzspäne.
Die hat die Uni Gießen seit Mittwoch als erste Mensa in Deutschland im Angebot. Dabei handelt es sich um eine neuartige vegane Fleischalternative.
Der Test zeigt: Die hellbraunen Schnitze sind durchaus schmackhaft, sogar pur und ungewürzt. Herzhaft-nussig schmecken sie, aber nicht zu dominant. Die mittelfeste Konsistenz ähnelt tatsächlich stark gebratenem Hackfleisch.
Frankfurter StartUp mit Wurzeln in Gießen
Entwickelt hat das Produkt ein Frankfurter Startup-Unternehmen namens UpCircld Kitchen. Alle drei Gründer sind Absolventen der Uni Gießen.
Eine von ihnen ist die Lebensmitteltechnikerin Monika Černiauskaitė. Von "Abfallstoffen" will Černiauskaitė lieber nicht reden, lieber von "Nebenströmen" oder "Food-Upycling".
Proteine werden knapper
Černiauskaitė sagt: Die Idee sei aus einem allgemeinen Umdenken in der Lebensmittelproduktion heraus entstanden. Das Nutzbarmachen von übrig gebliebenen Rohstoffen aus der Lebensmittelindustrie sei derzeit ein großes Thema in der Branche, auch weil inzwischen klar sei: Proteine werden weltweit in Zukunft immer knapper.
"Wir haben uns gefragt: Was wird in Deutschland besonders viel produziert?", berichtet die Lebensmitteltechnikerin. Die Antwort sei naheliegend gewesen: Bier.
Biertreber, Kürbiskernmehl, Erbsenprotein
Laut Černiauskaitė bestehen die Brew Bites neben Biertreber noch aus Erbsenprotein und Kürbiskernmehl. Auch letzteres sei ein Nebenprodukt und entstehe bei der Produktion von Kürbiskernöl in der Steiermark. "Unser Ziel ist, Rohstoffen ein hochwertiges zweites Leben in tollen Produkten zu geben."
Das besondere an den Brew Bites ist nicht nur die Aufbereitung von Reststoffen. Sondern dass sie nach Angaben der Erfinder komplett ohne künstliche Zusatzstoffe auskommen. Sie sind also tatsächlich rein pflanzlich - anders als viele bisherige Fleischalternativen auf dem Markt.
Soll Fleisch nicht imitieren
Eineinhalb Jahre haben die Entwickler daran gearbeitet. Herausfordernd sei vor allem gewesen, den Geschmack so zu optimieren, dass er weder zu malzig ist, noch einen Nachgeschmack verursacht. Letzteres werde bei vielen veganen Fleischalternativen häufig als unangenehm empfunden, erklärt Mitgründer Wojciech Konieczny. "Wir haben deshalb auch mit verschiedenen Köchen zusammengearbeitet."
Die Brew Bites sollen Fleisch geschmacklich nicht imitieren, sondern als eigenständiges, pflanzliches Produkt funktionieren. Und ähnlich vielseitig wie Fleisch einsetzbar sein, aber trotzdem mit ganz eigenen Eigenschaften.
Nach Bier schmecke es keineswegs, betonen die Entwickler. Auch komplett alkoholfrei sei das Produkt. Geliefert werden die Schnitze tiefgekühlt, direkt fertig für die Verarbeitung. Erhältlich sind sie bisher nur für Händler, Restaurants oder Cafeterien.
Mensa: Hochinteressantes Produkt
Laut Studierendenwerk sei das Brew Bites Hack ein hochinteressantes Produkt für die Mensa, weil es in vielen Gerichten vielfältig einsetzbar sei. Denn hier sei die Nachfrage nach veganem und vegetarischem Essen überproportional hoch.
Etwa zehn Prozent der Studierenden essen laut Umfragen des Studierendenwerks kein Fleisch, erklärt Pressesprecherin Eva Mohr. Je nach Studie seien es in der restlichen Bevölkerung eher drei bis sechs Prozent. "Bei uns gehen jeden Tag über fünfzig Prozent fleischlose Gerichte über die Theke", sagt Mohr.
Reaktionen in der Mensa
Am ersten Tag mit Brew Bites in der Uni Mensa gibt es übrigens Biryani, ein indisches Reisgericht mit Gemüse, Nüssen und Trockenobst. Mensa-Betriebsleiter Axel Friedrich sagt, der Geschmack des veganen Hacks habe ihn überrascht.
"Überhaupt nicht malzig, sehr angenehm", meint Friedrich. "Wir sind stolz darauf, das Produkt mit dem Unternehmen auf den Markt bringen zu dürfen und sehr gespannt auf die Reaktionen."
Die fallen in der Mensa recht positiv aus. Ein bisschen süßlich, meint ein Student, der sich auch recht sicher ist, doch eine Biernote zu schmecken. Eine andere findet: Würzig und ungewohnt seid das. "Aber auf jeden Fall gut!"