Schädling in Mittel- und Südhessen Wie der Eichenprachtkäfer Bäume von innen zerstört

Dem berüchtigten Borkenkäfer fallen bereits massenweise Fichten zum Opfer. Nun breitet sich in Hessens Wäldern noch ein weiterer Schädling aus, der mächtige Laubbäume befällt: der Eichenprachtkäfer.

Käfer
Der Eichenprachtkäfer ist schon lange in Europa heimisch, breitet sich aber derzeit vermehrt aus Bild © Siga, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
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Massiv, robust, langlebig: Die Eiche gilt als besonders widerstandsfähig und auch in Zeiten des Klimawandels als Hoffnungsträgerin bei der Wiederaufforstung des Waldes. Hitze und Dürre können ihr deutlich weniger anhaben als etwa den Fichten, die derzeit mancherorts hektarweise absterben, vor allem durch den Borkenkäfer, der sich immer mehr ausbreitet.

Doch in letzter Zeit frisst sich noch ein anderer Schädling durch hessische Wälder, der mächtige Laubbäume und sogar ganze Bestände bedroht: der Eichenprachtkäfer.

Wetzlar: Schäden auf hunderten Hektar

Zugeschlagen hat er zum Beispiel in Wetzlar (Lahn-Dill): Hier gibt es besonders weitläufige Eichenbestände. Forstamtsleiter Stefan Ambraß berichtet: Die ersten betroffenen Bäume habe man Anfang des Jahres entdeckt, inzwischen stehe das Forstamt vor einem nie dagewesenen Ausmaß des Befalls.

Mann im Wald
Stefan Ambraß leitet das Forstamt Wetzlar Bild © Marc Klug

Ambraß geht von "erheblichen Schäden" auf mehreren hundert Hektar aus. "Das Problem ist: Anders als beim Borkenkäfer sieht man den Befall erst, wenn es zu spät ist." Jetzt droht stellenweise Kahlschlag. Zuerst darüber berichtete hatte die Wetzlarer Neue Zeitung.

Käfer legt Larven in Eichenrinde

Der Zweifleckige Eichenprachtkäfer ist nur rund einen Zentimeter groß. Der metallisch grün-blau schimmernde Käfer hat kleine weiße Punkte. Seine Larven legt er in die Rinde am Stamm von Eichen. Nach 10 bis 14 Tagen schlüpfen die Larven und fressen sich unter der Rinde satt.

Weil sie das gerne schräg zur Maserung tun, hinterlassen sie dabei oft eine Art Zickzackform, die von außen aber zunächst kaum zu erkennen ist.

Gesunde Bäume können die Schädlinge abwehren. Bäume, die bereits geschwächt sind oder an einer ungünstigen Stelle stehen, haben es dabei schwerer. Und sobald ein stärkerer Befall da ist, ist klar: Dieser Baum wird auf lange Sicht absterben. Denn unter der Rinde zerstören die Käfer die Nährstoffleitbahnen des Baums. Oft ziehen dann noch weitere Schädlinge ein.

Forschungsbehörde: Teils dramatische Ausmaße

Auch aus anderen Teilen Hessens gibt es inzwischen Berichte über zum Teil starke Probleme mit dem Zweifleckigen Eichenprachtkäfer, etwa aus dem Rhein-Main-Gebiet.

Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, eine Forschungsbehörde mit Sitz in Niedersachsen, spricht in einem aktuellen Waldschutzbericht von teils dramatischen Ausmaßen, besonders im mittleren und südlichen Hessen sowie im südlichen Sachsen-Anhalt.

"Schon jetzt übertreffen Schadensausmaß und Schaddynamik mancherorts alle bisher bekannten Schadverläufe in Eiche", heißt es.

Hessenforst ermittelt derzeit Ausmaße des Schadens

Neu ist der Käfer hierzulande nicht: "Es gibt ihn schon immer", erklärt Michelle Sundermann vom Landesbetrieb Hessenforst. "Aber offenbar beginnt er derzeit, sich mehr auszubreiten, weil er mehr geschwächte Bäume findet."

Das sei ähnlich wie beim Borkenkäfer eine Langzeitauswirkung der Dürrejahre ab 2018. "Bei den Eichen zeigt sich erst mit einigen Jahren Verspätung, dass die davon geschwächt sind." Auch der verhältnismäßig nasse Sommer habe daran leider nichts ändern können.

11.07.2019, Rheinland-Pfalz, Koblenz: Die Luftaufnahme mit einer Drohne zeigt geschädigte Fichten im rechtsrheinischen Stadtwald von Koblenz. Dürre, Hitze und Schädlinge bringen nicht nur Nadel-, sondern zunehmend auch Laubbäumenden Tod.
So schlimm wie der Borkenkäfer wird der Eichenprachtkäfer den Wald vermutlich nicht treffen Bild © picture-alliance/dpa

Noch kann Hessenforst nicht genau sagen, wie groß die Schäden bereits sind oder noch sein werden. Man sei derzeit dabei, das genaue Ausmaß zu ermitteln, so Sundermann.

Hessenforst geht aber davon aus: Ganz so schlimm wie beim Borkenkäfer wird es wohl nicht werden, schon allein, weil es deutlich weniger Eichen gibt als Fichten. Sie machen im Staatswald rund fünf Prozent des Bestandes aus.

Forstamt Wetzlar setzt jetzt Drohne ein

Die Befälle sind nur schwer zu erkennen. Oft fangen die Käfer weit oben in den Kronen an. Ein Zeichen für den Käferbefall ist zudem, dass gelbes Laub oft länger an den Ästen bleibt als sonst. Den Eichen fehlt dann einfach die Kraft, um die Blätter abzuwerfen.

Im Forstamt Wetzlar kommt deshalb inzwischen eine Drohe zum Einsatz. Die Forstamtsmitarbeiter wollen rund 1.500 Hektar Wald abfliegen und sich die Eichen von oben anschauen.

Einzig wirksame Maßnahme: Bäume fällen

Denn: Wenn man sie nicht daran hindert, sind Eichenprachtkäfer zu exponentieller Ausbreitung fähig. Derzeit entwickeln sich in den Bäumen die Larven. Im Mai kommenden Jahres könnten dann zahlreiche weitere Käfer schlüpfen.

Ein wirksames, naturverträgliches Gegenmittel gibt es derzeit nicht. Forstämter können nur eins tun: befallene Eichen fällen, um die weitere Verbreitung zu verhindern.

Weitere Informationen

Sendung: hr4, die Hessenschau für Mittelhessen, 27.09.2023, 14.30 Uhr

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Quelle: Rebekka Dieckmann, Marc Klug, Benjamin Müller, hessenschau.de