Parolen und Kennzeichen der Hamas Offener Antisemitismus auf Weihnachtsmarkt in Darmstadt
Auf dem Weihnachtsmarkt einer Darmstädter Kirchengemeinde wurden antisemitisches Material verkauft und verbotene Hamas-Kennzeichen verwendet. Stadt und Kirche sind entsetzt, die Jüdische Gemeinde stellt Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Einen "Friedens-Weihnachtsmarkt" wollte die Darmstädter Michaelsgemeinde veranstalten, stattdessen gab es Hassparolen und antisemitische Entgleisungen. Auf der Veranstaltung am vergangenen Wochenende wurde unverblümt antisemitisches Material verbreitet. Das bestätigte die Evangelische Kirche in Hessen Nassau (EKHN): "Die Bilder sind zutiefst verstörend."
Wer über den Weihnachtsmarkt im Martinsviertel schlenderte, konnte etwa Lebkuchenherzen oder Schlüsselanhänger mit Slogans und dem roten Dreieck - dem Erkennungszeichen der verbotenen Terrororganisation Hamas - kaufen. Auch Stofftaschen, auf denen eine Landkarte Israels mit dem Schriftzug "Palästina" darüber zu sehen ist, wurden angeboten. Eine Grafik, die das Existenzrecht Israels infrage stellt.
Auf Flyern war der Spruch "From the river to the sea" zu lesen, über dessen Strafbarkeit die Gerichte seit Monaten diskutieren. Mit der Parole wird ein freies Palästina gefordert - und damit nach der Überzeugung vieler die Auslöschung Israels.
Jüdische Gemeinde stellt Strafanzeige
Die Jüdische Gemeinde Darmstadt und mehrere Privatpersonen haben nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Daniel Neumann Strafanzeigen gegen die evangelische Michaelsgemeinde und die Palästina-Solidaritätsgruppe "Darmstadt4Palestine" erstattet, die zusammen den "Anti-Kolonialen Friedens-Weihnachtsmarkt" organisiert haben. Die Anzeigen richteten sich gegen das Ausstellen verfassungswidriger und terroristischer Symbole.
Dass eine Kirchengemeinde eine solchen Weihnachtsmarkt abhalte, sei "skandalös", sagte Neumann von der Jüdischen Gemeinde. Dort seien sämtliche Register gezogen worden, "Israel zu dämonisieren und zu delegitimieren".
So wird Israel auf einem Flugblatt vorgeworfen, seit 75 Jahren einen "Genozid" an Palästinensern zu verüben. Die Verfasser sprechen von "ethnischen Säuberungen". Das sei nichts anderes als "israelbezogener Antisemitismus".
Oberbürgermeister kritisiert Gemeinde scharf
Auch Darmstadts Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) nannte die Bilder vom Weihnachtsmarkt "zutiefst verstörend". Er wirft der Michaelsgemeinde vor, antisemitische Inhalte zu propagieren.
Es seien antisemitische Erzählmuster aufgenommen worden, so Benz. Gleichzeitig habe es keine Kritik an dem brutalen Überfall der Hamas auf Israel und damit auf jüdisches Leben am 7. Oktober 2023 gegeben. Eine solche Veranstaltung unter dem Dach einer evangelischen Gemeinschaft durchzuführen, sei "unerträglich".
Antisemitismus-Beauftrager: "Absolut skandalös"
Der hessische Antisemistimus-Beauftragte Uwe Becker (CDU) sagte am Mittwoch, man habe hier Weihnachten zur Verbreitung von Judenhass missbraucht. In subtiler, gleichzeitig aber auch aggressiver Form habe man dem israelbezogenen Antisemitismus in allen denkbaren Formen Raum geboten.
"Es ist unfassbar, völlig inakzeptabel und absolut skandalös, in welch infamer Weise in Darmstadt Hamas-Propaganda und Holocaust-Relativierung eine Plattform geboten wurde", so Becker. Durch die Verwendung der Botschaft "Nie wieder" sei der Massenmord an sechs Millionen Juden mit den aktuellen Kriegshandlungen im Nahen Osten gleichgesetzt worden.
Kirche begrüßt Strafanzeige
Die Gemeinde schwieg lange zu den Vorwürfen, erst auf mehrfaches Drängen der Kirche äußerte sich Pfarrer Manfred Werner. Die Michaelsgemeinde distanziere sich von jeglicher Form der Menschenverachtung, wird Werner in einem Statement der EKHN gegenüber dem hr indirekt zitiert. Darunter verstehe der Pfarrer auch Rassismus und Antisemitismus.
Gegenüber dem hr distanziert sich die EKHN deutlich von dem Vorfall und behält sich nach eigenen Angaben rechtliche Schritte gegen die Michaelsgemeinde vor. Die Strafanzeige durch die Jüdische Gemeinde begrüßt die Kirche demnach "ausdrücklich".
Staatsanwaltschaft ermittelt
Grundsätzlich sei es legitim, auf das Anliegen der notleidenden Menschen in Gaza aufmerksam zu machen, schreibt die EKHN. Der Verkauf von Gegenständen mit Symbolen, die in Verbindung mit der Terrororganisation Hamas stehen, sei aber inakzeptabel: "Antisemitismus darf in unserer Kirche keinen Platz haben."
Der Vorfall hat bereits den Weg zur Darmstädter Staatsanwaltschaft gefunden, die die Ermittlungen aufgenommen hat. "Wir prüfen aktuell, ob ein Straftatbestand vorliegt", sagte Staatsanwalt Robert Hartmann dem hr.
Gemeinde: Solidarität mit Palästina
Die Michaelsgemeinde hatte gemeinsam mit der Gruppe "Darmstadt4Palestine" einen "Anti-Kolonialen Friedens-Weihnachtsmarkt" unter dem Motto der Solidarität mit Palästina veranstaltet.
"Antikolonial nennen wir ihn deshalb, weil unser Fokus darauf liegen wird, Palästinenserinnen und Palästinenser mit den Einnahmen unseres Marktes zu unterstützen", hieß es in der Ankündigung.