Trasse für A49-Weiterbau frei Rodungen im Dannenröder Forst beendet

Das letzte Baumhaus ist beseitigt, der letzte Baum gefällt: Die von massiven Protesten begleiteten Rodungsarbeiten im Dannenröder Forst sind abgeschlossen. Kampflos wollen sich die Ausbaugegner der A49 dennoch nicht geschlagen geben.

letzte Baumhäuser im Dannenröder Forst
Die letzten Baumhäuser im Dannenröder Forst. Bild © Jochen Schmidt (hr)
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Letzter Baum im Dannenröder Forst fällt

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Die umstrittenen Räumungen und Rodungen im Dannenröder Forst sind nach einem langen Großeinsatz von Polizei und Waldarbeitern weitgehend abgeschlossen. Am Dienstag (08.12.20) wurden die Überreste des letzten Protestcamps beseitigt. Wenig später wurde der letzte Baum in der 2,8 Kilometer langen Schneise gefällt. Nun sind nur noch Restarbeiten zu erledigen.

Die Polizei konnte somit am 29. Einsatztag im Dannenröder Forst bereits Vollzug melden - schneller als von vielen Beobachtern im Vorfeld eingeschätzt. Die Fällsaison geht noch bis Ende Februar.

Letzter Waldbesetzer mit Betonklotz in Baumhaus

"Die letzte Person ist durch unsere Einsatzkräfte sicher aus der Höhe zurück auf den Boden gebracht worden", meldeten die Einsatzkräfte am Dienstagmittag via Twitter. Doch auch dieser Waldbesetzer machte es den Beamten noch mal schwer. Er hatte sich mit einem Betonklotz in dem Baumhaus fixiert und musste von der Polizei unter Protest befreit werden.

Insgesamt 13 Personen seien am Dienstag in Gewahrsam genommen sowie 4 Ermittlungs- und 24 Ordnungswidrigkeiten-Verfahren eingeleitet worden.

Komplett abgeschlossen sind die Einsatzmaßnahmen der Polizei dennoch nicht. Die Beamten werden den Angaben zufolge weiter in dem Waldstück bei Homberg (Ohm) im Vogelsberg bleiben, um die Bauarbeiten zu schützen.

Projektbetreiber rechnet mit weiteren Störungen

Der Projekt-Betreiber Deges teilte mit: "Aufgrund zahlreicher Aufrufe im Internet ist auch nach dem Ende der Fällungen mit Protesten und Störaktionen zu rechnen. Daher müssen die im Trassenbereich stattfindenden Arbeiten weiterhin geschützt werden, ebenso die notwendigen Gerätschaften." Die Umzäunung der Schneise sowie das Logistikzentrum für die Polizei und das Maschinendepot der Deges bleiben bis auf Weiteres zur Sicherstellung der weiteren forstwirtschaftlichen Arbeiten bestehen, wie die Firma erläuterte.

Demonstranten hatten zuletzt wiederholt weiteren Widerstand gegen den Weiterbau der A49 angekündigt. Am Mittwoch werden Teile der Waldbesetzer-Szene ihre Pläne darlegen. Auch die Polizei will bei einer Pressekonferenz Bilanz ziehen zum bisherigen Einsatz, der viele Millionen Euro gekostet haben dürfte.

Polizei will Waldbesetzer haftbar machen für Einsätze

Offizielle Angaben zu den Kosten wurden auf Anfrage noch nicht gemacht. Die Polizei will prüfen, inwiefern Ausbau-Gegner für provozierte Einsätze, wie Bergungen von Bäumen und Abseil-Aktionen an Autobahnen, haftbar gemacht werden können.

Die Gegner des Ausbaus hielten das Waldstück aus Protest für eine klimafreundliche Verkehrswende seit über einem Jahr besetzt und sorgten damit bundesweit für Aufsehen. Befürworter erhoffen sich dagegen durch den Lückenschluss der A49 weniger Verkehrsbelastung in den Dörfern der Region und eine schnellere Anbindung. Die Autobahn soll Kassel und Gießen miteinander verbinden.

Protestcamps, Baumhäuser und Barrikaden

Der Großeinsatz der Polizei und die Rodungen für die Autobahntrasse begannen am 10. November im Dannenröder Forst. Zuvor bereits waren im Herrenwald bei Stadtallendorf (Marburg-Biedenkopf) sowie im Maulbacher Wald bei Homberg Bäume gefällt worden. Insgesamt geht es nach Angaben der Projektgesellschaft Deges um eine Rodungsfläche von rund 85 Hektar, 27 davon im besonders umkämpften Dannenröder Forst.

Nach und nach arbeiteten sich die Einsatzkräfte von der Nord- und Südseite in den Wald vor und räumten ein Camp nach dem anderen. Von rund einem Dutzend Protestcamps mit zahlreichen Baumhäusern und Hunderte von Barrikaden war zu Beginn des Einsatzes die Rede. Begleitet wurden die Polizisten stetig von Waldarbeitern mit Baumerntemaschinen - und von stetigen Protesten.

Gewaltvorwürfe auf beiden Seiten

Viele der Waldbesetzer demonstrierten friedlich und passiv, indem sie auf Bäume kletterten oder in den Sitzstreik traten. Doch die Polizei berichtete auch von massiver Gewalt. Einsatzkräfte seien teils mit Stahlkugeln aus Zwillen beschossen, mit Steinen, Flaschen und Fäkalien beworfen oder mit Pyrotechnik angegriffen worden, so die Polizei. Ein Polizeisprecher sprach von rund 60 verletzten Beamte während des Einsatzes. Dazu gezählt wird aber auch, wenn etwa ein Polizist im Wald umknickt.

Auf der anderen Seite berichteten die Demonstranten immer wieder, dass die Einsatzkräfte hart und unverhältnismäßig heftig vorgegangen seien. Schlagstöcke, Pfefferspray und Wasserwerfer kamen hier zum Einsatz. Die Kirchen riefen während der sich zuspitzenden Auseinandersetzungen immer wieder zu Mäßigung und Gewaltverzicht auf.

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Justiz ermittelt

Die gewalttätigen Konflikte zwischen Demonstranten und Polizei beschäftigen auch die Justiz. Es laufen Ermittlungen gegen Waldbesetzer und einen Polizisten. Mehrfach stürzten Aktivisten von Bäumen, Gebilden und Plattformen. Die Waldbesetzer warfen der Polizei vor, durch rigoroses Vorgehen bei den Räumungen Menschenleben gefährdet zu haben. Die Polizei hingegen versicherte stets, dass Sicherheit vor Schnelligkeit gehe beim Einsatz.

Dennoch stürzte Mitte November eine Frau aus großer Höhe auf den Waldboden, verletzte sich schwer und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Verantwortlich dafür soll laut der Staatsanwaltschaft Gießen ein Polizist gewesen sein. Er habe ein Seil durchtrennt, das mit dem Gestell verbunden gewesen sei. Die Verbindung soll für den Beamten aber nicht erkennbar gewesen sein. Gegen ihn wird wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Körperverletzung im Amt ermittelt.

Fahndung nach Baumgestell-Einsturz

Einige Tage später wurde ein Baumstamm-Gestell in Richtung von Polizisten zum Einsturz gebracht. Nach dem Tatverdächtigen wird gefahndet. Mehrere Zeugen hatten laut Staatsanwaltschaft beobachtet, dass ein Halteseil des Gestells von einem unbekannten Mann vor dem Umstürzen durchtrennt wurde. Es wird unter anderem wegen versuchten Totschlags ermittelt.

Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir wurde mehrfach von Seiten der Ausbaugegner aufgefordert, die Rodungen zu stoppen. Der Grünen-Politiker verteidigte seine bisherige Linie zum Ausbau, wonach er den Weiterbau der A49 zwar für falsch halte, ihn aber nicht stoppen könne. Das Projekt sei demokratisch beschlossen und höchstrichterlich bestätigt worden - vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Al-Wazir betonte, er müsse sich an die Rechtslage halten, alles andere wäre Willkür: "Ich bin nicht Donald Trump, ich halte mich an Gesetze und akzeptiere Gerichtsentscheidungen."

Quelle: hessenschau.de / Jörn Perske, dpa/lhe

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