Eltern und Schüler protestieren in Frankfurt "Wer die Schulen vernachlässigt, riskiert die Zukunft"
Rund 1.000 Schulkinder, Eltern und Lehrkräfte haben auf dem Frankfurter Römerberg demonstriert, um auf den dringenden Sanierungsbedarf an Frankfurter Schulen aufmerksam zu machen. Der Investitionsstau wird auf über zwei Milliarden Euro beziffert.
Drinnen tagte der Bildungsausschuss der Stadtverordnetenversammlung, vor der Tür wurde protestiert: Rund 1.000 Schüler, Eltern und Lehrer haben am Montagnachmittag vor dem Frankfurter Römer mit dem Stadtelternbeirat gegen die maroden Schulen der Stadt demonstriert.
Unter anderem kritisierten sie, in Dauer-Provisorien wie Container-Schulen untergebracht zu sein. "Wer die Schulen vernachlässigt, riskiert die Zukunft", war auf einem Transparent zu lesen.
Unter einem Trillerpfeifenkonzert haben Vertreterinnen und Vertreter von elf Schulen auf einer Bühne auf dem Römerberg über Missstände berichtet, gerappt oder gedichtet. In der Wöhlerschule im Dornbusch zum Beispiel muss der Chemie-Unterricht mit Campinggasflaschen gehalten werden, weil die Gasanlage defekt ist. Abluft für Experimente gebe es auch nicht, hieß es.
In der Kerschensteiner Schule in Hausen sitzen Kinder seit den 1990er Jahren teils in Containern, in denen es im Sommer über 40 Grad heiß wird.
Forderungskatalog an Stadtverordnete übergeben
Katja Rininsland vom Stadtelternbeirat kritisierte, dass die Stadt Frankfurt die Fachkräfte von morgen nicht wertschätze. Der Zustand der Schulen und das Fehlen von Schulen seien eine Schande. Rininsland sagte, die Stadt wolle rund 270 Millionen für eine Multifunktionshalle am Stadion ausgeben - für die Lernstätten tausender Kinder und Jugendlicher sei aber offenbar kein Geld da.
Die Elternvertreterinnen und -vertreter wollten den Politikern im Bildungsausschuss unter anderem einen Forderungskatalog übergeben. Darin geht es um undichte Dächer, veraltete Fenster und marode Toiletten - kurz: um den Sanierungsbedarf an Frankfurter Schulen.
2,5 Milliarden Euro müssten investiert werden
Allein 170 allgemeinbildende Schulen zählt die Stadt Frankfurt. Hinzu kommen berufliche Schulen. Ein Großteil davon ist den 1950er bis 1970er Jahren gebaut und mehr schlecht als recht in Schuss gehalten worden. Investitionsstau ist ein Stichwort, das mittlerweile selbst schon Jahrzehnte durch die Frankfurter Kommunalpolitik wabert.
Ein Problem dabei: Ein exakte Bezifferung der notwendigen Investitionen fällt schwer. Das Land Hessen erhebt diesbezüglich keine Zahlen, weil der Bau von Schulen und ihre Unterhaltung Aufgabe der Kommunen ist.
Laut einer Erhebung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beläuft sich der Sanierungsstau an hessischen Schulen insgesamt auf rund fünf Milliarden Euro - wovon allein die Hälfte auf Frankfurt entfällt.
Mittel werden größtenteils nicht ausgegeben
Den Betrag von 2,5 Milliarden Euro hat inzwischen auch das Bildungsdezernat der Stadt bestätigt. Die Summe entfällt auf teils schon seit Jahren anstehende Sanierungen und notwendige Schulneubauten. Denn die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Frankfurt wächst beständig. Von 2013 bis 2023 stieg sie von 87.000 auf 96.000.
Die Stadt hat auf den Investitionssstau mit der Einrichtung einer Stabsstelle Schulneubau und mit einer Schulbauoffensive reagiert. Vorgesehen ist unter anderem die Gründung einer Bildungsbaugesellschaft, die Neubauten und größere Sanierungsarbeiten übernehmen und mit anderen städtischen Gesellschaft koordinieren soll.
Richtig vom Fleck kommen die bislang geplanten Maßnahmen noch nicht. Tatsächlich gibt das Stadtschuldezernat einen großen Teil der ihm zugewiesenen Investitionsmittel derzeit gar nicht aus. 2023 wurden rund 436 Millionen Euro bereitgestellt.
Ausgegeben wurden aber laut Hochrechnung nur knapp 137 Millionen Euro - weniger als ein Drittel. Einer der Gründe: Auf dem umkämpften Frankfurter Immobilienmarkt sind geeignete Grundstücke für Schulneubauten Mangelware.
Kreativer Protest vor dem Römer
Die Leidtragenden dieser jahrzehntelangem Verschieberei sind Lehrkräfte, Schulkinder und Eltern. Am Montagnachmittag wollten sie ihrem Unmut Luft machen. Auch kreativ wollten sie auf die "prekäre Situation" der Frankfurter Schulen aufmerksam machen, unter anderen mit Sketchen, Liedern und Gedichtsvorträgen, die sich an die Stadtverordneten im Römer richten sollten.