Truck-Sperren, Polizeipräsenz, Waffenkontrollen So werden Hessens närrische Umzüge gesichert

Hessen steckt mitten in der fünften Jahreszeit. Die Sicherheitsvorkehrungen für die Karnevalsumzüge sind strenger als je zuvor. Besonders Fulda, Gießen und Wiesbaden verschärfen ihre Maßnahmen – während Marburg den Rosenmontagsumzug gleich ganz streicht.

Ein Polizist beobachtet den Umzug in der Frankfurter Innenstadt.
Ein Polizist beobachtet den Umzug in der Frankfurter Innenstadt. (Archivbild) Bild © picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Ob Karneval, Fassenacht, Fastnacht oder Fasching - die Narren sind los. Umzüge und Veranstaltungen gibt es vor allem rund um Rosenmontag zuhauf und sie sollen vielerorts in diesem Jahr nochmal mehr gesichert sein als in der Vergangenheit.

"Für unsere Sicherheitsbehörden sind Veranstaltungen rund um Karneval mit großen Herausforderungen verbunden", sagte Innenminister Roman Poseck (CDU). Obwohl die Bevölkerung eine abstrakte Gefahr verspüre, gäbe es derzeit jedoch keine Hinweise auf eine konkrete Terrorgefahr zu Karneval.

Nach Anschlägen in München mit einem Auto in der Innenstadt, in Magdeburg mit einem Auto auf dem Weihnachtsmarkt, in Aschaffenburg mit einem Messer - der Minister nennt hier explizit die Auto-Attacke im nordhessischen Volkmarsen (Waldeck-Frankenberg) vor fünf Jahren - bestehe dennoch eine abstrakte Gefahr. Die hessischen Sicherheitsbehörden seien darauf gut vorbereitet. "Sie unternehmen alles, dass sich das abstrakte Anschlagsrisiko bei uns nicht realisieren kann", so Poseck.

Viele Städte und Kommunen haben deshalb mit den Karnevalsvereinen ihre Konzepte angepasst, um den Närrinnen und Narren ein sicheres Feiern zu ermöglichen.

Fulda: Anschläge spielten bei Planung eine Rolle

In der osthessischen Faschingshochburg Fulda beim größten Rosenmontagsumzug Hessens seien die Sicherheitsvorkehrungen bereits sehr hoch - und dennoch habe man noch nachgebessert, teilte die Fuldaer Karnevalsgesellschaft (FKG) dem hr mit. Die Attacken und Anschläge der jüngsten Vergangenheit seien mitbedacht worden. Daher könne es gegebenenfalls zu mehr Kontrollen kommen.

Ein besonderer Schwerpunkt liege auf dem Absperrungskonzept der Zugstrecke sowie auf der Sicherung der Zuschauerbereiche. Auch die Zufahrtswege sollen besonders geschützt werden. So seien Fahrzeugsperren, Absperrgitter an neuralgischen Punkten, Poller, Polizeikontrollen und erstmals eine Waffenverbotszone geplant. Laut Polizei werde man "offene und verdeckte Maßnahmen" durchführen; man sei mit einer Vielzahl an Polizeikräften im Einsatz.

Die Sicherheitsvorkehrungen seien für die Karnevalisten eine große Herausforderung - vor allem finanzieller Art. Dank kleiner und großer Spenden rund um den Rosenmontagsorden sei es gelungen, die nötigen Mittel dafür aufzubringen.

Verkleidete Kinder bestaunen Umzug in Fulda
Fulda: Damit die Narren sicher feiern können, sind eine Vielzahl an Polizisten vor Ort. (Archivbild) Bild © picture-alliance/dpa

Beim Kinderfasching am Sonntag (2.3.) seien die Vorkehrungen grundsätzlich identisch. Wegen einer kürzeren Zugstrecke und weniger Teilnehmenden sowie Zuschauenden gebe es jedoch einige Anpassungen. "Die Zufahrtswege werden dennoch mit schweren Vorrichtungen abgesichert", so die FKG.

Heppenheim beschafft Fahrzeugsperren, Gießen ändert Sicherheitskonzept

Der Fassenachtsumzug von Gießen am 2. März soll in diesem Jahr auf einer leicht veränderten, verkürzten Strecke verlaufen. "Vor dem Hintergrund des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg wurde das Sicherheitskonzept des Umzugs überarbeitet", teilte die Stadt mit.

Ziel sei es, mit möglichst kleinen Eingriffen eine möglichst große Sicherheit für die Zugteilnehmenden und die Besucher entlang der Strecke zu gewährleisten. Deshalb würden alle Querungen der Zugstrecke mit anderen Straßen mittels Barrieren gesichert - darunter auch Lkw.

In Heppenheim (Bergstraße) wurden nach Angaben der Stadt zwölf mobile Fahrzeugsperren für den Umzug (2.3.) vor Ort beschafft - dafür habe man sich bereits vor dem Anschlag in Magdeburg entschieden. Mit hoher Polizeipräsenz, der Sperrung sämtlicher Zufahrtsstraßen und vermehrten Waffenkontrollen möchte man den Narren ein sicheres Feiern ermöglichen.

Dieburg und Volkmarsen sehen sich gut gerüstet

In Dieburg soll es laut örtlichem Karnevalsverein keine Veränderungen am Hauptzug (4.3.) geben - dieses Jahr werde lediglich der Kinderumzug (23.2.) verlegt. Nicht aus Sicherheitsgründen, sondern weil der Umzug am Wahlsonntag stattfindet und bei der bisherigen Route Wahllokale beeinträchtigt würden.

In Volkmarsen sei man für den Kinderumzug und den Rosenmontagsumzug (2. und 3.3.) bereits aus den vergangenen Jahren gut gerüstet – so sehr, dass es keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen wegen des Anschlags in Magdeburg geben soll. Hier setze man auf Truck-Sperren, eine starke Polizeipräsenz und das bewährte Sicherheitskonzept vom vergangenen Jahr. Man werde sich jedoch kurz vor den Umzügen noch einmal mit der Polizei abstimmen, sagte der Vorsitzende der Karnevalisten im Ort, Christian Diste.

Mobile Fahrzeugsperren sind auf einem Weihnachtsmarkt hinter den Buden zu sehen.
Diese Sperren - hier noch im Einsatz auf einem Weihnachtsmarkt - sollen in Volkmarsen stehen, um die Umzüge vor Fahrzeugen zu sichern. Bild © picture alliance/dpa | Sven Hoppe

Die gesamte Innenstadt wird während der Umzüge für den Verkehr gesperrt und soll als Schutzzone fungieren. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Innenstadtkerns müssen daher erneut mit größeren Einschränkungen rechnen. Zudem ruft der Karnevalsverein zu einem autofreien Festwochenende auf: Selbst zu Zeiten, in denen das Fahren erlaubt wäre, sollten die Menschen das Auto stehen lassen. Fußläufig ist alles erreichbar.

Vor genau fünf Jahren war beim Umzug ein Mann absichtlich in eine Menschenmenge gefahren - er wurde wegen versuchten Mordes in 89 Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

In Fritzlar (Schwalm-Eder) seien die Sicherheitsmaßnahmen bereits hoch, versichern die Karnevalisten vom Verein "Die Eddernarren". Sie werden aber nicht wirklich erhöht. Im Gegenteil: Weil die Strecke des Umzugs am Rosenmontag etwas verringert wurde, werde sogar etwas weniger Schutzausrüstung benötigt.

Zusätzliche Maßnahmen werde es jedoch nicht geben. Im Gegenteil: Da die Strecke des Umzugs am Rosenmontag etwas verkürzt wurde, werde sogar etwas weniger Schutzausrüstung benötigt. Mobile Straßensperren sowie solche, die im Notfall geöffnet werden können, um Rettungskräfte durchzulassen, gebe es bereits seit 2022. Stahlbetonwände und geliehene Sperren von Nachbarkommunen sollen nun zusätzlich zum Einsatz kommen – die Planungen dafür habe es jedoch schon vor dem Anschlag in Magdeburg gegeben.

Frankfurt und Wiesbaden: Optimierungen am Sicherheitskonzept

Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden spricht dem hr gegenüber von nochmals erhöhten Sicherheitsmaßnahmen. Noch sei die Planung jedoch nicht komplett abgeschlossen.

Die Sicherheitskonzepte der großen Fastnachtsumzüge in Frankfurt hätten nach Angaben der Stadt in den letzten Jahren bereits ein hohes Niveau erreicht. Auf Nachfrage versichert man: "Auch in diesem Jahr wurden weitere Optimierungen und Ergänzungen vorgenommen." Einzelheiten hierzu möchte man zum Schutze der Veranstaltungen nicht nennen.

Publikum im Konfettiregen in Frankfurt
Frankfurt im Konfettiregen: Fastnacht auf dem Römerberg (Archivbild) Bild © picture-alliance/dpa

Spendenaktion für gestiegene Kosten

Die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen seien in diesem Jahr deutlich aufwendige, sagt Uwe Forstmann von der Zuggemeinschaft des "Klaa Pariser Fastnachtszugs" im Stadtteil Heddernheim. So werde erstmalig nicht nur der Zugweg, sondern der gesamte Stadtteil abgesperrt. Statt neun bis zehn Sperrungen bedeute das rund 20 Straßensperrungen. 

"Eine Zahl, die besonders heraussticht: Wir müssen in ganz Heddernheim rund 600 Halteverbotsschilder aufstellen", erklärt Forstmann. Durch die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen würden die Kosten von einem fünf- auf einen sechsstelligen Euro-Betrag steigen. Für die Finanzierung habe man sogar extra eine Spendenaktion gestartet.

Die Karnevalsvereine in Oberursel, Hünfeld und Heppenheim klagen ebenfalls über steigende Kosten. Die Umzüge dort sollen nach aktuellem Stand aber ebenfalls wie geplant stattfinden.

Marburg hat Umzugswagen - aber ohne Umzug

Marburg hat in diesem Jahr einen besonders radikalen Schritt gewagt: Der Rosenmontagsumzug, bei dem Wagen durch die Stadt fahren, fällt komplett aus. Stattdessen soll die Biegenstraße zur Festmeile werden. Von 13:00 bis 16:30 Uhr seien dennoch liebevoll geschmückte Karnevalswagen, bunte Fußgruppen und jede Menge Kamelle vorhanden, die gesammelt werden können.

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Bild © Marc Klug (hr)| zur Audio-Einzelseite
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"Der bisherige Rosenmontagszug ist mit seinen Absperrungen bei einem Zug von der Innenstadt bis zum Afföller aktuell einfach nicht finanzierbar", so Zugmarschall Toni Ahlendorf. Man habe die Anforderungen, das Sicherheitskonzept und die gestiegenen Kosten sorgfältig abgewogen.

Redaktion: Simon Rustler

Sendung: hr4,

Quelle: hessenschau.de mit Informationen von Michael Metzger und Daniel Käthner (hr)