Millionenzahlungen Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Frankfurter AWO

Wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Verantwortliche der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt. Es geht um Gelder, die die Stadt für den Betrieb von zwei Flüchtlingsheimen der AWO gezahlt hat.

Eingang AWO Kreisverband Frankfurt beim Guiseppe-Bruno-Haus
Der Kreisverband will die Vorwürfe zurückweisen. Bild © Daniel Engstler
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Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Frankfurter AWO

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Wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt dem hr bestätigte, hat sie ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche des AWO-Kreisverbands Frankfurt e.V. eingeleitet. Namen wurden nicht genannt, bislang war die Rede von Vorermittlungen.

Die Ermittlungen gegen den Kreisverband stehen im Zusammenhang mit Millionenzahlungen für den Betrieb zweier Flüchtlingsunterkünfte. Den Stein ins Rollen gebracht hatten Recherchen der Frankfurter Neuen Presse.

Verwaltungsmitarbeiter sollen aussagen

Eine Sprecherin der Frankfurter Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) erklärte auf Anfrage, dass die Stadt eng mit der Staatsanwaltschaft kooperiere. Mitarbeitern der Verwaltung seien bereits Aussagegenehmigungen erteilt worden. "Im Zuge der Vertragsbeendung hat sich die Stadt mit der AWO über noch strittige Kostenpunkte verglichen. Wir haben bisher keine Anhaltspunkte, dass der Stadt ein finanzieller Schaden entstanden ist. Wir warten die Prüfung der strafrechtlichen Relevanz durch die Staatsanwaltschaft ab und werden dann gegebenenfalls um Akteneinsicht bitten. Wenn sich daraus Anhaltspunkte ergeben, dass der Stadt doch ein Schaden entstanden ist, werden wir juristische Schritte prüfen", hieß es weiter.

Die AWO Frankfurt erklärte zu den Ermittlungen auf hr-Anfrage: "Unsere Anwälte werden hierzu kurzfristig eine detaillierte Stellungnahme einreichen, in der die Vorwürfe vollständig zurückgewiesen werden." Diese Stellungnahme werde an die zuständige Staatsanwaltschaft gehen. "Wir vertrauen auf die Objektivität und Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft, mit der vollumfänglich kooperiert wird", so  Vorstandsmitglied Panagiotis Triantafillidis. Die Opposition im Stadtparlament forderte, keine neuen Verträge mit der AWO einzugehen, bis die Vorwürfe geklärt sind.

Sieben Millionen Euro für AWO-Wachdienst

Die Staatsanwaltschaft will sich im derzeitigen Stadium des Verfahrens nicht in die Karten schauen lassen. Bei den Ermittlungen geht es um zwei Flüchtlingsunterkünfte, die die AWO von 2016 bis zur Auflösung des Vertrags durch die Stadt 2018 betrieb. Das eine am Rande der Innenstadt hatte 380 Plätze, das andere im Stadtteil Niederrad bot 211 Plätze.

Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen Rechnungen für die Sicherheit der beiden Einrichtungen. So hatte die AWO eigens ein Tochterunternehmen, die AWO Protect, gegründet. Das hatte für die Bewachung der beiden Unterkünfte in rund zwei Jahren mehr als sieben Millionen Euro von der Stadt verlangt.

Unkontrollierter Geldfluss

Darüber hinaus wurden nach Angaben der Stadt etwa 200.000 Euro für physiotherapeutische Maßnahmen für Flüchtlinge gezahlt. Allerdings bestehen Zweifel, ob diese Leistungen im entsprechenden Umfang erbracht wurden. Die AfD-Opposition im Stadtparlament hatte einen Akteneinsichtsausschuss gefordert, der auch eingerichtet wurde.

Er soll klären, warum das Geld zunächst ohne weitergehende Kontrollen durch die Sozialbehörden an die AWO floss. Da Akten aus Sicht der Opposition lückenhaft vorgelegt wurden, wurde die Frist zur Einsicht inzwischen verlängert.

Der FDP-Stadtverordnete Yanki Pürsün hat Verständnis dafür, dass während der Hochphase des Flüchtlingszuzugs schnell Unterkünfte bereit gestellt werden mussten. Bis zum Abschluss der nun offiziell eingeleiteten Ermittlungen soll die Stadt sich jedoch bei der Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen Wohlfahrtsverband auf das Nötigste beschränken. "Angesichts des bislang nicht erkennbaren Willens der AWO-Verantwortlichen, bei der Aufklärung mitzuarbeiten, empfehlen wir, die größtmögliche Distanz zu wahren", so Pürsün, der für die FDP auch im Landtag sitzt.

Der Stadtverordnete Patrick Schenk von der Gruppierung BFF forderte die Stadt ebenfalls auf, bis zur Klärung Distanz zu wahren. Aus den "fragwürdig hohen Rechnungen" der AWO könne als Lehre nur die Forderung gezogen werden, "endlich ein Controlling einzuführen, das den Namen auch verdient", so Schenk.

Verdeckte Zahlungen an Vorstandsvorsitzende

Die AWO ist nicht alleine wegen der Finanzierung der Flüchtlingsheime in die Schlagzeilen geraten. Für reichlich Gesprächsstoff sorgt ein undurchsichtiges Geflecht der AWO-Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden, über das die FNP im August ausführlich berichtet hatte. Zahlungen an Vorstandsvorsitzende, Doppelfunktionen und fragwürdige Geschäfte zulasten der Steuerzahler stehen dabei im Mittelpunkt.

Der Frankfurter Magistrat hat für den 23. November aus Anlass des hundertjährigen Bestehens der AWO zu einem Festakt ins Rathaus eingeladen. "Wir als FDP-Fraktion haben beschlossen, dass wir uns kein Bein ausreißen, um bei dem Festakt dabei zu sein“, sagte Pürsün. Das dürfe man als Distanzierung werten.

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau kompakt, 14.11.2019, 16.45 Uhr

Quelle: hessenschau.de/end