Neuartige Fleischalternative In der Gießener Uni-Mensa gibt es jetzt veganes Hack aus Bier-Abfallstoffen

Drei Gießener Uni-Absolventen haben eine vegane Fleischalternative entwickelt: Die sogenannten "Brew Bites" werden unter anderem aus Resten hergestellt, die bei der Bierproduktion anfallen. Das pflanzliche Hack wird deutschlandweit erstmals in einer Mensa serviert.

Eine Gruppe von Männern und Frauen hält lachend einen Teller mit einer Speise aus veganem Hack hoch, im Hintergrund ist eine Kantinenküche zu sehen.
In der Gießener Uni-Mensa führen das Studentenwerk und ein Frankfurter StartUp ein neuartiges veganes Hack ein. Bild © Jannis Gerhard

Wo gearbeitet wird, da fallen Späne. Übertragend könnte man wohl sagen: Wo Bier gebraut wird, da fällt Treber – ein faseriger Reststoff aus ausgelaugtem Gerstenmalz, der beim Brauen übrig bliebt. Auf den ersten Blick erinnern die daraus hergestellten sogenannten "Brew Bites" tatsächlich ein bisschen an Holzspäne.

Die hat die Uni Gießen seit Mittwoch als erste Mensa in Deutschland im Angebot. Dabei handelt es sich um eine neuartige vegane Fleischalternative.

Videobeitrag

Neuartige Fleischalternative in Gießener Uni-Mensa

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Der Test zeigt: Die hellbraunen Schnitze sind durchaus schmackhaft, sogar pur und ungewürzt. Herzhaft-nussig schmecken sie, aber nicht zu dominant. Die mittelfeste Konsistenz ähnelt tatsächlich stark gebratenem Hackfleisch.

Frankfurter StartUp mit Wurzeln in Gießen

Entwickelt hat das Produkt ein Frankfurter Startup-Unternehmen namens UpCircld Kitchen. Alle drei Gründer sind Absolventen der Uni Gießen.

braune Schnitze in Edelstahlkörben
Die Brew Bites werden tiefgekühlt geliefert. Bild © Rebekka Dieckmann

Eine von ihnen ist die Lebensmitteltechnikerin Monika Černiauskaitė. Von "Abfallstoffen" will Černiauskaitė lieber nicht reden, lieber von "Nebenströmen" oder "Food-Upycling".

Proteine werden knapper

Černiauskaitė sagt: Die Idee sei aus einem allgemeinen Umdenken in der Lebensmittelproduktion heraus entstanden. Das Nutzbarmachen von übrig gebliebenen Rohstoffen aus der Lebensmittelindustrie sei derzeit ein großes Thema in der Branche, auch weil inzwischen klar sei: Proteine werden weltweit in Zukunft immer knapper.

zwei Frauen und ein Mann in Schutzkleidung in einer Großküche
Elvira Bechtold, Wojciech Konieczny und Monika Černiauskaitė (v.l.) haben das StartUp gegründet. Bild © Rebekka Dieckmann

"Wir haben uns gefragt: Was wird in Deutschland besonders viel produziert?", berichtet die Lebensmitteltechnikerin. Die Antwort sei naheliegend gewesen: Bier.

Biertreber, Kürbiskernmehl, Erbsenprotein

Laut Černiauskaitė bestehen die Brew Bites neben Biertreber noch aus Erbsenprotein und Kürbiskernmehl. Auch letzteres sei ein Nebenprodukt und entstehe bei der Produktion von Kürbiskernöl in der Steiermark. "Unser Ziel ist, Rohstoffen ein hochwertiges zweites Leben in tollen Produkten zu geben."

Das besondere an den Brew Bites ist nicht nur die Aufbereitung von Reststoffen. Sondern dass sie nach Angaben der Erfinder komplett ohne künstliche Zusatzstoffe auskommen. Sie sind also tatsächlich rein pflanzlich - anders als viele bisherige Fleischalternativen auf dem Markt.

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Was ist Biertreber?

In Deutschland fallen laut Universität Jena jährlich etwa 1,5 Millionen Tonnen Biertreber an. Dabei handelt es sich um feste, faserige Rückstände des Gerstenmalzes, die beim Brauprozess übrig bleiben. Die bräunliche Masse enthält getrocknet bis zu 30 Prozent Protein. In aufbereiteter Form wird Treber derzeit vor allem in der Futtermittelindustrie eingesetzt, vereinzelt auch in veganen Produkten. Auch an der Nutzung von Treber für die Energiespeicherung wird derzeit geforscht.

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Soll Fleisch nicht imitieren

Eineinhalb Jahre haben die Entwickler daran gearbeitet. Herausfordernd sei vor allem gewesen, den Geschmack so zu optimieren, dass er weder zu malzig ist, noch einen Nachgeschmack verursacht. Letzteres werde bei vielen veganen Fleischalternativen häufig als unangenehm empfunden, erklärt Mitgründer Wojciech Konieczny. "Wir haben deshalb auch mit verschiedenen Köchen zusammengearbeitet."

Koch kippt braune Schnitze in einen großen Gastro-Bräter
Das vegane Hackfleisch wird erstmals in der Mensa-Küche verarbeitet Bild © Rebekka Dieckmann

Die Brew Bites sollen Fleisch geschmacklich nicht imitieren, sondern als eigenständiges, pflanzliches Produkt funktionieren. Und ähnlich vielseitig wie Fleisch einsetzbar sein, aber trotzdem mit ganz eigenen Eigenschaften.

Nach Bier schmecke es keineswegs, betonen die Entwickler. Auch komplett alkoholfrei sei das Produkt. Geliefert werden die Schnitze tiefgekühlt, direkt fertig für die Verarbeitung. Erhältlich sind sie bisher nur für Händler, Restaurants oder Cafeterien.

Mensa: Hochinteressantes Produkt

Laut Studierendenwerk sei das Brew Bites Hack ein hochinteressantes Produkt für die Mensa, weil es in vielen Gerichten vielfältig einsetzbar sei. Denn hier sei die Nachfrage nach veganem und vegetarischem Essen überproportional hoch.

Etwa zehn Prozent der Studierenden essen laut Umfragen des Studierendenwerks kein Fleisch, erklärt Pressesprecherin Eva Mohr. Je nach Studie seien es in der restlichen Bevölkerung eher drei bis sechs Prozent. "Bei uns gehen jeden Tag über fünfzig Prozent fleischlose Gerichte über die Theke", sagt Mohr.

Reaktionen in der Mensa

Am ersten Tag mit Brew Bites in der Uni Mensa gibt es übrigens Biryani, ein indisches Reisgericht mit Gemüse, Nüssen und Trockenobst. Mensa-Betriebsleiter Axel Friedrich sagt, der Geschmack des veganen Hacks habe ihn überrascht.

Teller mit Reisgericht: Biryani, ein indisches Reisgericht mit Gemüse, Nüssen, Trockenobst - und Hack aus Brew Bites.
Erster Brew-Bite-Versuch in Gießen ist ein indisches Reisgericht. Bild © Jannis Gerhard

"Überhaupt nicht malzig, sehr angenehm", meint Friedrich. "Wir sind stolz darauf, das Produkt mit dem Unternehmen auf den Markt bringen zu dürfen und sehr gespannt auf die Reaktionen."

Die fallen in der Mensa recht positiv aus. Ein bisschen süßlich, meint ein Student, der sich auch recht sicher ist, doch eine Biernote zu schmecken. Eine andere findet: Würzig und ungewohnt seid das. "Aber auf jeden Fall gut!"

Sendung: hr-Fernsehen, 22.01.2024, 19.30 Uhr

Quelle: hessenschau.de