13 Millionen Euro jährlich Stadt Frankfurt verteidigt Millionenmiete für Schulen an "Neuer Börse"
Die Stadt Frankfurt mietet die "Neue Börse" für zwei Gymnasien. Kosten: rund 13 Millionen Euro jährlich. Scharfe Kritik gibt es vom Prüfungsamt. Die Gebäude seien überteuert, verbrauchten zu viel Energie und seien für Schulzwecke ungeeignet.
Frankfurt setzt auf einen ungewöhnlichen Unterrichtsstandort und mietet die "Neue Börse" im Stadtteil Hausen, um zwei neue Gymnasien zu gründen. Die Stadt zahlt für die Miete des 2001 als Börsenhauptsitz gebauten Komplexes fast 13,2 Millionen Euro jährlich bei einer Laufzeit von 30 Jahren. Der Umbau zur Schule soll nach den aktuellen Plänen bis 2026 dauern.
Der Mietvertrag mit der Cells Group wurde am 13. November abgeschlossen, wie der Sprecher des Bildungsdezernats, Thomas Hauf, dem hr mitteilte. Die Stadt habe zudem eine Kaufoption. In der Stadtverordnetenversammlung stimmte die Abgeordneten-Mehrheit von Grünen, SPD, FDP und Volt für die Anmietung, die CDU dagegen.
Unterricht beginnt im Sommer 2024
Trotz der geplanten Umbauarbeiten soll der Schulbetrieb bereits im kommenden Sommer starten – vorerst in Containern auf dem Gelände. "Somit kann die unvermindert hohe Nachfrage nach Gymnasialplätzen für das kommende Schuljahr gedeckt werden", sagte Hauf.
Die acht Häuser des "Lateral Towers" haben eine Fläche von 46.000 Quadratmetern und demnach Platz für insgesamt 3.200 Schülerinnen und Schüler. Bis 2010 war dort die Deutsche Börse AG untergebracht, seit 2013 die Commerzbank, deren Vertrag nun laut Vermieter Cell in beidseitigem Einverständnis aufgelöst wurde.
Scharfe Kritik vom Prüfungsamt
Die Entscheidung der Stadt stößt auf scharfe Kritik vom Revisionsamt. Bereits im Vorfeld warnte die Prüfbehörde in einer Stellungnahme, die der F.A.Z. vorliegt, vor den unverhältnismäßig hohen Mietkosten und zweifelte an der Eignung der "Neuen Börse" für schulische Zwecke.
Der Mietzins beläuft sich nach Angaben des Revisionsamts auf 22,50 Euro pro Quadratmeter, was 3,50 Euro über der höchsten für dieses Gebiet aufgeführten Büroflächenmiete liege, die im Gewerbemarktbericht der Industrie- und Handelskammer aufgeführt ist. Die Lagerflächen in den Lateral Towers seien sogar doppelt so teuer wie der übliche Satz.
Hohe Betriebskosten und Energieverbrauch
Das Revisionsamt bemängelt zudem die "unverhältnismäßig hohen Betriebskosten" und den enormen Energieverbrauch des vollständig verglasten Gebäudes, der den städtischen Standards und Klimaschutzzielen widerspreche.
Eine langfristige Mietnutzung wäre nur durch umfassende Maßnahmen wie Dämmung, Installation von Solarpaneelen sowie Sanierung von Heizungs- und Lüftungssystemen vertretbar.
"Verwaltungsgebäude sind nur mit hohem finanziellen Aufwand für schulische Zwecke umzubauen und zudem mit hohen Folgekosten verbunden", sagt der Leiter des Revisionsamtes, Hans-Dieter Wieden, dem hr. Ein weiteres Problem liege in der fehlenden Sporthalle oder einem Sportplatz auf dem Gelände. Die nahegelegenen Sportstätten seien bereits belegt oder zu teuer.
Bildungsdezernat: Umbauarbeiten rechtfertigen hohe Kosten
Die Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) verteidigt die Entscheidung und argumentiert, dass der Vermieter vor Beginn des Unterrichts umfassende Umbauarbeiten durchführen müsse. Das rechtfertige einen höheren Mietzins. "Wir mieten eine nach unseren Vorstellungen umgebaute Schule und keine Büros, die wir selbst umbauen müssen", sagte der Sprecher des Dezernats, Hauf, dem hr.
Frankfurt brauche in den kommenden Jahren mehr als 20 neue Schulen. "Wir ringen mit geringen Kapazitäten und es geht auch um den Faktor Zeit. Deshalb kriegen wir für das viele Geld auch viel geboten. Wir haben andere Standorte überprüft. Das Preis-Leistungsverhältnis ist hier ein Gutes", betonte Hauf.
Die Lateral Towers seien für eine Schulnutzung gut geeignet, die Außenflächen ausreichend groß und die Schule gut angebunden. Eine Sporthalle werde auf dem Gelände gebaut. Ob die Stadt die Kaufoption in den nächsten Jahren ziehe, werde noch diskutiert, sagte Hauf.
Revisionsamt trotz Umbaus skeptisch
Das Revisionsamt bleibt jedoch skeptisch, ob der Komplex selbst nach einem Umbau wirklich für Schulzwecke geeignet wäre. Aus technischer und baulicher Hinsicht handele es sich eben um eine "hochwertige komfortable Büroimmobilie für Nutzer der Finanzbranche".
Die bildungspolitische Sprecherin der CDU, Sara Steinhardt, kritisierte, dass zwei Gymnasien mit jeweils 1.600 Schülern zu einer Schule mit "Sardinenbüchsen-Haltung" führen würden. Der CDU-Fraktionsvorsitzende sagte: "Abgesehen von den horrenden Kosten halten wir auch den Standort für schulische Zwecke für ungeeignet."
Die Fraktionsvorsitzende der SPD, Ursula Busch, bekannte, dass die beschlossene Lösung "nicht ideal" sei. Die Stadt stehe bei der Suche nach Flächen für neue Schulen aber unter massivem Druck. Es gebe keine Alternativen zu den Gebäuden an der "Neuen Börse".
Sendung: hr1, 17.11.2023, 20 Uhr
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