Krone, Krake oder Kralle? Der neue Schlossturm-Anblick in Fulda erregt die Gemüter

Die neue Architektur auf einem Turm des Stadtschlosses hat eine Polit-Posse in Fulda ausgelöst. Wegen der künstlerisch umstrittenen Umgestaltung ist eine Debatte entbrannt, an der sich Politiker und Künstler leidenschaftlich beteiligen.

Schlossturm-Haube Fulda
Eine Stahlkonstruktion wurde Anfang September auf einem Turm des Stadtschlosses in Fulda installiert - seither wird über Sinn und Unsinn gestritten. Bild © osthessen-news.de
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Der neue Schlossturm-Anblick in Fulda erregt die Gemüter

Schlossturm in Fulda
Bild © hr
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Die Stadt Fulda greift zu süßen Versuchungen, um den Menschen die neue Haube des Turms am Stadtschloss schmackhaft zu machen. Es wurden sogar schon Fruchtgummis produziert, die die geschwungene Turmspitze mit ihrem kronenartigen Aufbau zeigen.

Doch vielen Beobachtern stößt die architektonische Stahlkonstruktion im Zentrum der Barockstadt sauer auf. Ihr Anblick erhitzt die Gemüter und hat in Fulda eine Polit-Posse und heißblütige Diskussionen ausgelöst. Die seit Wochen über (soziale) Medien ausgefochtene Debatte wird von den Beteiligten mit eisernem Ernst geführt. Was ist passiert?

Anziehungspunkt für Touristen schaffen

Anfang September wurde eine neue, nicht funktionale, sondern künstlerisch anmutende Stahlkonstruktion mit einem Kran auf dem Turm aufgesetzt. Der Turm aus dem 13. Jahrhundert gehört nach städtischen Angaben zu den ältesten Teilen des Fuldaer Stadtschlosses.

Dessen Dach war Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr zu retten. Und der gesamte Turm wies mit zunehmender Zeit erhebliche Mängel auf. Er wurde zum Sanierungsfall.

Schlossturm-Haube Fulda
Stadt Fulda: "Touristischen Anziehungspunkt" schaffen. Bild © Stadt Fulda (C. Tech)

Ziel der Stadt war es dabei auch, das Bauwerk mit seiner Aussichtsplattform barrierefrei zu gestalten. So sollen auch Menschen mit Behinderungen ihn problemlos besuchen können. Mit seiner Erscheinung wollte die Stadt aber auch einen "touristischen Anziehungspunkt" schaffen, wie sie erklärte.

Um die Geschichte des Turms aufzugreifen, wollte die Stadt die "wahrscheinlich einmalige Gelegenheit ergreifen", die ursprünglichen Proportionen wiederherzustellen. Dafür wurde ein künstlerisches Objekt geschaffen, dass die Außenkonturen einer Renaissancehaube andeutet, wie die Stadt erläuterte. Es wurde von den Architekten Krieg+Warth entworfen.

Krone, Krake oder Kralle?

Die Stadtverordneten in Fulda waren eigentlich fein damit und stimmten nach Beratungen für das Projekt. Als der Aufbau Anfang September platziert wurde, sprach man von Seiten der Stadt davon, dass der Turm nun gekrönt sei.

Doch über Geschmack und Kunst lässt sich vortrefflich streiten. Und so wurde zunehmend Kritik laut. Stimmen aus der Bevölkerung sprachen in Social-Media-Kanälen oder in Medienberichten von weit weniger sympathischen Zuschreibungen. Von "Krake" oder "Kralle" war die Rede. Einige Menschen finden das Bauwerk nach eigenem Bekunden einfach nicht schön.

Biennale-Preisträger spricht von "Lachnummer"

Biennale-Preisträger Franz Erhard Walther aus Fulda bezeichnete den Aufbau im Gespräch mit der "Fuldaer Zeitung" als "Lachnummer" und kritisierte: "Ärgerlich ist, dass man sie mit dem laienhaften Begriff, jeder habe eben einen anderen 'Geschmack', verteidigen will."

Franz Erhard Walther
Franz Erhard Walther kritisierte architektonischen Wert des Schlossturm-Krone. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)

Der Jurist und langjährige Fraktionsvorsitzende der Christlichen Wähler-Einheit (CWE) im Stadtparlament, Michael Schmitt, sagte der Zeitung: Er sehe darin keine Krone, sondern ein riesiges Greifwerkzeug aus Metall - keine schöne Assoziation.

Kritik vom Steuerzahlerbund und aus der Kommunalpolitik

Der Grünen-Stadtverordnete Ernst Sporer ist ebenfalls unglücklich. Er distanziert sich und würde seine Zustimmung am liebsten rückgängig machen. "Ich gebe zu, dass ich mich geirrt habe. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie schrecklich das ganze Ding am Ende tatsächlich aussieht", sagte er der "Fuldaer Zeitung". Niemand könne ehrlichen Herzens sagen, dass es eine tolle Sache sei. 

Auch der Bund der Steuerzahler kritisiert die allein schon 600.000 Euro teure Turmkrone und führt sie in seinem Schwarzbuch auf. Das listet alljährlich Fälle von vermeintlicher Steuergeld-Verschwendung auf. Die gesamte Sanierung kostetet 4,8 Millionen Euro. Die Stadt Fulda hält die Kritik für ungerechtfertigt.

Stadtbaurat schweigt

Ins Visier der Unzufriedenen geriet auch Stadtbaurat Daniel Schreiner (parteilos). Doch der will sich auf hr-Anfrage vorerst nicht äußern. Er bat: Das finale Erscheinungsbild könne man erst später bewerten. Wenn die Gerüste abgebaut sind, der Turm zugänglich ist und die geplante dezente Beleuchtung der Krone aktiviert ist.

Die Stadt kann die Aufregung nicht nachvollziehen und versucht es positiv zu sehen: Eine lebendige Diskussion um Kunst und Geschichte sei ein Zeichen dafür, dass es dem jeweiligen Kunstwerk gelinge, dass sich die Menschen mit ihm auseinandersetzten und ihm nicht gleichgültig gegenüberstünden.

Installation soll bleiben

Und die Stadt ist der Ansicht: Der Turm könne als markanter Orientierungspunkt für jedermann dienen. Mit der Krone sei ein bleibender künstlerischer Akzent für das Stadtbild entstanden. Bleibend? In der Stadt wurde schon erörtert, ob es eine dauerhafte Installation sein müsse.

Doch die Verwaltung stellte klar: Es gebe keine Absichten, die Haube nach einer bestimmten Zeit wieder abzubauen. In Fulda werden sie sich mit ihrem Turmaufbau - egal ob Krone, Krake oder Kralle - anfreunden müssen.

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Redaktion: Jörn Perske

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de