Start des muslimischen Fastenbrechens Ein zuckersüßes Fest nach Zeiten der Entschleunigung
Nach Ende des Fastenmonats Ramadan feiern Muslime von Freitag bis Sonntag das Fest des Fastenbrechens. Für die 26-jährige Studentin Hana Ličina aus Idstein ist es der krönende Abschluss eines heiligen Monats.
Gedeckte Tische voller Baklava, Kinder mit reichlich Süßigkeiten in der Hand und lang ersehnte Familientreffen – so könnte es in vielen Haushalten an diesem Wochenende aussehen.
Für die rund 600.000 muslimischen Menschen in Hessen hat am Freitag eines der wichtigsten Feste des Islam begonnen: Das Fest des Fastenbrechens, auch Bayram oder Eid genannt. Von Freitag bis Sonntag wird damit das Ende des Fastenmonats Ramadan gefeiert.
Darauf freuen sich die Studentin Hana Ličina und ihr Verlobter Ernad Deni Čomaga aus Idstein (Rheingau-Taunus) sehr. In den vergangenen vier Wochen hat die deutsch-bosniakische Familie im Zuge des Ramadan gefastet, zwischen Sonnenaufgang und -untergang also weder Lebensmittel, noch Getränke, Alkohol oder Zigaretten konsumiert.
Abschluss einer "spirituellen Zeit"
Mit dem Fest geht für Hana Ličina nun ein besonderer Monat zu Ende. "Der Ramadan ist eine Zeit, auf die man sich das ganze Jahr freut. Es ist verbunden mit Entschleunigung. Es ist eine sehr spirituelle Zeit, in der man durch das Fasten mehr zu sich findet", sagt sie. Man spüre das eigene Körpergefühl dadurch viel mehr. "Man kommt seiner Religion näher", erklärt die 26-Jährige, die in Gießen Journalismus studiert.
Am Bayram feiere man drei Tage lang den krönenden Abschluss dieses heiligen Monats. "Wir ziehen uns schick an und gehen in der Moschee beten. Wir laden Freunde ein auf Kaffee und Kuchen", sagt die Studentin. Besonders freue sie sich auf die Familienzeit mit ihrem Verlobten und der zweijährigen Tochter Lejna.
Bayram hat eine "eigene Atmosphäre"
Traditionell wird besonders der erste Tag des Festes mit der engsten Familie gefeiert. Hana Ličina und Ernad Deni Čomaga, deren Familien in Bayern, Bosnien und Montenegro leben, nehmen sich Zeit, um am Telefon mit ihren Verwandten zu sprechen.
In der Balkan-Heimat liefen die Feiertage anders als in Deutschland, erzählt das Paar. "In Sarajevo, wo ich groß geworden bin, sind dann alle auf einer Wellenlänge", erklärt Hanas Verlobter. "Genau wie Weihnachten haben auch Ramadan und Bayram eine eigene Atmosphäre. Die gibt es hier so im öffentlichen Leben nicht", sagt der 36-jährige Jurist.
In Deutschland ist das Ramadanfest besonders unter dem Namen Zuckerfest bekannt, eine Übersetzung des türkischen "Şeker Bayramı". Der Name ist der Sache selbst geschuldet: Traditionell lädt man zum Bayram zu Kaffee und Süßigkeiten ein, besonders Kinder werden mit Zucker-Leckereien beschenkt. "Man hat sehr viel Süßes zuhause, damit man seine Gäste gut bedienen kann", sagt Ličina.
Stressige Zeiten für Bäckereien
Vorbereitet wird das Ganze nicht nur zuhause, sondern auch an anderer Stelle: Zum Beispiel in der türkischen Bäckerei Boz Urfa Gözleme und Baklava in Offenbach. Schließlich muss all der Süßkram auch hergestellt werden.
"Vor dem Bayram ist unheimlich viel los", erklärt Mitarbeiterin Nilcan Yeşil. Besonders das Blätterteiggebäck Baklava wird viel verkauft. Zu ihren Kundinnen und Kunden zählen vor allem jüngere Menschen, die die Süßspeisen nicht mehr traditionell selbst zubereiten, sagt sie. Viele Familien machten schon mehrere Tage vor dem Bayram Vorbestellungen.
Neugierde ist willkommen
Hana Ličina und Ernad Deni Čomaga wünschen sich von ihren nicht-muslimischen Mitmenschen vor allem Offenheit. Sie freuen sich über Feiertagsgrüße von Freundinnen und Freunden, die keinen Bezug zur Religion haben. Ein einfaches "Alles Gute zum Fastenbrechen" reiche dabei aus. Schließlich würden auch viele Muslime Christen zu Ostern oder Weihnachten gratulieren.
Auch Gäste seien herzlich willkommen, erklärt die Familie. Man solle sich ruhig trauen, muslimische Freunde oder Bekannte zu fragen, ob man bei den Feierlichkeiten dabei sein darf. "Einfach mal am Fastenbrechen oder am Bayram teilhaben. Es ist schön, wenn man anderen zeigen kann, wie wir das machen. Das ist unser Weihnachten", sagen die beiden.
Sendung: hr1, 21.04.2023, 12:45 Uhr
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